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Thema des Monats

Krankenhausbau: einfach schön…

Einfach schön

Die neue Reha-Klinik des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb)

Diese Treppe! Wo führt sie hin, in ein Theaterfoyer? Würde eine schöne Dame im eleganten Ballkleid als Braut die Treppe herabschweben, wäre das ein angemessenes Szenario für dieses Meisterwerk. Die Wendeltreppe in hellem Stein führt ins Souterrain der neuen Rehaklinik des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb) mit seinen Therapieräumen. Sie erfüllt sogar das Kellergeschoss mit Licht und Weite.

Die Architekten auf ihrem Treffen im Rahmen des 45. Deutschen Krankenhaustages 2022 in Düsseldorf lobten den Klinikbau enthusiastisch. Die neue Klinik in Berlin Marzahn wurde im Rahmen des akg-Preises mit einer Anerkennung ausgezeichnet. Schön bauen – das war das Credo des ukb-Neubaus. Beim Krankenhausbau heißt es meistens, zweckmäßig muss es sein, und vor allem: Den Kosten sind enge Grenzen gesetzt. Beim Neubau der Rehaklinik waren die Grenzen nicht ganz so eng gesteckt.

Bei der Realisierung der Rehaklinik an der Warener Straße wurde auf Ästhetik und auf das Konzept „Healing Achitecture“ gesetzt. Mit Erfolg. Es ist kaum möglich, sich der edlen und schönen Gestaltung zu entziehen. Betritt man das lichte Atrium an einem deprimierend grauen Wintertag und lässt den Blick über die wunderschöne Freitreppe und die langen, hellen Gänge gleiten, fühlt man sich gleich besser. Healing Architecture, auch für Besucher. 

Das Schöne und das Zweckmäßige bedingen und ergänzen sich. Der Raumbedarf ist bei der Rehabilitation noch größer als im Akutkrankenhaus: Die Patienten sind oft deutlich eingeschränkt in ihrer Mobilität. So sind die Flure, Durchgänge, Patientenzimmer und -bäder noch großzügiger und geräumiger als auch in den meisten Akutkliniken. Der Bau entspricht der UN-Behindertenrechtskonvention. Alle Patientenbäder, alle Türen und alle Räume im Patientenbereich wurden entsprechend geplant.

Die lichtdurchflutete Cafeteria, die Flure, die Sitzgelegenheiten: Nirgends wird der Blick gehemmt, nichts, was den Patienten, Ärzten, Therapeuten oder Pflegenden im Wege sein könnte. Die klare Formensprache im geradlinigen Baukörper soll die Stabilisierung der Patienten unterstützen und die einfache Orientierung im Gebäude ermöglichen.

Durch die großzügigen Fenster, von den Loggien der Patientenzimmer blickt man auf das Gartenbaudenkmal, auf dem der Klinikkomplex steht oder in das grüne Wuhletal. Selbst die Treppenhäuser sind hell und schön. Von den Beleuchtungselementen bis zur Verkleidung der Versorgungsleitungen – jedes Detail ist stimmig. Bei allem Understatement der Gestaltung sieht und spürt auch ein Laie die Wertigkeit der verwendeten Materialien. Ob man sich als Patient je wieder an eine enge Stadtwohnung gewöhnt, nachdem man womöglich Wochen und Monate hier verbracht hat?

Auch das ist in der Rehabilitation anders. In der Akutklinik ist jeder Tag, den Patienten länger als vorgesehen im Krankenhaus bleiben, ein finanzielles Risiko für die Klinik. In der Reha, insbesondere als Patient der Gesetzlichen Unfallversicherung, bleibt der Patient, bis er wieder hergestellt ist. Ziel der Behandlung ist, den Patienten gesund und arbeitsfähig zu machen und wieder einzugliedern in die Arbeitswelt. Man kann die Unfallkassen und Berufsgenossenschaften nicht genug preisen als Träger des Unfallversicherungsschutzes im beruflichen Kontext. Als Träger der Rehabilitationsklinik des ukb haben sie den Klinik-Neubau finanziert.

Auch die Finanzierung des Neubaus gestaltete sich großzügiger und wohl auch einfacher als bei Krankenhäusern, die von der Investitionsfinanzierung des Bundeslandes abhängig sind oder sich die Mittel für Investitionen von den Betriebskosten absparen müssen oder auf Kredite angewiesen sind.

70 Mio. € haben Bau und Einrichtung des Gebäudes gekostet. Die Finanzierung übernahm zu einem großen Teil der Gemeinschaftsfonds der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Aber die Rehabilitationsklinik steht auch Patienten anderer Krankenversicherungen zur Verfügung. 

Bereits 2013 stimmte die DGUV zu, dass das ukb einen Förderantrag an den Gemeinschaftsfonds stellen darf. Denn jede bauliche Investition im BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin muss durch die DGUV und deren Sachverständige in einem mehrstufigen Förderverfahren geprüft und genehmigt werden. 2015 gewann das Architekturbüro Nickl & Partner, Experten des Konzeptes der „Heilenden Architektur“, den Architekturwettbewerb und begann mit den Planungsarbeiten.

Auf einer Gesamtfläche von rund 17 000 Quadratmetern entstand in dreijähriger Bauzeit die neue Klinik für Integrative Rehabilitation, eine neue Klinik für Beatmungsentwöhnung, eine erweiterte Neurologische (Früh)-Rehabilitation und ein vergrößerter Bereich für Sportmedizin. Das Haus verfügt über 151 Betten, verteilt auf fünf Stationen. 150 zusätzliche Arbeitsplätze wurden dadurch geschaffen. 2021 wurde die neue Klinik eröffnet – mitten in der Corona-Krise.

Hier werden Profisportler für Alba Berlin vor Vertragsunterzeichnung sportmedizinisch durchgecheckt, bei Verletzungen behandelt. Für Patienten stehen Therapieflächen für Ganganalyse und Gehschule, Physio- und Ergotherapie, Logopädie und Entspannungstherapie zur Verfügung. In einem der drei Innenhöfe gibt es ein Kneipp-Becken.

Mit Hilfe von VR-Brillen, mit denen die Patienten virtuell Äpfel pflücken, und „Playstations“ erlernen Patienten koordinierte Bewegungen neu oder über die Erfordernisse und Handgriffe ihres Berufes neu. 15 Plätze stehen für Weaning-Patienten zur Verfügung, Patienten, die von künstlichen Beatmungshilfen entwöhnt werden müssen. 30 Betten stehen für die Neurologische Frührehabilitation bereit.  In einem „Haus der Zukunft“ auf dem Klinikgelände werden die Reha-Patienten mit den Anfordernissen einer behindertengerechten Wohnung vertraut gemacht.

Besucher und Patienten machen Fotos vom Atrium und von der traumhaften Treppe, schicken Sie Freunden und Verwandten wie Urlaubsfotos. Ob sie daheim die Bilder anschauen und in Erinnerungen schwelgen wie nach einem Sommer auf Sylt oder Ibiza?

Katrin Rüter