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Politik

Krankenhäuser fordern Kurswechsel


DKG-Positionen für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags

Ausbau regionaler Netzwerke mit mehr ambulanten Strukturen in Krankenhäusern, Beteiligung des Bundes an der Investitionsfinanzierung, Vorhaltefinanzierung – dies sind Kernforderungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die in einem Positionspapier zur Bundestagswahl im September 2021 und für die kommende Legislaturperiode Reformbausteine entworfen hat. Mit dem Positionspapier wollen die Krankenhäuser einen maßgeblichen Beitrag zu den Diskussionen für die Weiterentwicklung des stationären Bereichs, aber auch der gesamten Gesundheitsversorgung in Deutschland leisten. „Wir brauchen ordnungspolitische Weichenstellungen für eine moderne medizinische und pflegerische Versorgung. Denn wie bedeutend die gesundheitliche Daseinsvorsorge ist, war den Menschen wohl noch nie so bewusst wie in den vergangenen Monaten“, so der Vorstandsvorsitzende der DKG Dr. Gerald Gaß im Rahmen der Vorstellung der DKG-Positionen am 16. April 2021.

Die Corona-Pandemie unterstreiche den Stellenwert der Krankenhäuser und zeige, wie wichtig eine hochwertige und flächendeckende Versorgung durch die Kliniken sei. „Zugleich erkennen wir aber auch den dringenden Reformbedarf, der sich über viele Jahre hinweg aufgestaut hat“, so Gaß weiter.

„Der kalte Strukturwandel der vergangenen Jahre muss ein Ende haben“, unterstreicht der DKG-Vorstandsvorsitzende. Bund und Länder müssen ihre politische Verantwortung für die geordnete Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen aktiv wahrnehmen. Die DKG sei bereit, Veränderungen bei den Krankenhausstrukturen mit dem Ziel einer qualitätsvollen und sektorenübergreifenden Patientenbehandlung mitzugestalten. Es gelte, die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten spürbar zu verbessern und die Behandlungsmöglichkeiten für die Patienten zu sichern.

Regionale Versorgungsnetzwerke als zentrales Leitbild

„Im Dialog mit den für die Krankenhausplanung zuständigen Bundesländern wollen wir die Krankenhausstrukturen in den Regionen bedarfsgerecht und damit auch sektorübergreifend weiterentwickeln“, so Gaß. Regionale Versorgungsnetzwerke, in denen die Krankenhäuser über Versorgungsstufen hinweg partnerschaftlich zusammenarbeiten, sicherten qualitativ hochwertig und wohnortnah die Patientenbehandlung. Krankenhäuser sollen dabei zu Standorten akutstationärer und stationsersetzender Leistungserbringung werden, die auch komplexe ambulante Behandlungen umfasst. „Wir müssen gerade im ländlichen Raum ambulante und stationäre Versorgung zusammendenken und zusammenführen. Nur so werden wir dem zunehmenden Ärztemangel im niedergelassenen Bereich entgegenwirken können. Vor dem Anspruch, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu garantieren, ist dies zur Sicherung der Daseinsvorsorge in der Gesundheitsversorgung unerlässlich“, erklärte Gaß.

Die politische Letztverantwortung für eine flächendeckende, wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung müsse auch in Zukunft bei den Ländern liegen.

Höchste Priorität für Qualität und Patientensicherheit – unabhängige und neutrale Qualitätskontrolle

Gaß betonte die Bedeutung von Qualität und Patientensicherheit als Maßstab für weiterentwickelte Strukturen. Die Krankenhäuser setzen die gesetzlichen Qualitätsvorgaben um und engagieren sich auf freiwilliger Basis in einer Vielzahl weiterer Qualitätsinitiativen, hätten Fehlermeldesysteme entwickelt und wirkten mit großem Engagement an Initiativen wie den Aktionen „Saubere Hände“ oder „Keine Keime“ mit. Die umfassende Qualitätsberichterstattung der Krankenhäuser sorge für Transparenz in Bezug auf die Qualität der Krankenhausversorgung in einem Ausmaß wie in keinem anderen Bereich des deutschen Gesundheitswesens. Das hohe Niveau der Qualität und Patientensicherheit in den Krankenhäusern belegten die vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) jährlich veröffentlichten Qualitätsergebnisse. Defizite würden in den Kliniken stets aufgearbeitet und behoben.

Der Stand der Qualitätssicherung in den Krankenhäusern sei weit fortgeschritten, viele Ziele inzwischen erreicht. Gleichzeitig hätten sich die gesetzlichen Vorgaben erheblich verändert und erschwerten die Umsetzung durch Überbürokratisierung. Der zunehmende Fokus des Gesetzgebers und des G-BA auf Sanktionierung widerspricht dem Sinn und Zweck der Qualitätssicherung. Qualitätssicherung müsse wieder als Qualitätsverbesserungssystem verstanden werden.

Vor der Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen müsse immer eine Folgenabschätzung für die Versorgung erfolgen, so die Forderung der DKG. Dabei müssten die bürokratischen Lasten gegen den möglichen Nutzen abgewogen werden. Die Begrenzung auf Stichprobenerhebungen muss vorrangiges Ziel sein. Zudem sind alle Qualitätssicherungsmaßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit und auf unerwünschte Folgen zu überprüfen und ggf. anzupassen.

