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Editorial

Pandemie 5.0: Wie geht es danach weiter?

Und täglich grüßt das Murmeltier, die vierte Welle der Coronapandemie ist noch nicht wirklich abgeebt, da steht schon die nächste Herausforderung vor der Tür. Eine fünfte Welle mit erneut vielen Covid-19-Patienten wird sich wohl trotz aller Bemühungen auch der Politik nicht vermeiden lassen. Ohne Zweifel ist es gut, dass noch vor Weihnachten die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung weitere präventive Maßnahmen zur Einschränkung der Infektionszahlen auf den Weg gebracht haben. Wahr ist aber leider auch, dass diese Maßnahmen wohl nur das Schlimmste verhindern können. Der neue Virus Typ Omikron wird auch Deutschland nicht verschonen und uns in den Krankenhäusern vor eine erneute Belastungsprobe stellen. Mittlerweile müssen wir uns vermehrt Sorgen auch um die Zeit nach der Pandemie machen. Irgendwann wird sie doch hoffentlich vorbei sein. Was bleibt dann als dauerhafte Belastung in den Krankenhäusern übrig? Wie viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben bis zu diesem Tag entmutigt und erschöpft das Handtuch geworfen, sind aus der Elternzeit nicht zurückgekehrt oder haben ihren Ruhestand früher als geplant angetreten? Die letzten Befragungen des Deutschen Krankenhausinstituts haben gezeigt, dass der Pflegemangel vor allem auf den hochbelasteten Intensivstationen noch größer geworden ist, weil Mitarbeiter ausgeschieden sind.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass dies Menschen sind, die sehr bewusst und mit großem Engagement ihren Beruf ergriffen und viele Jahre mit Freude ausgeübt haben. Die Dauerbelastung der Pandemie war letztlich sicherlich mehr als nur ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Selbstverständlich dürfen wir jetzt auch nicht alles schwarzmalen, denn nach wie vor halten viele unserer Mitarbeiter den Kliniken die Treue und freuen sich auf bessere Zeiten. Zu diesen besseren Zeiten gehört aber nicht nur eine breit angelegte und wirksame Corona-Prämie schon zu Beginn des Jahres 2022, sondern ein wirkliches Umsteuern hin zu besseren Arbeitsbedingungen.

Als Deutsche Krankenhausgesellschaft haben wir uns das Ziel gesetzt, mit der Politik bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen für die Beschäftigten in den Krankenhäusern zu vereinbaren. Dazu gehört im Bereich der Pflege die schnelle Einführung einer umfassenden Personalbemessung, die ein verlässliches und positives Ziel für die Zukunft definieren soll. Auch wir wissen, dass wir damit kurzfristig keine zusätzlichen Pflegekräfte gewinnen können, aber die verlässliche Botschaft, dass es nachhaltig zu mehr Personal und einer angemessenen Personalausstattung kommen wird, ist ungeheuer wichtig, gerade für die Gewinnung von Nachwuchs in der Pflege. Eine weitere Baustelle ist die Überreglementierung und Bürokratie auf den Stationen. In diesem Jahr werden wir eine aktualisierte Studie vorlegen, wieviel der wertvollen Arbeitskraft unserer Pflegenden und Mediziner in oftmals unnütze und belastende Dokumentation und Bürokratie verschwendet wird. Neben besseren Arbeitsbedingungen für unsere Beschäftigten muss es vor allem darum gehen, Nachwuchs zu gewinnen. In den letzten Jahren gab es erfreuliche Zuwächse bei den Ausbildungszahlen, gleichzeitig aber auch vermehrt Abbrüche während der Ausbildung. Die Krankenpflegeschulen leiden ebenfalls am Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal. Es fehlt vielfach an moderner Infrastruktur und digitalen Lernkonzepten. Hier sind vor allem die Verantwortlichen vor Ort gefragt, mit hoher Priorität die Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Dort, wo es an der Finanzierung mangelt, werden wir uns auf der politischen Ebene für bessere Rahmenbedingungen einsetzen. Auch muss uns gelingen, die jungen Menschen dort abzuholen, wo sie sind, auch in den Regionen. Dezentrale Standorte von Krankenpflegeschulen, die möglicherweise auch gemeinsam von mehreren Krankenhausträgern organisiert werden, sind eine an vielen Standorten erfolgreiche Option, mehr junge Menschen an die Pflege heranzuführen.

Kurzfristig werden wir weder die Personalprobleme in der Pflege noch in anderen Gesundheitsfachberufen lösen können. Dafür braucht es einen langen Atem - aber vor allem glaubwürdige Botschaften und konkrete Maßnahmen, die den jungen Menschen zeigen, dass sich die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus verbessern und es sich lohnt, in diese Ausbildung einzusteigen.

Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)