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Editorial

Rettungsschirm 21

Der Termin für die Bundestagswahlen steht. Am 26. September 2021 wird gewählt. Größere Vorhaben aus dem Koalitionsprogramm dürften nicht mehr realisierbar sein. Was nicht bis Ostern den Bundestag erreicht, hat bei regelhaften parlamentarischen Abläufen keine Chance mehr. Die Reform der ambulanten Notfallversorgung und die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung dürften davon betroffen sein. Das ist kein Managementversagen der Politik. Covid hält den gesamten politischen Prozess seit Frühjahr in Atem – und das wird über die nächsten Monate anhalten.

Für die Krankenhäuser startet das neue Jahr mit Unsicherheiten und Sorgen. Wesentliche Komponenten des Rettungsschirms fallen weg. Die Mehrkostenerstattungen für Schutzkleidung müssen in diesem Jahr hausindividuell erstritten werden. Die MDK-Prüfquote steigt von 5 % auf 12,5 %. Als hätten die Krankenhäuser nichts Wichtigeres zu tun, als zeitaufwendige Rechtfertigungen zu erarbeiten. Absolut unverständlich ist, dass die Pflegeuntergrenzen auf die großen Bereiche Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie ausgeweitet werden. Vom 1. Februar an haben 25 % der ca. 5 000 neu einbezogenen Abteilungen gesetzlich verfügte Unterbesetzungen in der Größenordnung von 10 000 Pflegekräften. Bekanntlich bildet die Pflegebesetzung des letzten Viertels (Perzentils) der in der InEK-Auswertung erfassten Krankenhäuser die rechnerische Trennlinie von „gut und schlecht“. Wie sich die Versorgung der Patienten tatsächlich darstellt – Krankheitsbilder, Patientenmerkmale und Personalmix – wird nicht berücksichtigt. Diese Schwäche des empirischen Ansatzes in Kombination mit dem sehr restriktiven Perzentilansatz ist schon zu Normalzeiten problematisch. Unter der Corona-Last ist das im wahrsten Sinne des Wortes rücksichtslos. Nicht auszudenken, wenn nun alle zu Unterbesetzern erklärten Krankenhäuser versuchen würden, Pflegekräfte aus anderen Krankenhäusern, wo sie vielleicht dringlicher für die Patientenversorgung gebraucht werden, auf sich zu ziehen. Deshalb war es richtig, die Pflegeuntergrenzen wegen Covid in 2020 bei allen Krankenhäusern auszusetzen – es bleibt weiter dringend notwendig.

Die derzeitige Teilaussetzung nur bei den Krankenhäusern, die von den eng gefassten Freihaltepauschalen erfasst sind, greift viel zu kurz. Die PpUG-Aussetzung 2021 ist ein Muss.

Dass im Januar 2021 noch keine 10 % der Krankenhäuser einen Budgetabschluss für 2020 haben, verstärkt die ohnehin große wirtschaftliche Unsicherheit. Die erstmalige Trennung von DRG- und Pflegebudget sachgerecht und fair mit den Kostenträgern zu vereinbaren, ist hochgradig streitanfällig und führt zu vielen Schiedsstellenverfahren. Die kurz vor Weihnachten zustande gekommene gemeinsame Empfehlung mit den Kostenträgern zu strittigen Abgrenzungsfragen der Pflege am Bett wird hier hoffentlich Abhilfe schaffen.

Mit der ebenfalls noch kurz vor Weihnachten vereinbarten Quote für den Ganzjahresmindererlösausgleich in Höhe von 85 % wird eine wesentliche Komponente des Rettungsschirms 2020 festgelegt. Es ist ein Kompromiss, der zumindest im Vergleich zu den stationären Erlösen für 2019 Verluste weitgehend zu vermeiden ermöglicht. Entscheidend für die wirtschaftliche Bilanzierung des ersten Covid-Jahres ist letztlich der ganzjährige Erlös/Kostenvergleich über alle Leistungsbereiche. Hier ist zu erwarten, dass das politische Versprechen zum Ausgleich Corona-bedingter Defizite nicht an allen Standorten erfüllt worden sein dürfte. Deshalb ist es wichtig, dass noch im Januar Klarheit über den Rettungsschirm für das Jahr 2021 geschaffen wird. Die Lage hat sich seit Verabschiedung des Bevölkerungsschutzgesetzes im November weiter stark zugespitzt. Die seinerzeit im Beirat gemeinsam entwickelten Maßnahmen reichen nicht mehr aus. Die Bindung der Freihaltepauschalen an Investitionsauslastungsgrade und Notfallstufen macht angesichts der Allgegenwärtigkeit der Corona-Last in den Krankenhäusern keinen Sinn mehr. Alle Krankenhäuser laufen in große Liquiditätsprobleme. Das Netz aus Freihaltepauschalen, Ganzjahresmindererlösausgleich und auskömmlichen Mehrkostenpauschalen bildet eine gute Grundlage für den Rettungsschirm 21. Dabei ist zu akzeptieren, dass die Freihaltepauschalen in den Ganzjahresausgleich einzubringen sind. Es geht um die Liquiditätssicherung und damit ist Eile geboten. Die rechtliche Grundlage für den Rettungsschirm 21 muss noch im Januar geschlossen werden.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum