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Editorial

Sommerpause, adé


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG). Foto: Lopata

Normalerweise bieten die Sommermonate auch den Führungskräften in den Krankenhäusern die Gelegenheit, einen Gang zurückzuschalten, Dinge zu erledigen, die liegen geblieben sind - und die Chance, ein wenig Abstand zu gewinnen von ihrer anspruchsvollen Aufgabe, um sich auf die verbleibenden Monate des Jahres vorzubereiten.

Das ist seit einigen Jahren anders. Zuerst war es die Pandemie, die uns bis 2022 fortwährend beschäftigt hat, jetzt ist es die wirtschaftlich schwierige Lage der Standorte und die damit verbundenen Konsolidierungsmaßnahmen. Auch in diesem Jahr dürften die meisten Verantwortlichen in den Krankenhäusern sehnsüchtig auf eine Ruhepause warten. Die wirtschaftliche Lage hat sich für die meisten Kliniken nicht verbessert und auch die Unsicherheit mit Blick auf die Zukunftsplanung ist angesichts der nach wie vor unvollendeten Gesetzgebung erheblich. Standortentwicklung auf der Basis gesicherter Perspektiven sind für die meisten Krankenhäuser kaum machbar. Es dominieren kurzfristige Sicherungsmaßnahmen, die immer wieder nachjustiert und korrigiert werden müssen.

Mehrere Wochen aus dem Alltagsgeschäft auszusteigen ist dadurch aktuell fast unmöglich geworden. Zusätzlich erschweren jetzt auch noch die Konsequenzen aus dem Krankenhaustransparenzgesetz die Arbeit der Führungskräfte. Neue, kleinteilige Dokumentationsanforderungen im Hinblick auf die ärztliche Besetzung mit extrem kurzen Fristen und Sanktionsandrohungen werden für Lauterbachs Klinik-Atlas erforderlich. Dieses Portal, das Mitte Mai 2024 veröffentlicht wurde, ist nicht nur überflüssig, sondern ein deutlicher Rückschritt im Hinblick auf die Information der Bürgerinnen und Bürger über das Leistungsgeschehen in den Krankenhäusern.

So titelt die Bild-Zeitung, der frühere Arbeitgeber des Pressesprechers von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, wenige Tage nach Veröffentlichung seines Klinik-Atlas auf der Titelseite: „Das sind die besten Kliniken“. Als Maßstab für das zu einigen Indikationen aufgeführte Klinik-Ranking zählten allein die Fallzahlen der durchgeführten Behandlungen. Sämtliche Qualitätsindikatoren und deren Erfüllung, wie sie in unserem deutschen Krankenhausverzeichnis seit Langem nachzulesen sind, spielen überhaupt keine Rolle. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn diese Qualitätsindikatoren sind im Klinik-Atlas von Karl Lauterbach überhaupt nicht vorhanden. Die einzigen Daten, mit denen die Bürgerinnen und Bürger bei der dortigen Kliniksuche rechnen dürfen, sind Fallzahlen und der bereits bekannte fragwürdige Pflegekoeffizient, symbolisiert anhand von Tachonadel. Wahrscheinlich hätte sich kein unabhängiges Institut getraut, ein so schlechtes Produkt im Wettbewerb mit anderen bereits vorhandenen Krankenhausverzeichnissen zu veröffentlichen. Karl Lauterbach tut das, und die Medienlandschaft applaudiert sogar ganz überwiegend. Krankenhauspolitik scheint ein schwieriges Metier zu sein, bei dem die Journalisten ganz offensichtlich große Probleme haben, sich eine unabhängige, fachliche Meinung zu bilden.

In Lauterbachs Klinik-Atlas sind auch Notfallstufen und Zertifikate der Krankenhäuser hinterlegt. Insbesondere die veröffentlichten Zertifikate folgen keinem wissenschaftlich validierten Prinzip, sondern sind handverlesen ausgesucht. Nun müssen die Verantwortlichen in den Krankenhäusern versuchen, die oftmals falsche Zuordnung von Notfallstufen und Zertifikaten durch Beschwerden im Bundesgesundheitsministerium zu korrigieren. Das dürfte wiederum sehr aufwendig sein und sicher auch nicht kurzfristig zum Erfolg führen. Aber anders als den Führungskräften im Krankenhaus droht Karl Lauterbach keine persönliche Sanktion für Falschinformationen und unkorrekte Daten. Auch dieser Sommer dürfte unruhig werden. Ich wünsche Ihnen dennoch die Gelegenheit in ihrem wohlverdienten Urlaub ein wenig abzuschalten.