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Politik

Verunsicherung und Wut in den Kliniken


Teilnehmende aus Krankenhäusern aus ganz Deutschland auf der Demo in Berlin. Quelle DKG/Fendt.

Zehntausende Menschen haben am 20. September bundesweit gegen das Krankenhaussterben und die sich daraus ergebenden Engpässe in der Krankenhausversorgung demonstriert. Die Teilnehmer forderten einen Inflationsausgleich und faire Finanzierungsbedingungen, um die wirtschaftliche Notlage der Krankenhäuser zu beenden. Die zentrale Kundgebung mit rund 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern fand in Berlin auf dem Pariser Platz statt. Die Landeskrankenhausgesellschaften haben darüber hinaus weitere Proteste in Frankfurt am Main, Stuttgart, Mainz, Hannover, Saarbrücken und Düsseldorf organisiert.

Angesprochen auf das drohende Kliniksterben sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch am Tag der Demonstration im ZDF-Morgenmagazin, das sei „schade“.

„Respektlos“ nannte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß die Ignoranz gegenüber den Kliniken. „Das ist keine verantwortungsvolle Politik. Wir brauchen keinen eiskalten Strukturwandel. Wir brauchen eine faire Finanzierung. Die Politik darf uns nicht im Regen stehen lassen nach dem Motto: Schaut, wie ihr klarkommt, und wo wir mit dem, was übrigbleibt, eine Reform machen.

Wir brauchen jetzt Unterstützung, um geordnet eine Reform anzugehen und die Versorgung in Deutschland sicherzustellen.“ Die Politik müsse den Kliniken Sicherheit und Vertrauen geben.

Der Protest gegen die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit der Krankenhäuser und die damit verbundene Insolvenz- und Schließungsgefahr richtet sich ausdrücklich nicht gegen die zwischen Bund und Ländern verabredete Krankenhausreform. Die Teilnehmer forderten faire Finanzierungsbedingungen, damit die Kliniken die infolge der Inflation stark gestiegenen Ausgaben tragen können und so die Krankenhausreform überhaupt noch erleben.

Vertrauen in die Politik auf dem Tiefpunkt

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) registrierte seit dem 1. Januar 2023 bis Ende September so viele Insolvenzen wie noch nie zuvor. „Die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist dramatisch, und sie gefährdet die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung. In vielen Krankenhäusern und Regionen ist die Verunsicherung groß. Wir nehmen deshalb wahr, dass auch bei den Beschäftigten in den Krankenhäusern das Vertrauen in die Politik auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen ist. Wenn der Minister einerseits davon spricht, dass er das aktuelle Krankenhaussterben nicht verhindern kann, aber gleichzeitig behauptet, seine Reform sei eine Existenzgarantie für ländliche Krankenhäuser, stärkt das nicht gerade die Glaubwürdigkeit. Die Bevölkerung in den Regionen und die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen schlicht nicht, wie es weitergeht. Bundesgesundheitsminister Lauterbach, aber auch Bundesfinanzminister Lindner und Kanzler Olaf Scholz tragen gemeinsam Verantwortung für die aktuelle wirtschaftliche Notlage der Krankenhäuser. Politiker müssen sich nicht nur daran messen lassen, was sie tun, sondern auch daran, wo sie durch Nichthandeln Schaden für die flächendeckende Krankenhausversorgung zu verantworten haben. Die Bevölkerung spürt heute bereits Versorgungslücken und Versorgungsengpässe“, sagte Dr. Gerald Gaß auf der Kundgebung am Brandenburger Tor.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren vor allem Beschäftigte von Krankenhäusern in Berlin und Brandenburg. Aber auch aus Thüringen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern waren  Pflegekräfte, Ärzte, Azubis und Verwaltungsbeschäftigte angereist. Die demonstrierenden Mitarbeiter streiken nicht: In ihren Häusern sorgen ihre Kollegen - Pflegekräfte, Ärzte und Mitarbeiter anderer Berufe – für die Versorgung der Patienten. Sie bringen Ihren Frust stellvertretend als Delegationen umso nachdrücklicher zum Ausdruck.

Die Krankenhäuser fordern seit Langem, dass die Bundesregierung einen Inflationsausgleich einführt. Nach einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts kann fast kein Krankenhaus seine Ausgaben noch durch laufende Einnahmen finanzieren, 70 % der Kliniken sorgen sich ernsthaft um ihre Existenz. Bis Ende 2023 müssen die Kliniken inflationsbedingte Defizite im Umfang von 10 Mrd. € verkraften. „Wenn die Politik weiterhin die dramatische Situation der Krankenhäuser ignoriert und tatenlos dabei zusieht, wie eine Klinik nach der anderen Insolvenz anmeldet, werden viele Krankenhäuser Lauterbachs Krankenhausreform nicht mehr erleben. Die Bundesregierung riskiert viel. Gerade in ländlichen Regionen, wo der niedergelassene Sektor immer stärker wegbricht, können wir den Menschen nicht noch mehr Versorgungslücken zumuten. Gerade dort sorgen die Krankenhäuser mittlerweile vielfach für die ärztliche Grundversorgung“, so DKG-Vorstand Gaß.

„Die Dänen wären froh, wenn sie unser System hätten"

Am Tag der Kundgebung tagte im Bundestag, praktisch in Rufweite der Berliner Demonstration, der Gesundheitsausschuss. Der Präsident der Berliner Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, appellierte an Gesundheitspolitik und Expertenkommission: „Hört endlich auf uns, die in Krankenhäusern arbeiten!“ Kliniken seien keine Klötze aus Stahl und Beton, sondern Orte, an denen jeden Tag, rund um die Uhr alle für die Gesundheit der Patienten arbeiten. „Gebt uns die Chance, unsere Mitarbeiter gerecht zu bezahlen, macht endlich ernst mit dem Thema Entbürokratisierung!“

Der Internist des Evangelischen Krankenhauses Hubertus unterstrich die Notwendigkeit einer Krankenhausreform. Das plakative Verweisen auf Dänemark als Vorbild für eine Reform der stationären Versorgung sei er leid: „In Dänemark reibt man sich verwundert die Augen. Die Dänen wären froh, wenn sie unser System hätten.“

„Doppelwumms“ statt „Bürokratiemonster“ für die Kliniken

Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft, forderte einen „Doppelwumms“ von der Bundesregierung. Sowohl die Deckung weiterer Steigerungsraten bei den Sachkosten als auch bei den Personalkosten. 

Andrea Lemke, Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerats und Pflegedirektorin des Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau, beklagte die „toxische Gemengelage“ aus finanzieller Not angesichts fehlenden Inflationsausgleichs und zunehmende Bedrohung durch das „Bürokratiemonster“, das Pflegekräfte immer mehr bürokratische Pflichten auferlege. Die Beschäftigten sollen nun noch mehr dokumentieren – für noch mehr „Datenfriedhöfe“, beklagte die Vertreterin des Deutschen Pflegerats. Lemke forderte eine „ordnende Hand“, eine konzertierte Aktion zur Rettung der Kliniken.

Gleichzeitig brachte die Pflegedirektorin ihren Unmut gegenüber den „Expertenrunden“, die die Reformpolitik des Bundes begleiten, zum Ausdruck: „Experten sind die, die täglich in den Kliniken ihre Arbeit tun! Und die brauchen keine Experten, um sich sagen zu lassen, wie wir bessere Qualität in die Kliniken bekommen! “

Benny Dankert, Gesundheits- und Krankenpfleger bei Vivantes, erinnerte die Kolleginnen und Kollegen an die Coronapandemie, als die Politik nicht müde wurde, die Wichtigkeit der Kliniken zu betonen und zusammen mit Bürgern applaudierten. „Jetzt werden die Krankenhäuser ihrem Schicksal überlassen. Das darf nicht sein!“  Ebenso überdrüssig zeigte sich Bobbert von der Behauptung, die stationäre Versorgung sei oftmals von schlechter Qualität. „Wo sind denn all die schlechten Krankenhäuser? Ich kenne keines!“

Storchenparkplatz statt Kreißsaal: „Kind warmhalten, Nabelschnur nicht durchtrennen!“

Andrea Ramsell vom deutschen Hebammenverband gab den Teilnehmern der Kundgebung einen praktischen Rat, was zu tun ist, wenn ein Kind im Auto geboren wird: „Kind warmhalten, Nabelschnur nicht durchtrennen!“ Offenbar ist dieser Rat für angehende Familien auf dem Land nicht unwichtig. Ramsell gab am Beispiel einer bevorstehenden Geburt einen Vorgeschmack, was eine ausgedünnte stationäre Versorgung für Patienten bedeutet. „Stellen Sie sich vor, Sie fahren 40 Minuten – das ist die vom G-BA konsentierte maximale Fahrtzeit - in einem dünn besiedelten Flächenland mit einer Gebärenden, bei der die Wehen eingesetzt haben, in die nächste Geburtsklinik. Diese ist überlastet, hat sämtliche Kreißsäle belegt und weist Sie ab. Nun haben Sie eine weitere längere Fahrt vor sich.“ Ist das Zukunftsmusik oder Versorgungsrealität? Ein Baumarkt im Schleswig-Holsteinischen Eckernförde hat einen Parkplatz als „Storchenparkplatz“ für Gebärende eingerichtet, weil auf dem Parkplatz schon mehrfach Eltern für die Geburt ihrer Kinder Halt gemacht haben. Der nahe Kreißsaal in Eckernförde stand nicht zur Verfügung, da die Geburtsstation der Imland-Klinik seit Ende 2021 geschlossen ist.

„Die gebärenden haben Anspruch auf eine respektvolle Geburtshilfe. Für eine wohnortnahe Versorgung sind Krankenhäuser und Kreißsäle unverzichtbar“, so Ramsell. Sie forderte mehr Autonomie für alle medizinischen Fachberufe: „Wir müssen diese Ressource nutzen, damit wir alle in den Kliniken versorgen können, wie sie es verdient haben.“

Dr. Manfred Wagner, Ärztlicher Direktor am Klinikum Fürth, zeigte sich verärgert über zahlreiche Äußerungen aus Politik und Medien zu „maroden Kliniken“: „Nicht die Kliniken sind marode, sondern die Politik!“

Viele engagierte junge Fachkräfte und Azubis

Nicht nur Ärzte und Pflegekräfte, auch viele Klinikmanager und -direktoren hatten sich zur Demonstration in Berlin und anderswo eingefunden. Auffällig viele Teilnehmer waren Azubis, die sich ebenfalls lautstark zu Wort meldeten, zur Rettung der Kliniken, nicht zuletzt als Orte der Ausbildung, aufriefen und für verlässliche Bedingungen in Ausbildung und Pflegeberuf eintraten.

Lauterbachs „Faktenpapier“

Am Tag der bundesweiten Krankenhausproteste veröffentlichte das Bundesgesundheitsministerium ein Faktenpapier zur Situation der Krankenhäuser. Noch einmal rechnet das BMG vor, wieviel die Kliniken während und nach der Pandemie als finanzielle Stütze erhalten haben, um die Auswirkungen der Coronapandemie abzufedern. So hätten die Kliniken von März 2020 bis Juni 2022 Versorgungsaufschläge und Ausgleichszahlungen in Höhe von rund 21,5 Mrd. € erhalten. Im gleichen Zeitraum waren außerdem coronabedingte Erlösausgleiche für die Krankenhäuser vorgesehen. Auch die Zahlungsfrist für Krankenhausrechnungen sei verkürzt worden, der Pflegeentgeltwert angehoben worden. Auch habe der Bund den Krankenhäusern noch 6 Mrd. € für energiebedingte höhere Kosten zur Verfügung gestellt. 2,5 Mrd. € würden noch bis zum Frühjahr 2024 ausgezahlt.

„Die Defizite der Krankenhäuser liegen in erster Linie daran, dass die Fallzahlen nach der Coronapandemie deutlich gesunken sind. Dieser Trend wird anhalten, weil ein immer größerer Anteil von Behandlungen ambulant gemacht werden kann", heißt es in dem Papier. Gaß ging im Rahmen der Kundgebung auf das BMG-Papier ein: „Wir haben das Geld bekommen, weil wir damals protestiert haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch heute hier stehen.“

Stimmen der Teilnehmer aus den Kliniken

Aus Jerichow in Sachsen-Anhalt ist eine Delegation mit 27 Mitarbeitern des AWO-Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Psychosomatik nach Berlin gefahren, um für den Erhalt ihrer Klinik und ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren. „Inflationsausgleich für die Krankenhäuser jetzt sofort!“  oder „Stoppt das Sterben der Krankenhäuser!“ steht auf ihren Plakaten. Seit mehr als 110 Jahren gibt es die Fachklinik in Sachsen-Anhalt bei Magdeburg schon. Für das nächste Jahr sieht Geschäftsführer Thomas Wendler allerdings rot. „Im nächsten Jahr werden wir keine schwarze Null mehr schaffen“, prophezeit er. Wendler klagt, dass die Schere zwischen den Ein- und den Ausgaben immer weiter auseinander gehe. Und von Berlin komme dazu nur „eine bürokratische Zumutung nach der nächsten“, kritisiert der Klinikchef.

Bereits einen Tag vor der großen Klinikdemo vor dem Brandenburger Tor sind Klinikbeschäftigte der Schwäbischen Kreiskliniken aus Günzburg und Krumbach angereist und haben sich, organisiert von der Bayrischen Krankenhausgesellschaft (BKG), mit ihren Bundestagsabgeordneten getroffen, um den Bundespolitikern die finanzielle Misere der Kliniken zu verdeutlichen, erzählt der Vorstand der Kreiskliniken Günzburg-Krumbach, Robert Wieland. Auch wurden die beiden bayerischen Kliniken extra rot angestrahlt, sinnbildlich für die „Alarmstufe ROT“, die Mitarbeiter hätten sich in einem großen menschlichen „SOS“ vor ihren Kliniken postiert. Nun stehen viele von ihnen vor dem Brandenburger Tor mit Plakaten und Trillerpfeifen und machen ihrem Unmut Luft. Wieland sagt, er habe das Glück einen starken Landkreis zu haben, der hinter den Kliniken stehe, notfalls die Defizite mit Hilfe von Steuergeld ausgleiche. Nicht alle Kliniken seien in so einer privilegierten Lage. Etwa neun bis 10 Mio. € Defizit würden die beiden bayerischen Kliniken in diesem Jahr machen. Auch Wieland beklagt, dass die hohe Inflationsrate die Kliniken stranguliere. Zudem könne er „mangels Verlässlichkeit“ gar keine Mehrjahresplanung mehr für die Kliniken aufstellen.

Der stellvertretende Pflegedirektor des kommunalen Vivantes-Klinikums am Friedrichshain, Bernward Schneider, hält ein großes Protest-Banner in der Hand, statt in der Klinik die Pflegeteams zu koordinieren. Ihn treibt um, dass der Baubestand seiner Klinik teilweise aus dem Jahr 1954 stamme und dringend sanierungsbedürftig sei. „Patienten müssen sich teilweise noch mit Gemeinschaftstoiletten zufriedengeben.“  Der bauliche Rückstau werde auf dem Rücken der Kranken ausgetragen.

Annemarie Thiel ist Krankenpflegerin auf der Kardiologie in Mecklenburg-Vorpommern im DRK Krankenhaus Teterow. Das Krankenhaus sei eine kleine Klinik, aber wichtig für die stationäre Versorgung der Bevölkerung in einer Region, in der es eher wenige Kliniken gibt, sagt sie. „Jeder kann krank werden.“ Thiel ärgert sich über die Diskussionen, dass nur noch große Krankenhäuser das Prädikat „gute Krankenhäuser“ bekämen. „Kleine Krankenhäuser können genauso gut Patienten behandeln und liefern auch gute Arbeit - wie große Kliniken.“

Protest in den Bundesländern

Protestkundgebung auf dem Opernplatz in Hannover

Rund 2 500 Mitarbeiter von Krankenhäusern aus ganz Niedersachsen, Bremen und Bremerhaven haben in Hannover auf die dramatische wirtschaftliche Schieflage der Kliniken aufmerksam gemacht. Von der Bundesregierung forderten sie einen Inflationsausgleich und die vollständige Finanzierung von tariflichen Lohnkostensteigerungen.

In Anwesenheit von Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) forderten Vertreter der „Niedersächsischen Allianz für die Krankenhäuser“ die politisch Verantwortlichen auf, schnellstmöglich ein Vorschaltgesetz zur wirtschaftlichen Absicherung der Kliniken auf den Weg zu bringen.

„Coronapandemie und Inflation haben die Finanzreserven der Krankenhäuser aufgezehrt. Dennoch verweigert die Bundesregierung den Kliniken weiterhin einen vollständigen Inflationsausgleich. Auch mit den für 2024 vereinbarten Tarifsteigerungen werden die Krankenhäuser alleingelassen“, unterstrich Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG. „Die Tariferhöhung für die Mitarbeitenden ist vollkommen verdient. Die Krankenhäuser wollen diese Erhöhung zahlen. Viele Kliniken werden das aber finanziell nicht verkraften. Die Bundesregierung muss den Rahmen für eine vollständige Finanzierung schaffen. Sie weigert sich aber. Aufgrund dieser unterlassenen Hilfeleistung müssen sich Krankenhäuser überschulden und werden in die Insolvenz getrieben,“ so Dr. Aldag.

„Die Beschäftigten in den Krankenhäusern haben heute in engem Schulterschluss von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein unmissverständliches Signal in Richtung Berlin gesendet: Bundesgesundheitsminister Lauterbach muss endlich der Verantwortung seines Amtes gerecht werden und handeln, anstatt dem Krankenhaussterben weiter tatenlos zuzusehen“, betonte Helge Engelke, NKG-Verbandsdirektor. „Die Krankenhäuser in Niedersachsen sind so gefährdet wie nie zuvor. Extrem gestiegene Preise zwingen viele Kliniken in die Knie. Spätestens im kommenden Jahr droht der finanzielle Kollaps. Die Sicherheit der Patientenversorgung steht auf dem Spiel,“ mahnte Engelke.

NRW-Allianz für die Krankenhäuser: Schieflage der Krankenhäuser verhindern

Mit einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag haben mehrere Tausend Beschäftigte der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser ihren Protest gegen die unzureichende Finanzierung der Kliniken durch die Bundesregierung gezeigt. Unter dem Motto „Die beste Medizin: saubere Finanzierung“ haben um fünf vor zwölf Uhr rund 10 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein deutliches Signal nach Berlin gesendet. Ihre Forderung: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll den Krankenhäusern endlich eine nachhaltige Finanzierung der inflationsbedingten Kostensteigerung sowie der ab 2024 vorgesehenen Tarifsteigerung von rund 10 % ermöglichen. Bisher weigere sich der Minister, seine gesetzliche Verantwortung für die Betriebskosten der Krankenhäuser zu übernehmen. Die Folge: Die Krankenhäuser müssten für das kommende Jahr hohe Verluste – teils im zweistelligen Millionenbereich – einplanen. Deshalb unterstützt ein breites Bündnis – die „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“ – von Verbänden, Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen die von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) organisierte Protestkundgebung.

Die „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“ wird getragen von den drei kommunalen Spitzenverbänden Landkreistag, Städtetag sowie dem Städte- und Gemeindebund, dem kommunalen Arbeitgeberverband, den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Pflegekammer NRW, den Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe sowie der Caritas in NRW, dem Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte, dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands und dem Verband der Privatkliniken NRW. „Diese breite Unterstützung zeigt, dass die Sorge um die wirtschaftliche Stabilität der Krankenhäuser nicht nur die Klinikträger selbst umtreibt“, erklärt KGNW-Präsident Ingo Morell. Vielmehr sei es ein reales Szenario, dass die stationäre Gesundheitsversorgung durch eine drohende Insolvenzwelle, auch durch eine wirtschaftliche Schieflage, drastisch eingeschränkt werden müsste. „Wir fordern eine nachhaltige Absicherung der Krankenhäuser, indem die Bundesregierung einen ausreichenden Inflationsausgleich schafft und die vollständige Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen ab dem Jahr 2024 gesetzlich möglich macht. Wir brauchen beides, wenn wir die Abwärtsspirale für die Krankenhäuser stoppen wollen“, betont Morell.

