Im Bereich des klinischen Risikomanagements (kRM) ist die Durchführung von Controlling-Maßnahmen nicht trivial, jedoch unverzichtbar, um eine gezielte Umsetzung zu gewährleisten.
„Controlling“, also „Kontrolle“, bzw. „Steuerung“ ist, wie der Name sagt, der Unternehmensbereich der sich mit Planung, Steuerung und Kontrolle beschäftig und ursprünglich primär in betriebswirtschaftlich geprägten Bereichen Transparenz schaffen sollte (Weber, 2008). Es können nur bekannte Prozesse gesteuert werden, nur, wenn der „Ist-Zustand“ eruiert ist, kann der „Soll-Zustand“ erreicht werden mit den entsprechenden Methoden. Es braucht also, so allgemein anerkannt, auch im klinischen Risikomanagement Kennzahlen, an denen man den aktuellen Stand ablesen und Ziele definieren kann. Dass es hier Verbesserungspotentiale gibt, zeigt die KHaSiMiR-Studie des APS (Gambashidze, 2022) über die Implementierung des kRM aus 2021-2022, vorgestellt in 2023: 59 % der befragten Allgemeinkrankenhäuser (alle), gaben an, dass es keine bis nur unsystematisch umgesetzte verbindliche, schriftlich festgelegte operative Ziele für das kRM gibt, und bei 60 % der Befragten der gleichen Gruppe wird das kRM nicht bis nur unsystematisch evaluiert. In Universitätskliniken sind die Zahlen immerhin etwas niedriger (56 % bzw. 39 %). Das wird der Relevanz der kRM nicht gerecht.
Es seien also Kennzahlen und Ziele festzulegen, um messbar zu machen, wie es um das eigene kRM steht. Aber wie sollen Kennzahlen zu etwas festgelegt werden, dessen Aufgabe es per Definition ist „die Sicherheit der Patienten, der an deren Versorgung Beteiligten und der Organisation zu erhöhen“ (Aktionsbündnis Patientensicherheit, 2016)? Das Wesen des kRM ist ein qualitatives, kein quantitatives. Natürlich kann man benchmarken – die externe Qualitätssicherung oder IQM-Ergebnisse, zeigen die eigenen Schwächen und Stärken. Aber nur, weil die Dekubitus-Zahlen und die Todesfälle Sepsis niedrig sind, heißt das nicht, dass die jeweilige Klinik das kRM im Griff hat. Ergebnisindikatoren ziehen Bilanz, damit ist das wie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgegebene kRM (präventiv und prozessual) noch nicht umgesetzt. Diese Zahlen hängen eng mit der Codierung zusammen, die nicht immer vollständig und korrekt sein muss. Es braucht also andere (oder zumindest weitere) Kennzahlen.
Zur Erstellung von Kennzahlen und Zielen ist es wichtig zu wissen wo man steht – vom Ist-Zustand abgesehen spielt der eigene Platz in der Aufbauorganisation eine Rolle. Zentrale und dezentrale „Controlling-Bedürfnisse“ unterscheiden sich, es werden andere Kennzahlen benötigt, um das kRM zu erfassen und zu steuern. Die Fragestellung ist eine andere. Dezentrale Risikobeauftragte müssen klären „Wie funktional ist das kRM in meiner Klinik?“. Zentral geht es um die Frage „Wie funktional ist das kRM der gesamten Klinik? Haben wir alle Strukturvoraussetzungen geschaffen, damit die einzelnen Organisationseinheiten (OE) das kRM umsetzen könnten?“.
An dieser Stelle sei auch gesagt, dass es im kRM immer eine Mischung aus qualitativen (zum Beispiel vorhanden / nicht vorhanden) und quantitativen (also messbaren) Kennzahlen geben wird und muss.
Dezentrale Kennzahlen und Ziele, die den Stand des kRM widerspiegeln, sind recht konkret und können sich an der Qualitätsmanagement-Richtlinie (QM-RL) des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2023) orientieren:
Darüber hinaus kann die Strukturqualität Mängel aufzeigen, auch dazu gibt der G-BA Vorgaben zu sinnvollen Zielen wie etwa:
Des Weiteren geben Kommunikationsstrukturen Hinweise auf die Funktionalität des kRM:
Diese Auswahl an Kennzahlen muss natürlich individuell mit messbaren Zahlen- bzw. Zielwerten belegt bzw. darum erweitert werden.
Zentrales Controlling, das den Stand des kRM in der gesamten Klinik darstellt, ist komplexer. Kennzahlen bilden oft nur einen Teil der Wahrheit ab, da sich der Umsetzungsgrad in den dezentralen OEs oft stark unterscheidet. Die Kennzahl, beispielsweise wie viele neue Risiken im letzten Bewertungszeitraum insgesamt neu aufgenommen, bewertet und abgeschlossen wurden, zeigt lediglich eine Tendenz und ist daher unbedingt OE-individuell auszuwerten. Dazu, welche Kennzahlen zentral sinnvoll sind, gibt wieder die QM-RL Anhaltspunkte:
Kennzahlen zur Strukturqualität spielen ebenfalls eine große Rolle:
Ebenso relevant ist die Weiterentwicklung im kRM, die anhand von Kennzahlen geprüft werden kann:
Auch diese Auswahl an Kennzahlen muss individuell mit messbaren Zahlen- bzw. Zielwerten belegt bzw. darum erweitert werden.
Generell sollten die Ressourcen für das kRM definiert werden, was ebenfalls gemessen werden kann (Welche Ressourcen und Qualifikationen werden benötigt, was haben wir? Wie halten wir das Wissen in der Organisation?).
Definierte Zielkennzahlen sind selbstverständlich regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Jede OE muss die für sich relevanten Kennzahlen heraussuchen und genau (Smart – spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert) definieren.
60% fehlende bis unstrukturierte Zielsetzung bzw. Evaluation des kRM sind zu viel. Das können wir nur ändern, in dem wir uns mit dem Thema auseinandersetzen und unsere Ziele definieren. Diese Kennzahlen können den Anfang machen um dem kRM im Klinikalltag die Relevanz zu geben, die es verdient.
Literaturverzeichnis
Aktionsbündnis Patientensicherheit. (April 2016). Von Aktionsbündnis Patientensicherheit: www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2016/08/HE_Risikomanagement-1.pdf abgerufen
Gambashidze, D. N. (31. Oktober 2022). Aktionsbündnis Patientensicherheit. Von Aktionsbündnis Patientensicherheit: www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2023/01/KHaSiMiR_Abschlussbericht_Teil-I.pdf abgerufen
Gemeinsamer Bundesausschuss. (21. Juli 2023). Von Gemeinsamer Bundesausschuss: www.g-ba.de/downloads/62-492-3200/QM-RL_2023-04-20_iK-2023-07-21.pdf abgerufen
Weber, P. D. (2008). Gabler Wirtschaftslexikon. Von Gabler Wirtschaftslexikon: wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/controlling-30235 abgerufen
Anschrift der Verfasserinnen
Clara Erbes, B.A./ Dr. Elke M. Schreiber, Stabsstelle Qualitäts- und Klinisches Risikomanagement, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg- Universität Mainz, 55131 Mainz