Auch zu Mindestmengen bei hochkomplexen Leistungen bekannte sich Gaß: Sie seien bei entsprechender Studienlage Bestandteil der Qualitätssicherung. „Sie dürfen aber kein Instrument der Strukturbereinigung oder zur Disziplinierung der Krankenhäuser sein“, mahnte Gaß. Ein wesentlicher, ebenfalls zu beachtender Maßstab für qualitätsvolle Krankenhausstrukturen sei auch die Versorgungssicherheit.

Externe unabhängige Qualitätskontrollen seien Teil eines transparenten Qualitätssicherungssystems. Qualitätskontrollen seien aber einer unabhängigen und neutralen Institution zu übertragen und von anderen Prüfungen, insbesondere Abrechnungsprüfungen, strikt zu trennen. Der Medizinische Dienst ist für Qualitätskontrollen ungeeignet, so die DKG in den Positionen.

Arbeits- und Ausbildungsbedingungen verbessern

Für die Krankenhäuser steht außer Frage, dass ein Fokus der Krankenhauspolitik auf der Bekämpfung des Fachkräftemangels liegen muss. „Die Pandemie hat deutlich aufgezeigt, dass das Nadelöhr immer das Personal ist und ohne Personal nichts geht. Wir brauchen eine bedarfsgerechte Personalausstattung und attraktive Arbeitsplätze. Die Personalgewinnung, auch im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftszweigen, wird im Vordergrund stehen“, so Gaß. Dazu braucht es ein attraktives und abwechslungsreiches Arbeitsumfeld und gute Karrierechancen. „Wir müssen unser Personal von Bürokratie entlasten und damit Zeit für die Patientenversorgung gewinnen. Zudem muss es Krankenhäusern möglich sein, Personal flexibel einzusetzen. Gleichzeitig müssen die Beschäftigten sicher sein, dass sie über eine ausreichende und bedarfsgerechte Zahl von Kolleginnen und Kollegen verfügen. Und nicht zuletzt brauchen wir eine auskömmliche, wettbewerbsgerechte Bezahlung des Personals. Das muss schon während der Ausbildung der Fall sein. Dazu müssen aber auch die Finanzmittel den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden, das heißt, die Tarife in allen Berufsgruppen müssen vollständig refinanziert werden“, erklärte der Vorstandsvorsitzende.

Auch sollten zusätzliche Ausbildungsstellen inklusive ergänzender Akademisierung geschaffen werden. Derzeit bilden die Kliniken in Deutschland pro Jahr 85 000 Menschen aus – „Für das gesamte Gesundheitswesen“, betonte Gaß.

Reform der Finanzierung

Die Finanzierung der Krankenhäuser müsse auf sichere Füße gestellt werden. Dazu braucht es eine auskömmliche, nachhaltige Investitionsfinanzierung und Anpassungen im DRG-System. Der kalte Strukturwandel und die damit verbundenen Insolvenzen haben gezeigt, dass das aktuelle Finanzierungssystem seiner Aufgabe nicht mehr gerecht wird, die gesundheitliche Daseinsvorsorge zu sichern. Bei der Investitionsfinanzierung müssen die Länder ihren Aufgaben endlich nachkommen. Gleichzeitig soll der Bund durch Sonderprogramme die Investitionskostenfinanzierung unterstützen. Ein zukunftsfähiges Vergütungssystem müsse die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Versorgungsangeboten stärker als bisher berücksichtigen.

Gaß bekannte sich ausdrücklich zum DRG-System: „Wir wollen es nicht überwinden, sondern weiterentwickeln“, so der DKG-Vorstandsvorsitzende. Das Fallpauschalensystem für akutstationäre Leistungen soll ergänzt werden um eine angemessene Finanzierung der Vorhaltekosten für besonders versorgungsrelevante Vorhaltungen. Dies betrifft insbesondere die Sicherstellung der Versorgung in ländlichen Regionen, spezielle Leistungsangebote mit überregionaler Bedeutung, die Vorhaltung von Notfallversorgung und die infolge der Corona-Pandemie zu diskutierende Frage von „Reservekapazitäten“. Die ambulanten Leistungen der Krankenhäuser, insbesondere das ambulante Operieren, sollen entsprechend ihrer Komplexität und den dahinterliegenden Kostenstrukturen vergütet werden.

Unabdingbar sei es, auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. „Wir appellieren deshalb an den Gesetzgeber, zeitnah wesentliche Vorkehrungen zu treffen. Darunter fallen Landesreserven für Schutzausrüstung genauso wie ein aktueller erregerunabhängiger Landes-Pandemieplan unter Beteiligung der Krankenhäuser“, so Gaß.

Die Potenziale der Digitalisierung sollen genutzt werden, um den Fachkräftemangel abzufedern und qualitativ hochwertige Versorgung flächendeckend nutzbar zu machen.

Forderungen der Krankenhäuser

•    weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten

•    bessere Rahmenbedingungen für attraktive Arbeitsplätze

•    Qualitätssicherungsmaßnahmen, die den Patientinnen und Patienten dienen

•    verlässliche Rahmenbedingungen für die Erbringung ambulanter Leistungen

•    Vergütungssysteme, die die stationäre und ambulante Krankenhausversorgung umfassen

•    eine gesicherte Refinanzierung der Tariflohnsteigerungen

•    eine nachhaltige Investitionsfinanzierung

•    eine beschleunigte Digitalisierung

Die DKG-Positionen für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags stehen unter https://www.dkgev.de/dkg/positionen/ auch als Download zur Verfügung. krü