Es sei die einhellige Meinung aller beteiligten Organisationen, dass die Bundesregierung nicht noch länger abwarten dürfe, sagt der KGNW-Präsident mit Verweis auf die gemeinsame Erklärung der „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“. Unter der Überschrift „Krankenhäuser in Not“ fordert sie den Bund auf, die Schieflage der Krankenhäuser durch inflationsbedingte Kostensteigerungen und notwendige Tariferhöhungen zu verhindern. „Die tatsächlichen Kostenentwicklungen werden unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung nicht ansatzweise sachgerecht abgebildet. Das trägerübergreifende Risiko für Insolvenzen von Krankenhäusern steigt deshalb stetig“, heißt es in der Erklärung.

Bayerische Defizituhr tickt weiter

In vielen Krankenhäusern bundesweit dominierte am 20. September 2023 die Farbe Rot. „Kliniken im Protest – Alarmstufe Rot!“. Hinter diesem Motto gingen Klinikbeschäftigte auch in Bayern mit Aktionen vor die Tür und arbeiteten unter politischen Protest weiter, was sie unter anderem mit Aufklebern optisch sichtbar ausdrücken. „Wir sind für unsere Patientinnen und Patienten da und arbeiten trotz unseres notwendigen Protests, weil wir die uns anvertrauten Menschen nicht allein und unversorgt lassen können. Wir verweigern uns nicht. Wir zeigen uns verantwortlicher als die Politik in Berlin, die uns allein und im Regen stehen lässt“, so lautet die überzeugende Botschaft der weit über 200 000 Beschäftigten in Bayerns Krankenhäusern.

Viele Klinikleitungen aus Bayern standen derweil vor dem Brandenburger Tor in Berlin, wo sie sich zusammen mit Krankenhaus-Vertretern aus dem gesamten Bundesgebiet solidarisch zeigten. „Die Krankenhäuser brauchen bundesweit einen verlässlichen Inflationsausgleich, um die notwendige, angekündigte große Krankenhaus-Reform überhaupt erleben zu können“, so der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft Roland Engehausen. „Wir erwarten für das gesamte Bundesgebiet bis zum Ende des Jahres ca. 10 Mrd. € Defizit aufgrund der anhaltend hohen Inflation und der für unsere Beschäftigten zurecht deutlich gestiegenen Gehälter. Auch unsere bayerische Defizituhr tickt unaufhaltsam weiter und wird seit dem Beginn der enormen Inflation ab April 2022 bis Ende 2023 trotz zeitlich befristeter Hilfsfondszahlungen auf 1,4 Mrd. € angestiegen sein. Und für 2024 laufen diese Hilfsgelder aus, aber die Inflation bleibt. Diese Lücke können die Krankenhäuser nicht schließen und die Wirtschaftsprüfungen zeigen die rote Karte. Dies darf die Bundespolitik nicht länger nur zur Kenntnis nehmen.“

Am Vorabend ihres Protestes vor dem Brandenburger Tor trafen sich bereits etwa 100 Krankenhausleitungen und Vertreter der Trägerorganisationen wie mehrere Landräte aus ganz Bayern mit den Bundestagsabgeordneten aus ihren Wahlkreisen am Potsdamer Platz, um ihnen die dramatische Situation der Krankenhäuser auch in Bayern zu erläutern und nach Wegen aus den drohenden Insolvenzen und damit einer breiten Unterversorgung der Bevölkerung auch in Bayern zu suchen. Dabei seien die Analysen klar. Doch die nötigen Taten der Bundesregierung fehlten bisher. Im Gegenteil werde von der Bundesregierung auf eine möglicherweise wirkende Krankenhausreform in ein paar Jahren verwiesen, die aber das Kernproblem des fehlenden Inflationsausgleiches überhaupt nicht löse. „Die Menschen in den Kliniken lassen sich von der Politik nicht für dumm verkaufen und wissen, dass die Krankenhausreform überhaupt nichts an der Unterfinanzierung je Behandlung und je Krankenhaus ändern kann, solange bei den Gesamteinnahmen der Krankenhäuser die Inflation nicht verlässlich berücksichtigt wird“, sagt dazu Roland Engehausen.

Bundesweit befinden sich bereits etwa 30 Krankenhäuser in sogenannten Schutzschirmverfahren. Weitere Krankenhäuser haben angekündigt, schließen zu müssen; leider zwischenzeitlich auch in Bayern. Experten rechnen mit einer enormen Insolvenz-Welle der Krankenhäuser in den kommenden Monaten. „Was muss noch passieren, damit die Verantwortlichen in Berlin, die für eine auskömmliche Bezahlung der notwendigen und erbrachten Krankenhausleistungen zu sorgen haben, endlich die Realität erkennen und für sofortige Abhilfe sorgen?“ fragte sich die 1. BKG-Vorsitzende Landrätin Tamara Bischof. „Wir brauchen sofort eine substanzielle Abhilfe für unsere Krankenhäuser, um dann eine zukunftsorientierte und auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtete Krankenhausreform umsetzen zu können,“ appelliert Bischof in Berlin.

Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern warnen vor Versorgungszusammenbruch

„Wir saufen ab! Vorschaltgesetz zur Rettung der Krankenhäuser: Jetzt!“, mit dem Slogan, den die Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (KGMV) auch spektakulär optisch in Szene gesetzt hat, demonstrierten die KGMV und Vertreter der Mitgliedskrankenhäuser in dem nördlichen Bundesland. Vor der Kulisse des Schweriner Schlosses versank ein 1, 5 Quadratmeter großes Krankenhausmodell im Wasser.

Etwa die Hälfte der Krankenhäuser bewerten ihre Liquiditätslage bereits heute als kritisch, resümiert der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (KGMV), Uwe Borchmann. Laut aktuellen Umfragen wird für über 80% der Krankenhäuser ein negatives Jahresergebnis für 2023 erwartet; für so viele Häuser wie noch nie. In keinem anderen Bundesland gefährdeten die Nachwirkungen der Coronapandemie-Wellen, die Inflation und die Energiekrise die stationäre Versorgungsstruktur so, wie in Mecklenburg-Vorpommern.

„Da fährt ein Minister im BMG unsere nach der Wiedervereinigung in Mecklenburg-Vorpommern über mehr als 30 Jahre hervorragend entwickelte Krankenhauslandschaft flächendeckend gegen den Baum, während er sie gleichzeitig im Rahmen seiner Reformziele öffentlich als Vorbild lobt“, stellt Borchmann klar. „Die Krankenhäuser Mecklenburg-Vorpommerns fordern vom Bund ein sofortiges Vorschaltgesetz, welches den Landesbasisfallwert einmalig um mindestens 5% anhebt und zusätzlich die Lohn- und Sachkostensteigerungen der Jahre 2023 und 2024 vollständig refinanziert. Dabei muss der Minister auch nicht auf leere Kassen verweisen, denn es handelt sich nicht um Steuermittel, sondern um eine auskömmliche Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung“ so die KGMV.

