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Editorial

Vorfahrt für die klinisch-ambulante Versorgung


Das Präsidium der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat sich in den letzten Wochen sehr ausführlich mit den Reformthemen beschäftigt, die von der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag aufgerufen werden. Wir haben aber auch ein Themenfeld identifiziert, bei dem wir der Politik ein wirklich weitreichendes Angebot machen können. Ein Reformansatz, der in vielerlei Hinsicht die Arbeit in den Krankenhäusern verbessern würde und den Patienten einen echten Fortschritt bei der Gesundheitsversorgung bringt.

Es geht dabei um die teilweise Ambulantisierung bisher vollstationärer Behandlungen. Deutschland bleibt bisher weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, wenn es darum geht, ambulante Versorgung auch bei komplexeren Krankheitsbildern an den Krankenhäusern anzubieten. Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass bei entsprechenden Rahmenbedingungen durch die an den Krankenhäusern vorhandene medizinische Infrastruktur und das dort tätige interdisziplinäre Fachpersonal im günstigsten Fall bis zu 20 % bisher vollstationärer Behandlungsleistungen auch klinisch-ambulant erbracht werden können.

Wenn es uns gelingt, die dafür notwendigen ambulanten Behandlungsstrukturen an den Krankenhäusern aufzubauen, können wir mehrere gesundheitspolitische Ziele erreichen, die den Beschäftigten in den Krankenhäusern ebenso dienen wie den Patienten.

Unser Konzept ist realistisch umsetzbar und enthält Elemente, die auch einen Konsens mit den wesentlichen Akteuren im Gesundheitswesen möglich machen.

Auf Basis des IGES-Gutachtens kann ein Katalog an stationsersetzenden Leistungen definiert werden, bei dem die Krankenhäuser zukünftig nach medizinischen Aspekten selbst entscheiden, ob sie diese Leistung klinisch-ambulant oder stationär erbringen. Diese Behandlungen müssen durch entsprechende Strukturvorgaben als Vorbehaltsaufgabe für die Krankenhäuser definiert werden.

Die Krankenkassen finanzieren diese Leistungen einheitlich, unabhängig davon, ob ein Krankenhaus diese klinisch-ambulant oder stationär erbringt, zunächst weiterhin auf Basis der bisher dafür kalkulierten Fallpauschale (Hybrid-DRG). Diese Finanzierung setzt einen Anreiz für jeden einzelnen Standort, diese stationsersetzenden Leistungen auch tatsächlich zu realisieren. Parallel dazu kann die Kalkulation von Hybrid-DRGs starten, die dann perspektivisch als Finanzierungsgrundlage gelten würden. Dieser Vorschlag würde keine Mehrkosten für die Krankenkassen bedeuten.

Von den Ländern erwarten wir, dass sie sich an der Gestaltung dieser Zukunftsaufgabe mit angemessenen Investitionsmitteln beteiligen, die gezielt diese neuen ambulanten Strukturen an den Krankenhäusern fördern.

Die Ambulantisierung bisher vollstationärer Leistungen am Krankenhaus greift nicht in das Behandlungsgeschehen der kassenärztlichen Vereinigungen ein. Wir sehen daher auch kein Konfliktpotenzial an der Grenze zwischen stationärer und ambulanter Leistungserbringung. Die niedergelassenen Ärzte können aber auf der Basis von Kooperationsverträgen beteiligt werden.

Mit einem solchen Konzept erreichen wir mehrere Ziele, die als zentrale Problembereiche identifiziert sind:

Wir bieten den Patienten ein neues Versorgungsgebiet an, bei dem komplexere Behandlungen qualitätsgesichert auf dem Niveau eines Krankenhauses erbracht und dennoch stationäre Aufenthalte vermieden werden.

Im Bereich der klinischen ambulanten Versorgung werden weniger Pflegekräfte benötigt. Diese können stärker auf die verbliebenen stationären Fälle konzentriert werden. Das Pflegepersonal würde entlasten, der Fachkräftemangel reduziert.

Das Konfliktpotenzial mit den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst um die Frage ambulanter oder stationärer Behandlung würde erheblich reduziert.

Wir öffnen die Krankenhäuser mit ihrer hochwertigen medizintechnischen Infrastruktur für die intensivere Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und bauen damit die Barrieren zwischen den Sektoren spürbar ab.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit allen ihren Mitgliedsverbänden hat mit diesem weitreichenden Konzept erneut unter Beweis gestellt, dass wir bereit sind zu Veränderungen, die im Interesse der Patienten und der Beschäftigten liegen.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß