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Politik

Mehr Qualität und weniger Bürokratie im Krankenhaus


Foto: shutterstock

Unter dem Titel „Weiterentwicklung der Qualitätssicherung, des Qualitäts- und des klinischen Risikomanagements. Mehr Qualität – weniger Bürokratie“ legt die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in ihrer siebten Stellungnahme Empfehlungen vor, wie Bürokratie abgebaut und Qualität durch neue – und die Weiterentwicklung bestehender –Instrumente der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements gefördert werden soll. „Durch eine klare, bundeseinheitliche Zuweisung von Leistungsgruppen mit Mindestqualitätsvoraussetzungen entstehen für die vorgeschlagenen Level Versorgungsstufen, die zu mehr Qualitätstransparenz für die Bevölkerung führen“, heißt es in der siebten Stellungnahme der Regierungskommission.

„Die Empfehlung der Regierungskommission betont ein Kernanliegen der Bundesregierung: die Qualität der Versorgung zu verbessern. Dass bessere Qualität nicht notwendigerweise mehr Bürokratie bedeuten muss, ist ein wichtiger Ansatz, den wir im Regierungshandeln verfolgen werden“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

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Die siebte Stellungnahme der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung: die Empfehlungen im Einzelnen

•             Überprüfung aller bisherigen Instrumente der Qualitätssicherung.

•             Oberstes Gebot für Nachweise sollte weniger Bürokratie und Praxistauglichkeit sein.

•             Wo immer möglich sollen vorhandene Daten zum Beispiel aus Abrechnungs- oder Sozialdaten sowie Krankenhausinformationssystemen genutzt werden.

•             Stabil unauffällige Einrichtungen sollten erst nach drei Jahren wieder überprüft werden.

•             Qualitätsindikatoren sollten möglichst auf Empfehlungen von S3 Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften beruhen.

•             Vorhandene Zertifikate, die wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, sollten nicht mehr finanziert bzw. von Krankenhäusern nicht erworben werden. Das IQTIG soll Kriterien für die Bewertung von Zertifikaten erarbeiten.

•             Auch für nichtärztliche Behandlungsarten (Qualität der Leistungen der Pflege u.a. Gesundheitsberufe) sollen Standards entwickelt werden.

•             Gesundheitseinrichtungen, die so genannte Indikationsboards etablieren, sollen dafür mit einer qualitätsabhängigen Vergütung belohnt werden.

•             Berücksichtigt werden sollen nicht nur klinische Daten, sondern auch die Patientenperspektive: Daten aus Patientenbefragungen zu Outcomes (PROMs) und Prozessen (PREMs) sollen daher zur Qualitätsbewertung herangezogen werden, für alle Krankenhäuser verbindlich sein und Bestandteil der qualitätsabhängigen Vergütung werden.

•             Die Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Sektor sollte angeglichen werden. Auch die Vorgehensweisen in den Bundesländern sollten harmonisiert werden.

•             Einführung eines (freiwilligen) Zertifikats für Krankenhäuser, die sich mit Gesundheitseinrichtungen aus der Region vernetzen und eng zusammenarbeiten. Damit verbunden: Aufstockung des Vorhaltebudgets um bis zu 2 %.

•             Weiterentwicklung des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements (QM-RL) zu einem klaren Anforderungskatalog. Bei erfolgreicher (freiwilliger) Auditierung sollten Krankenhäuser ihr Vorhaltebudget um bis zu 2 % aufstocken können.

•             Wer mit Methoden des „Shared Decision Making“ arbeitet – einer Form der Kommunikation, in der sich Arzt und Patient auf Augenhöhe begegnen und Informationen für Laien verständlich vermittelt werden – soll ebenfalls mit einer qualitätsabhängigen Vergütung belohnt werden.

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DKG: Chance zur echten Weiterentwicklung von Qualitätssicherung und -management

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) teilt die in den aktuellen Empfehlungen der Regierungskommission anklingende Unzufriedenheit mit dem derzeitigen System der gesetzlichen Qualitätssicherung: Überregulierung bis ins kleinste Detail, Doppeldokumentationen und Parallelkontrollen, ineffiziente und nebenwirkungsbehaftete Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Bürokratie und die Suche nach Fehlern und Defiziten, drohende Sanktionen sowie die Zweckentfremdung zur „kalten Krankenhausstrukturbereinigung“ hätten seit Langem negative Auswirkungen für die Krankenhäuser und die Patientenversorgung, heißt es in einer Pressemitteilung der DKG: „Die Vorschläge der Regierungskommission sind fundiert und eine gute Grundlage für eine echte Weiterentwicklung und Verbesserung der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements. Für uns ist es das wesentliche Ziel, den tatsächlichen Nutzen der Qualitätssicherung für die Patientenbehandlung in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zu stellen“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG.

Absolut richtig sei, die Notwendigkeit der Evidenzbasierung aller Qualitätssicherungsmaßnahmen zu betonen. Auch den verstärkten Einbezug der Patientenperspektive und die Überprüfung sämtlicher vorhandener Qualitätssicherungsinstrumente auf ihre Sinnhaftigkeit im Rahmen der anstehenden Krankenhausstrukturreform. Hier gilt es vor allem auch Instrumente wie Mindestmengen und planungsrelevante Qualitätsindikatoren kritisch zu bewerten, die dringende Notwendigkeit eines flexiblen Personaleinsatzes zu betonen, bürokratische Aufwände zu verringern und Datensparsamkeit als grundlegendes Prinzip sowie die Harmonisierung und Vereinfachung der Regelungen zu verankern.

Auch die Vorschläge beispielsweise zur breiteren Anwendung von Instrumenten des Qualitätsmanagements und des Konzepts von Zertifizierungen werden von der DKG begrüßt. Die Regierungskommission hebe die Bedeutung der fachlichen Bewertung durch Experten im Dialog mit den Krankenhäusern hervor. Auch die vertiefte Ursachenanalyse durch Audits auf Systemebene und die Wichtigkeit einer umfassenden sektorenübergreifenden Qualitätssicherung, die den ambulanten Bereich konsequent einschließt, entsprechen langjährigen Forderungen der Krankenhäuser.

„Die Vorschläge der Regierungskommission zur Weiterentwicklung vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) in Bezug auf ihre Rollen und Aufgaben in der Qualitätssicherung müssen zunächst geprüft werden. Es ist unabdingbar solche Veränderungen in einem breiten Diskurs zu erörtern. Wichtig und für uns zentral ist, dass die Länder an dieser Weiterentwicklung beteiligt werden, denn die zukünftige Qualitätssicherung hat erhebliche Auswirkungen auch auf die Krankenhausplanung“, so Dr. Gerald Gaß.

Gleichwohl habe die Stellungnahme der Regierungskommission auch Schwächen. Die Idee der Level oder Versorgungsstufen ziehe sich durch die Vorschläge, und dies, obwohl Bund und Länder sich in den Gesprächen zur Krankenhausreform geeinigt hätten, dass diese keinen Eingang in die Krankenhausplanung finden werden. „An einigen Stellen wiederholt die Regierungskommission leider auch Fehler der Vergangenheit und will Qualitätssicherungsinstrumente für fremde Zwecke (Regulation, Krankenhausplanung) verwenden. Und schlussendlich kommt es eben auch auf die Umsetzung an. So ist die angelegte Trennung zwischen Mindeststrukturvoraussetzungen für die Krankenhausplanung anhand von Leistungsgruppen auf der einen Seite und weiterer Anforderungen und Instrumente zur kontinuierlichen Qualitätssicherung und -verbesserung auf der anderen Seite sehr begrüßenswert, muss jedoch konsequent zu Ende geführt werden. Jetzt geht es darum, die zusammenzufassen und in ein umsetzbares kohärentes System der Qualitätssicherung und -verbesserung zu überführen. Für diesen nun dringend notwendigen Prozess stehen die Krankenhäuser gerne zum konstruktiven Dialog bereit“, erklärte Dr. Gerald Gaß.

Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Mitglied der Regierungskommission und Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement sowie Leiterin des Bereichs für Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement der Sana Kliniken AG, sagte anlässlich der Veröffentlichung der Stellungnahme: „Qualität fängt bereits bei der Indikationsstellung an. Hier haben wir noch wenige valide Informationen über das Versorgungsgeschehen. Wissenschaftliche Leitlinien sollten dazu routinemäßig Hinweise geben. Ihre Weiterentwicklung in diese Richtung sollte gefördert werden. Auch mit Peer Reviews – der rückschauenden, gegenseitigen Beratung unter Experten – und Indikationsboards, in denen prospektiv und interdisziplinär über geeignete Behandlungsstrategien beraten wird, könnten hier Verbesserungen erzielt werden.“

Prof. Jochen Schmitt, Mitglied der Regierungskommission und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am Universitätsklinikum Dresden: „Eine hohe Versorgungsqualität und Patientensicherheit sind primäre Ziele unseres Gesundheitssystems. Hier befinden wir uns aber trotz viel Bürokratie fast noch im Blindflug. Entscheidende Schlüssel für bessere Qualitätstransparenz für Bürgerinnen und Bürger bei gleichzeitig verhältnismäßigem Dokumentationsaufwand in Kliniken und Praxen sind die digitale Transformation im Gesundheitswesen und ein ermöglichender Datenschutz. Dies stärkt die Patientensicherheit und schafft ein lernendes Gesundheitssystem.“ krü