Hessische Krankenhäuser sind „wirtschaftliche Notfallpatienten“

Hunderte Ärzte, Pflegekräfte, Klinikgeschäftsführer sowie weitere Mitarbeiter aus allen Bereichen der hessischen Krankenhäuser haben auf die massive wirtschaftliche Notlage der Krankenhäuser landes- und bundesweit aufmerksam gemacht und vor einer Welle an unkoordinierten Klinikschließungen gewarnt. Die Kundgebung der Hessischen Krankenhausgesellschaft e. V. (HKG) am Römer in Frankfurt stand unter dem Leitsatz „Alarmstufe Rot – Stoppt das Krankenhaussterben“.  Die bereits seit Monaten durch Energiekrise, Pandemienachwehen und inflationären Kostensteigerungen angespannte Finanzsituation für Gesundheitseinrichtungen verschärfe sich zunehmend. Fehlende Ausgleichszahlungen für die anhaltend hohe Inflation und steigende Tariflasten würden immer mehr Krankenhäuser in die Insolvenz treiben. 

Dr. Christian Höftberger, Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG), sagte: „Das Wasser steht den Kliniken nicht nur bis zum Hals, es steht ihnen bereits über dem Kopf. Bis die Bundesregierung ihre angekündigten Reformpläne umsetzt, wird vielen Häusern die Luft ausgehen. Ohne ein Eingreifen der Politik wird dieser kalte Strukturwandel zu spürbaren Engpässen und Lücken in der Versorgung führen. Unsere Krankenhäuser sind aktuell wirtschaftliche Notfallpatienten und brauchen dringend die Unterstützung der Politik – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Es sind nicht nur kleine, ländliche Krankenhäuser, die unter dem Druck einknicken, auch große Einrichtungen sind auf auskömmliche Finanzierungsregelungen angewiesen. Wenn die ländliche Daseinsvorsorge nicht mehr gewährleistet ist, sehen wir auch das Land in der Pflicht, zu reagieren.“

„Wir fordern, dass die Patientenversorgung auskömmlich für die Gesundheitseinrichtungen finanziert wird. Dafür müssen unvorhergesehene Kosten, wie durch Inflation, kompensiert und andere Preisanpassungen, wie Tariferhöhungen, refinanziert werden. Ohne eine Anpassung des seit Jahren nicht auskömmlichen Finanzierungssystems der Kliniken wird auch die Krankenhausreform von Herrn Lauterbach wirkungslos bleiben. Wo es keine Krankenhäuser mehr gibt, ist nichts mehr zu reformieren“, so Prof. Dr. Steffen Gramminger, geschäftsführender Direktor der HKG.

Hessens Sozial- und Integrationsminister Kai Klose wies darauf hin, dass die notwendige Krankenhausreform ohne finanzielle Mittel nicht umzusetzen ist: „Die Krankenhausreform ist dringend notwendig, um die qualitativ hochwertige bedarfs- und patientengerechte Krankenhausversorgung zu sichern. Die Umsetzung der Reform nimmt aber Zeit in Anspruch. In Hessen haben wir die Investitionsmittel für die Krankenhäuser im Doppelhaushalt 2023/2024 erneut gesteigert und auf ein Rekordniveau gehoben. Wir stellen insgesamt eine Milliarde Euro bereit und liegen damit bundesweit an der Spitze. Jetzt ist der für die Betriebskosten verantwortliche Bund in der Pflicht, denn eine so umfassende Reform lässt sich ohne zusätzliches Geld in der Transformationsphase und damit zusätzliche Mittel des Bundes nicht stemmen.“ 

Arne Evers, Pflegedienstleiter des St. Josefs-Hospital in Wiesbaden, sagte: „Die heranrollende Insolvenzwelle erzeugt Ängste vor einem Verlust des Arbeitsplatzes und ein unsicheres Beschäftigungsumfeld für das Pflegefachpersonal. Die Flucht aus dem Beruf wird dadurch noch zusätzlich befeuert. Der Teufelskreis ist bereits im Gange. Ohne ein schnelles Einschreiten der Politik werden sich die ohnehin bereits knappen Personalressourcen dramatisch verschlechtern. Und wer könnte es meinen Kolleginnen und Kollegen verübeln. Sehr viele haben Familien und sind auf die wirtschaftliche Stabilität unserer Krankenhäuser und deren Verlässlichkeit als Arbeitgeber angewiesen.“

Sachsens Kliniken warnen mit Videobotschaften vor akuten Problemen

„Die gegenwärtige Bedrohung der Patientenversorgung in unseren Krankenhäusern hat in der Geschichte der Bundesrepublik ein beispielloses Ausmaß erreicht. Die anhaltende Inflation führt dazu, dass eine zunehmende Anzahl von Standorten in existenzielle Schwierigkeiten kommt, was zu einem unkontrollierten Strukturwandel zulasten der Patientinnen und Patienten führt. Es ist dringend notwendig, dass die Bundesregierung unverzüglich handelt, um die Krankenhäuser in Sachsen zu schützen und damit die hochwertige medizinische Versorgung langfristig zu gewährleisten“, erklärte Dr. Sven U. Langner, Vorsitzender des Vorstandes der Krankenhausgesellschaft Sachsen (KGS) am bundesweiten Klinikprotesttag. Die sächsischen Krankenhäuser sendeten täglich Videobotschaften, mit der Beschreibung ganz akuter Probleme vor Ort. Es ist Alarmstufe Rot: Krankenhausversorgung darf nicht am Geld scheitern!

„In einem vereinten Appell setzen sich damit unsere Mitgliedshäuser sowie alle anderen Krankenhäuser für die dringende Rettung der Krankenhausversorgung in Deutschland ein und fordern die Umsetzung eines adäquaten Inflationsausgleichs. Die Zukunft der Patientenversorgung hängt davon ab – eine Herausforderung, der sich die Bundesregierung nicht entziehen kann“, so Friedrich München, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen.

Krankenhäuser Sachsen-Anhalts mit offenem Brief an Ministerin Grimm-Benne

In einem offenen Brief, der am 20. September auf der öffentlichen Mitgliederversammlung der Krankenhausträger des Landes Sachsen-Anhalts an Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) übergeben wurde, forderten die Kliniken des Landes, den kalten Strukturwandel sofort zu stoppen.

