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Editorial

Karl allein zu Haus


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG). Foto: Lopata

 

 

Auch wenn mittlerweile ein offizieller Referentenentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz vorliegt und der weitere parlamentarische Zeitplan erkennbar ist: Es gibt tatsächlich noch keine gesicherte Perspektive für dieses Gesetz. Bundesminister Karl Lauterbach ist das Kunststück gelungen, selbst die bisher kleinere Gruppe der ihm wohlgesinnten Bundesländer mit seinem kompromisslosen Vorgehen zu verärgern. Erneut tritt er in der Öffentlichkeit auf und diskreditiert die Länderkritik seines Gesetzesentwurfs mit dem Hinweis, dass dieser Entwurf alternativlos sei, um die Versorgungsqualität für die Patientinnen und Patienten zu steigern. Der von den Ländern einvernehmlich geforderte Gestaltungsspielraum für ihre regionale Krankenhausplanung sei unvereinbar, mit seinen Vorstellungen von guter Versorgungsqualität und deshalb nicht verhandelbar, so der Minister. Wer nicht für mich ist, ist gegen gute Qualität und schadet den Patienten. Ein Totschlagargument mit dem er seine Geisterfahrt durch die von ihm selbst ausgerufene Revolution fortsetzt. Tatsächlich entfernt sich Karl Lauterbach immer weiter von den Eckpunkten, die er im Juli des vergangenen Jahres unterzeichnet hat. Basis für alle krankenhausplanerischen Initiativen des Gesetzes sollte das Leistungsgruppenkonzept aus Nordrhein-Westfalen sein.

An drei zentralen Punkten verlässt Karl Lauterbach den Konsens mit den Ländern und das Konzept Nordrhein-Westfalen. Für alle Leistungsgruppen sollen Mindestfallzahlen eingeführt werden, die bei einem entsprechenden Unterschreiten zu einem Wegfall der Vorhaltefinanzierung führen. Die im NRW-Konzept gegebenen Kooperationsmöglichkeiten zur gemeinsamen Leistungserbringung verwandter Leistungsgruppen soll deutlich eingedampft werden. Die Vorgaben der Mindestvorhaltung bestimmter Facharztvollzeitäquivalente werden deutlich verschärft.

Diese Einschränkungen verbunden mit weiteren Themen würden den Gestaltungsspielraum der Bundesländer, Leistungsgruppen wirksam an einzelne Krankenhausstandorte zu zuweisen, drastisch reduzieren. Es besteht die berechtigte Sorge, dass dadurch in der Fläche erhebliche Versorgungslücken entstehen und zentrale Klinikstandorte baulich deutlich erweitert werden müssten. Selbst gut etablierte und qualitativ hochwertige Versorgungsangebote müssten zwangszentralisiert werden, nur weil die Vorgaben aus Berlin das so vorgeben.

Aber auch beim zweiten großen Reformteil, der Vorhaltefinanzierung ist nicht erkennbar, dass es zwischen Bund und Ländern einen Konsens gibt. Obwohl das vom Bund gewählte Instrument der leistungsgruppenbezogenen Vorhaltefinanzierung mit Fallzahlkorrekturen erwiesenermaßen wirkungslos ist und keinen Beitrag für die angestrebten Strukturziele bringt, zeigt sich auch hier der Bundesminister nicht verhandlungsbereit. Die Verknüpfung der Vorhaltefinanzierung mit den Leistungsgruppen dient eben genau auch dem Zentralisierungsgedanken des Ministers. Zu all dem verweigert der Bundesgesundheitsminister die wiederholt im Prozess angekündigte und zugesagte Auswirkungsanalyse vor der Verabschiedung des Gesetzes. Stattdessen soll bis zum 31. Dezember 2029 eine Evaluierung des dann bereits erfolgten Totalumbaus vorgelegt werden. Ob der Minister dann noch im Amt ist?

Zum Auftakt der jüngsten Bund-Länder-Gespräche haben alle 16 Bundesländer gemeinsam elf konkrete Kritikpunkte schriftlich eingereicht. Bis zum 30. April will man ebenfalls gemeinsam eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vorlegen. Angesichts dieses massiven Konflikts und des kollektiven Vertrauensverlustes von Karl Lauterbach bei seinen Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern ist überhaupt nicht absehbar, wie es hier noch in dieser Legislaturperiode zu einem einvernehmlich beschlossenen Gesetzentwurf kommen soll. Vorsorglich hatte Minister Lauterbach sein Gesetz ja schon als nicht zustimmungspflichtig deklariert, was angesichts der Eingriffe in die krankenhausplanerischen Zuständigkeiten der Länder juristisch höchst fragwürdig ist und auch entsprechenden Prüfungen kaum standhalten wird.

Aus Sicht der Krankenhäuser, eine trostlose Lage, aus der kaum ein Ausweg erkennbar ist.