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Editorial

Kreativer Protest gegen eine destruktive Politik

Am 20. September, dem bundesweiten Protesttag der Krankenhäuser, machten Mitarbeiter der Kliniken Deutschlands ihrem Ärger über den kalten Strukturwandel und ihrer Sorge um die Zukunft ihrer Häuser Luft. In sieben Städten haben wir kreative Proteste und Aktionen gegen die destruktive Politik des Bundesgesundheitsministeriums erlebt. Mehrere 10 000 Beschäftigte aus den Krankenhäusern zeigten auf Straßen und Plätzen, worum es geht: In vielen Regionen ist die Gesundheitsversorgung in Gefahr. Krankenhausschließungen und daraus resultierende Versorgungslücken betreffen die elementaren Anliegen und Erwartungen der Bevölkerung. Die zunehmende Unsicherheit über den Fortbestand der Klinik vor Ort beunruhigt die Menschen zusehends und lässt das Vertrauen in die Politik schwinden. In besonderer Weise sind dies derzeit auch die Städte und Landkreise, die in der Summe Milliardenbeträge zum Defizitausgleich für den Erhalt ihrer Krankenhausstrukturen aufbringen müssen. Geld, das dann für die eigentlichen Aufgaben der Kommunen im Bereich Schulen, Kindertagesstätten und weiterer sozialer und sonstiger kommunaler Aufgaben fehlt. Die destruktive Politik von Karl Lauterbach, der versucht, Krankenhausstrukturen über Insolvenzen zu bereinigen, führt so schon heute zu weiteren Kollateralschäden auch jenseits der Gesundheitsversorgung.

Zunehmend wird klar, dass das Mantra des Bundesgesundheitsministers, seine Krankenhausreform sei der Rettungsanker für die Kliniken im ländlichen Raum, eine Botschaft ohne Wert darstellt. Überall greift die Sorge um sich, dass wir gerade dabei sind, die Zukunft zu verspielen. Wegbrechende Strukturen und geschlossene Krankenhausstandorte lassen sich nicht einfach wiederbeleben, um sie dann als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zu nutzen. Wenn jetzt alle finanziellen Reserven der Krankenhäuser aufgebraucht werden, um Pleiten zu verhindern, und gleichzeitig auch noch hohe Kreditverpflichtungen eingegangen werden, bleibt kein finanzieller Handlungsspielraum für die Gestaltung der Zukunftsaufgaben an diesen Standorten.

Auch für die Fachkräftesicherung ist die aktuelle Situation fatal und wird sich für die Zukunft negativ auswirken. Erstmals seit langem haben wir in diesem Jahr sinkende Zahlen im Bereich der Pflegeausbildung. Junge Menschen überlegen sich sehr genau, ob sie sich für einen Beruf und eine Branche entscheiden, die von ihnen als unsicher wahrgenommen wird. Und nicht zuletzt steht der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel, wenn ein zentraler Pfeiler der Daseinsvorsorge nicht mehr selbstverständlich ist, und wenn Parteien am rechten Spektrum durch die Verunsicherung der Bevölkerung und den Vertrauensverlust in die Regierenden immer mehr Auftrieb erhalten. Die vielen tausend Mitarbeiter der Krankenhäuser, die an unserem Protesttag auf die Straße gegangen sind, haben deshalb nicht nur für ihren Arbeitsplatz und für den Erhalt ihres Krankenhauses demonstriert, sondern ein Zeichen der gesellschaftlichen Verantwortung gesetzt. Darauf dürfen wir stolz sein.

Die Erwartungen der Krankenhäuser an die Politik sind nicht überzogen. Schon gar nicht geht es darum, Profite von Krankenhausträgern zu befördern. Wir wollen schlicht in die Lage versetzt werden, die verdienten Tariferhöhungen für unsere Beschäftigten auch finanzieren zu können, eine gute Patientenversorgung ohne Personalabbau zu schaffen und die Krankenhausstandorte für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen.

Berichte zu den Protesten  und die Bilder tausender Teilnehmer zeigen, wie engagiert und kreativ für diese gute Sache gekämpft wird. Unser Protest richtet sich nicht gegen eine dringend notwendige Krankenhausstruktur- und Finanzierungsreform. Unser Protest richtet sich gegen eine destruktive Politik, die den Weg für eine Krankenhausreform über Insolvenzen ebnen möchte. Wir werden auch in den kommenden Wochen und Monaten weitermachen und uns lautstark Gehör verschaffen. Die gemeinsame Verantwortung für den Erhalt sicherer und wohnortnaher Gesundheitsversorgung im Interesse der Patienten und für zukunftssichere, attraktive Arbeitsplätze für unsere Beschäftigten lässt uns auch weiterhin eng zusammenstehen.

Gerald Gaß