Der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt Prof. Dr. Wolfgang Schütte nannte die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser dramatisch: „Die Finanzierungssysteme sind nicht für Extremsituationen gemacht. Die üblichen Anpassungsmechanismen funktionieren nur in normalen Zeiten. Die Zeiten aber sind alles andere als normal. Die finanziell prekäre Lage der Kliniken wird auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgetragen, die die hohen Belastungen nicht mehr auffangen können. Viele Beschäftigte wechseln auf Teilzeitstellen, manche sogar den Beruf. Und immer öfter werden wir gefragt, wie lange das Krankenhaus noch existiert. So geht das nicht weiter!“

Noch immer herrsche „Alarmstufe ROT“. Eine Einigung zwischen Bund und Länder zu einem Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform, das den Kliniken wirtschaftliche Sicherheit geben könnte, sei gescheitert. „Das können und wollen wir nicht akzeptieren. Wir verlangen nichts weiter als die Einlösung des gesetzlich verbrieften Anspruchs der Krankenhäuser auf eine angemessene Refinanzierung der unabweisbaren Kosten im Zusammenhang mit der Patientenversorgung“, so Schütte. „Geschieht dies nicht, werden einige Krankenhäuser die Reform nicht mehr erleben. Die Insolvenz der Lungenklinik Ballenstedt ist ein Warnsignal dafür, dass das Kliniksterben auch in Sachsen-Anhalt bereits begonnen hat.“

Der Brief der Krankenhäuser sei indes mehr als ein Hilferuf. Er sei eine dringliche Aufforderung zum Handeln, damit die Zusicherung der Landesregierung, alle 54 Klinikstandorte erhalten zu wollen, nicht zu einem leeren Versprechen verkümmere. „Diese Sorge ist durchaus berechtigt“, konstatierte Schütte, „denn mit der Schließung der Lungenklinik Ballenstedt wird es ab Januar 2024 nur noch 53 Klinikstandorte in Sachsen-Anhalt geben.“

5 000 Klinikmitarbeiter demonstrieren auf dem Stuttgarter Schlossplatz

In Baden-Württemberg demonstrieren an dem bundesweiten Protesttag auf dem Schlossplatz in Stuttgart 5 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Krankenhäusern. BWKG, Marburger Bund, Verdi und der Landesseniorenrat forderten auf der Kundgebung schnelles und nachhaltiges Handeln der Bundesregierung zur Stabilisierung der Klinikfinanzen.

„Die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist so ernst wie nie: Drei Viertel der Krankenhäuser im Land werden nach derzeitigem Stand im Jahr 2023 rote Zahlen schreiben. Die Inflation treibt die Kosten massiv nach oben und die Krankenhausfinanzierung bleibt weit dahinter zurück.“, machte der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Heiner Scheffold, deutlich.

Talfahrt der Gesundheitswirtschaft: Defizit bei Hamburger Kliniken bei 200 Mio. €

Auch Hamburger Krankenhäuser protestieren an dem bundesweiten Protesttag bei der zentralen Kundgebung in Berlin. Allein in Hamburg, so die hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG) habe sich bis zum Jahresende 2023 durch Inflation und Tarifentwicklung nach Berechnungen der DKG ein Defizit von 200 Mio. € aufgebaut. In den vergangenen Jahren sei die Gesundheitswirtschaft in Hamburg mit mehr als 4 % jährlich auf einem stabilen Wachstumskurs gewesen. 15,5 % der Hamburger Erwerbstätigen arbeiteten in einem Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, davon 35 800 in den Hamburger Krankenhäusern; damit ist jeder siebte Arbeitsplatz mit dieser Branche verbunden. Joachim Gemmel, 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft: „Ein ungerichtetes Krankenhaussterben, wie es der Bundesgesundheitsminister sehenden Auges in Kauf nimmt, bedeutet einen erheblichen Schaden für die Versorgung, aber auch für die Gesundheitswirtschaft insgesamt. Durch die wirtschaftliche Not erhöht sich der Druck auf die Mitarbeitenden. Arbeitsplätze sind gefährdet, denn Krankenhäuser können Kostenanstiegen in erster Linie nur durch Personalabbau begegnen. Dies befördert das Gegenteil dessen, was wir in den Krankenhäusern brauchen und anstreben: eine gute Personalausstattung, attraktive Arbeitsbedingungen, Planungssicherheit für unsere Beschäftigten.“. Gemmel weiter: „Die Weigerung des Bundesgesundheitsministers, den Krankenhäusern mit einem Inflationszuschlag und einer 100%igen Tarifrate aus der größten Not zu helfen, ist völlig unverständlich. Wieder einmal sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Leidtragenden, die den wirtschaftlichen Druck täglich spüren und kompensieren müssen. Wir brauchen eine gesicherte Finanzierung als Grundlage aller unserer Bemühungen gegen den Fachkräftemangel, um auch zukünftig Menschen für die Arbeit im Krankenhaus zu begeistern. Daher protestieren wir dagegen, dass die Politik uns mit diesen Problemen vollständig alleine lässt!“

Thüringer Krankenhäuser fordern Beendigung des kalten Strukturwandels

Der Vorstand der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e.V. hat in Anbetracht der wirtschaftlich schwierigen Situation der Kliniken im gesamten Bundesgebiet im Rahmen einer Klausurtagung beraten. Die Thüringer Krankenhäuser fordern einen schnellstmöglichen Inflationsausgleich und die vollständige Finanzierung der Tarifsteigerungen, um die extrem gestiegenen Kosten refinanzieren zu können. Das Gesetz sehe keine Refinanzierung vor, die Bundesregierung verwehre diesen Ausgleich weiterhin trotz mehrfacher Mahnungen. Minister Lauterbach mache ganz offen den kalten Strukturwandel zum festen Bestandteil seiner Krankenhausreform. Dieser Zustand sei für die Krankenhäuser unhaltbar und eine Missbilligung der engagierten Arbeit der Beschäftigten in den Kliniken. Fast kein Krankenhaus könne noch seine Ausgaben aus den laufenden Einnahmen decken. „Die wohnortnahe Patientenversorgung durch Krankenhäuser ist ein elementarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung und muss gerade in einem Flächenland wie Thüringen aufrechterhalten werden. Uns drohen perspektivisch drastische Versorgungseinschränkungen, wenn der Inflations- und Tarifausgleich für die Krankenhäuser nicht zeitnah eingeführt wird. Die Krankenhausfinanzierung muss durch den Bund nachgebessert werden, schnellstmöglich“, so das Fazit der Vorstandsvorsitzenden des Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e.V., Dr. Gundula Werner.

Inflationsbedingte Mehrkosten, wie bei Material, externen Dienstleistern, Lebensmitteln usw. würden die Kliniken weiterhin mit großer Wucht treffen. „Wenn politisch nicht gehandelt wird, befürchten wir die Fortführung des kalten Strukturwandels mit wirtschaftlichen Schieflagen bedarfsnotwendiger Krankenhäuser, Schließungen und gravierende Auswirkungen für die Versorgungssicherheit“, ergänzte der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen, Rainer Poniewaß.

Schleswig-Holsteins Krankenhäuser in schwieriger Lage vor der Krankenhausreform

Auch aus Schleswig-Holstein haben rund 200 Mitarbeiter an der zentralen Kundgebung in Berlin teilgenommen. KGSH-Geschäftsführer Patrick Reimund: „Wir fordern, dass die Bundesregierung die Krankenhäuser durch ein Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform stabilisiert. Dazu müssen die Krankenhäuser in die Lage versetzt werden, die Mehrkosten der Inflation in ihren Entgelten zu berücksichtigen. Bisher ist das nicht möglich. Wenn die Politik nicht reagiert, werden wir eine Vielzahl weiterer Insolvenzen und Krankenhausschließungen erleben. Das wäre eine Beschleunigung des kalten Strukturwandels der vergangenen Jahre, die die Versorgung massiv gefährdet und das Gegenteil einer strukturierten Krankenhausreform, die dringend notwendig ist.“

Am 21. September trafen sich in der Nähe von Itzehoe rund 60 Führungskräfte der Krankenhäuser aus Schleswig-Holstein zu den 23. Norddeutschen Gesundheitstagen, die von der Landeskrankenhauskonferenz veranstaltet wurden. Dabei handelte es sich um den Zusammenschluss des Verbands der Krankenhausdirektoren (VKD), des Verbands der leitenden Krankenhausärzte (VLK) und des Bundesverbands Pflegemanagement.

Kundgebung des Bündnisses für eine gute Krankenhausversorgung in Rheinland-Pfalz

Die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz (KGRP) hatte gemeinsam mit der Landesärztekammer und der Landespflegekammer, dem Kommunaler Arbeitgeberverband, mit verdi, dem Marburger Bund, der VKD-Landesgruppe Rheinland-Pfalz, dem Landesverband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte sowie dem Hebammenlandesverband Rheinland-Pfalz ein „Bündnis für eine gute Krankenhausversorgung in ganz Rheinland-Pfalz“ ins Leben gerufen und zur Kundgebung am 20. September auf dem Markt in Mainz aufgerufen. Die Veranstaltung wurde durch die Band „Die Toten Ärzte“ begleitet.

Auch dem Land Rheinland-Pfalz komme eine besondere Verantwortung im Rahmen der Investitionsförderung der Kliniken zu. Statt der erforderlichen rund 330 Mio. € würden jährlich nur 142 Mio. € für die Krankenhäuser bereitgestellt. Die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz stünden angesichts dieser Finanzierungslücken vor größten Herausforderungen. Die Zahl der Insolvenzen sei in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich gestiegen. „Die Bundesregierung schaut weiter tatenlos dabei zu, wie Kliniken in immer größerer Zahl auf ihre Schließung zusteuern“, so der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, Dr. Hartmut Münzel. „Uns drohen drastische Versorgungseinschränkungen, wenn der Inflationsausgleich weiter ausbleibt. Die Krankenhäuser müssen sofort in die Lage versetzt werden, die Patientenversorgung flächendeckend aufrecht zu erhalten und ihren Beschäftigten die Löhne und Gehälter zu zahlen.“  „

Alarmstufe ROT auch in Saarbrücken

Die Saarländische Krankenhausgesellschaft e.V. hatte unter dem Slogan „Alarmstufe ROT: Stoppt das Krankenhaussterben zur Demonstration für faire Löhne, ausreichende Personalausstattung, gute Patientenversorgung und gesunde Krankenhäuser“ am 20. September nach Saarbrücken vor den Landtag eingeladen.  Zahlreiche Institutionen unterstützten die Krankenhäuser in ihren Forderungen und beteiligten sich an der Kundgebung, wie die Ärztekammer des Saarlandes, der Marburger Bund Landesverband Saar e. V., der Landespflegerat Saarland oder die Arbeitskammer des Saarlandes.

„Die Patientenversorgung in Krankenhäusern war in der Bundesrepublik noch nie so bedroht wie heute. Die Inflation zwingt immer mehr Standorte in die Knie und beschleunigt den kalten Strukturwandel der unkontrollierten Klinikschließungen noch einmal“, erklärte der SKG-Vorstandsvorsitzende, Manfred Klein.

„Wir laufen Gefahr, dass zahlreiche Krankenhäuser Lauterbachs Reform gar nicht mehr erleben werden, wenn nicht umgehend der Inflationsausgleich kommt. Dagegen müssen wir protestieren und die Bundesregierung zur Vernunft bringen. Es ist sehr leicht, ein Krankenhaus in die Schließung zu treiben, aber sehr schwer, diese wertvollen Versorgungsstrukturen wiederaufzubauen“, so der stellvertretende SKG-Vorsitzende, Bernd Mege.

Auch im Saarland sei mit dem SHG-Klinikum Merzig ein erstes Krankenhaus betroffen. „Die Bundesregierung schaut weiter tatenlos dabei zu, wie Kliniken in immer größerer Zahl auf ihre Schließung zusteuern. Uns drohen drastische Versorgungseinschränkungen, wenn der Inflationsausgleich weiter ausbleibt“, so Klein. „Wir fordern von der Bundesregierung eine nachhaltige Absicherung der Krankenhäuser, indem sie einen ausreichenden Inflationsausgleich schafft und die vollständige Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen im Jahr 2024 gesetzlich möglich macht. Wir brauchen beides, wenn wir die Abwärtsspirale für die Krankenhäuser stoppen wollen“, betonte Klein.

Katholische Kliniken können Defizit nicht von den Kommunen kompensieren

Auch die katholischen Krankenhäuser solidarisierten sich mit dem bundesweiten Protest, zumal die Lage für die konfessionellen Kliniken noch dramatischer ist. Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland (kkvd), sagte: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach handelt verantwortungslos, wenn er den Krankenhäusern weiterhin die kalte Schulter zeigt. Angesichts der extremen Mehrkosten durch die Inflation stehen zahlreiche Krankenhäuser wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. Gerade für freigemeinnützige Häuser wie beispielsweise die katholischen Kliniken ist das besonders brisant. Im Gegensatz zu öffentlichen Krankenhäusern wird ihr Defizit in aller Regel nicht von den Kommunen kompensiert. Zudem müssen die Kliniken im nächsten Jahr die berechtigten und verdienten Tarifsteigerungen für ihre Mitarbeitenden umsetzen. Auch das wird derzeit nicht voll refinanziert.“

Die Zahl der Krankenhaus-Insolvenzen sei in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich stark gestiegen. „Bundesgesundheitsminister Lauterbach und die Verantwortlichen in der Regierungskoalition müssen jetzt einlenken. Die Kliniken brauchen schnell eine nachhaltige Finanzierung, um die inflationsbedingte Kostenexplosion auszugleichen. Außerdem müssen Tarifsteigerungen und eine tarifliche Bindung im Krankenhaus als wirtschaftlich anerkannt werden. Notwendig ist eine klare Regelung im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dass Tarifsteigerungen verbindlich und vollständig refinanziert werden. Wenn die Bundesregierung nicht handelt, drohen verheerende Folgen für die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten. Das muss unbedingt vermieden werden. Kurzfristig wirkende Hilfspro-gramme reichen dabei nicht aus, denn sie bringen den Kliniken keine Planungssicherheit“, so Rümmelin abschließend.

Krankenhausfinanzierung muss Inflation und Tarifsteigerung berücksichtigen!

„Die freigemeinnützigen Krankenhäuser sind besonders auf eine auskömmliche Refinanzierung angewiesen. Denn sie können Defizite nicht wie die kommunalen Krankenhäuser und Universitätskliniken durch Steuermittel ausgleichen“, erklärte auch Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV). Universitätskliniken könnten prinzipiell nicht in die Insolvenz gehen, weil sie Landesbetriebe sind. Kommunale Häuser würden durch ihre Landkreise und Städte finanziell unterstützt, manche von ihnen sogar mit einem dreistelligen Millionenbetrag. Evangelische und andere freigemeinnützige Krankenhäuser hätten dagegen keine öffentlichen Finanzierungspartner im Rücken, die ihnen bei Engpässen beispringen. „Deshalb braucht es einen transparenten und fairen Inflationsausgleich innerhalb der Krankenhausfinanzierung“, appellierte Radbruch

BDPK forderte sofortiges Hilfsprogramm und nachhaltige Finanzierung

Zum bundesweiten Protesttag der deutschen Krankenhäuser erklärte Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK): „Wegen der chronischen Unterfinanzierung, die die Politik zu verantworten hat, sind bereits zahlreiche Krankenhäuser in die Insolvenz getrieben worden. Die unkontrollierten Klinikschließungen führen zu schmerzhaften Versorgungsengpässen für die Patienten und es gehen Arbeitsplätze verloren.“

„Die Politik geht offenbar davon aus, dass die aktuelle Krise mit der geplanten Krankenhausreform gelöst wird. Das stimmt aber nicht! Die Reformpläne werden an der finanziellen Not vieler Kliniken nichts ändern,“ so Thomas Bublitz. Der BDPK hatte deshalb in Ergänzung zum Aktionstag die Kampagne „Krankenhausretten.de“ ins Leben gerufen, mit der auf gravierende inhaltliche Mängel des Reformvorhabens aufmerksam gemacht werde. Der BDPK warnt davor, dass die Reform in ihrer aktuellen Fassung dazu führen werde, dass viele kleinere, leistungsfähige und bedarfsnotwendige Kliniken schließen müssten. Das gelte vor allem im ländlichen Raum, wo den Patientinnen und Patienten weite Wege zur medizinischen Grundversorgung und längere Wartezeiten in den noch verbliebenen Krankenhäusern drohten. Zudem moniert der BDPK, dass die Reform, die am Anfang des Jahres 2024 in Kraft treten soll, ihre beabsichtige Wirkung allenfalls mit mehreren Jahren Verzögerung entfalten könne, was für die meisten Kliniken viel zu spät ist. Der BDPK fordert von der Politik deshalb neben einer finanziellen Soforthilfe eine integrierte regionale Versorgungsplanung. Diese müsste nicht nur die stationäre, sondern auch die ambulante ärztliche Versorgung, die Übergangspflege und die Rehabilitation in den Blick nehmen. Dies wäre ein Gewinn für die Patienten und der ideale Einstieg zu den im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbarten Gesundheitsregionen.

Finanznot der Krankenhäuser gefährdet die Patientenversorgung

Die Weigerung von Minister Lauterbach, den Krankenhäusern einen Finanzausgleich für die durch Inflation und anstehende Tariferhöhung stark gestiegenen Betriebskosten zu gewähren, führe zu einer bedrohlichen finanziellen Schieflage der Häuser. In einer aktuellen Mitgliederbefragung des Verbandes leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK) geben über 50 % an, dass das Krankenhaus, an dem sie beschäftigt sind, mit starken Defiziten bis hin zur Insolvenz zu kämpfen hat. Sie sehen die Patientenversorgung akut gefährdet.

Die Zahl sei eindeutig: 84 % der teilnehmenden Chef- und Oberärztinnen und -ärzte geben an, dass die Patientenversorgung an den Krankenhäusern durch den fehlenden Finanzausgleich für die gestiegenen Betriebskosten gefährdet sei. Es ergebe sich ein Bild, das klar auf ein Problem in der akuten Daseinsvorsorge hinauslaufe. Die angespannte Lage wirke sich auf die konkrete Versorgung der hilfesuchenden Menschen aus. Rund die Hälfte der leitenden Ärztinnen und Ärzte gebe an, dass es zu Kürzungen bei ärztlichen Stellen gekommen sei oder noch kommen solle. Das wiederum habe zur Folge, dass 57 % meinten, dass die momentane ärztliche Personalsituation in ihrer Abteilung für eine gute Patientenversorgung nicht ausreiche. Die Belastung des Personals werde deutlich, wenn die Befragten zu 40 % sagten, dass sie die Arbeitszeitgesetze selten bis überhaupt nicht einhalten könnten. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Herzinfarktforschung (IHF) in Ludwigshafen wurden über 2 000 leitende Ärztinnen und Ärzte und Oberärztinnen und -ärzte online befragt. 540 Mediziner haben sich den Fragen gestellt. „Statt wie ständig vorzugeben, die Versorgung und die Qualität in den Krankenhäusern verbessern zu wollen, gefährdet Minister Lauterbach eben diese, indem er seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt. Man darf ihm inzwischen wohl unterstellen, dass das gezielt auf eine kalte Strukturbereinigung der Kliniklandschaft hinaus laufen soll, ganz im Gegenteil zu all seinen Beteuerungen“, erklärt PD Dr. Michael A. Weber, VLK Präsident. „Ein Handeln ist dringend erforderlich, damit wir keinen Versorgungsengpass provozieren. Schon jetzt sind zahlreiche Betten in den bestehenden Kliniken wegen Personalmangel gesperrt, hier kann eine weitere Personalreduktion nur zu Versorgungsengpässen führen.“

Marburger Bund: Versorgungssicherheit braucht Planung

Zum Protesttag der Krankenhäuser erklärte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes: „Wenn Krankenhäuser ums finanzielle Überleben kämpfen, kann man nicht einfach die Hände in den Schoß legen und tatenlos zusehen, wie bedarfsnotwendige Strukturen verloren gehen. Strukturveränderungen müssen das Ergebnis von Krankenhausplanung in den Ländern sein und nicht Zufallsprodukt einer ungesteuerten Marktbereinigung. Wir können es uns einfach nicht leisten, dass Krankenhäuser vom Netz gehen, die für die Sicherstellung der Versorgung gebraucht werden. Krankenhäuser, das Personal und vor allem die Patienten brauchen Planungssicherheit – diese Maxime muss Richtschnur für alle Reformen sein, die auf den Weg gebracht werden.“

Verdi warnte vor Arbeitslosigkeit und forderte kurzfristige Finanzhilfen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) unterstützte ebenfalls den Klinikprotest „Stoppt das Krankenhaussterben“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft. „Gemeinsam mit den Kliniken schlagen wir Alarm. Krankenhäuser in wirtschaftlicher Schieflage brauchen sofort zweckgebundene Hilfen zur Finanzierung steigender Preise und Personalkosten“, erklärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Tausende von Arbeitsplätzen stehen auf dem Spiel. Das müssen Bund und Länder verhindern. Kein Krankenhaus, das für die Versorgung gebraucht wird, darf geschlossen werden. Krankenhäuser müssen sich nicht rechnen. Ihre Aufgabe ist es alleine, kranke Menschen gut zu versorgen.“ krü/tak