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Editorial

Fehlende Perspektive lähmt das System


Foto: Lopata

Das neue Jahr beginnt leider so, wie das alte geendet hat. Nichts Genaues weiß man nicht, so könnte die Antwort auf die immer wieder gestellte Frage lauten: Wie geht es weiter mit der Krankenhausreform und wann nehmen die Eckpunkte konkrete, für die Krankenhäuser umsetzbare Gestalt an? Neben der wirtschaftlichen Misere ist die fehlende Planungssicherheit für viele Krankenhäuser zu Beginn des Jahres 2024 das größte Hindernis, um sich im Rahmen einer geordneten Unternehmensentwicklung auf den Weg in die Zukunft zu machen. Welche Standorte können erhalten bleiben? Wie gelingt uns im Unternehmensverbund eine gute und patientengerechte Leistungskonzentration? Welches Innovationsprojekt können wir vorantreiben, ohne das Risiko einzugehen, auf das falsche Pferd zu setzen? Wo lohnt Personalentwicklung und wo droht möglicherweise auch ein notwendiger Personalabbau?

Es gibt mehr Fragen als Antworten. Noch immer nicht befinden sich Bund und Länder auf der Zielgeraden, was einen verbindlichen Gesetzentwurf zur Krankenhausreform angeht. Noch immer werden die Eckpunkte aus dem Juli des vergangenen Jahres unterschiedlich interpretiert.

Wesentliche Kernbestandteile der angekündigten Krankenhausreform sind bisher unbearbeitet oder nach wie vor strittig. Vielen Krankenhausträgern, die Standorte zu regionalen Gesundheitszentren mit sektorübergreifenden Versorgungsaufgaben umwandeln wollen, fehlen die konkreten zulassungsrechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. So kann man keine Standortentwicklung betreiben, auch wenn der klassische Krankenhausstandort nicht mehr weitergeführt werden kann. Es drohen Schließungen, wo eigentlich Entwicklungsperspektiven für neue Versorgungsangebote gegeben wären.

Auch die viel gepriesene Vorhaltefinanzierung in der bisherigen Konzeption des Bundesgesundheitsministeriums wird kaum in der Lage sein, eine unterstützende Wirkung für die Strukturziele der Krankenhausreform zu entfalten. Es drohen massive Erlösdefizite gerade für die Häuser, die Leistungsgruppen verlieren werden, ohne dass gleichzeitig die Vorhaltefinanzierung dafür einen Ausgleich leistet und die Existenz der bedarfsnotwendigen Standorte absichert. Aber auch den Kliniken, die einen Zuwachs im Behandlungsspektrum durch ergänzende Leistungsgruppen erfahren werden, fehlt die erforderliche Planungssicherheit aufgrund bisher noch unklarer Bedingungen für die Mindeststrukturanforderungen dieser Leistungsgruppen. Wie lange halten die Zusagen, dass die bisher für Nordrhein-Westfalen vereinbarten Mindeststrukturvorgaben auch die bundesweite Grundlage der Zulassung für die Leistungsgruppen darstellen?

Und zu guter Letzt steht im Oktober die erstmalige Veröffentlichung des Behandlungsspektrums der Krankenhäuser nach Leistungsgruppen bevor. Dauerhaft werden die Bundesländer das im Bundesrat wahrscheinlich nicht verhindern können oder auf einen tragfähigen Kompromiss mit dem Bundesgesundheitsminister hoffen dürfen. Wenn es so kommt, werden wir im Herbst überall in der Republik darüber diskutieren, ob es sich bei den Krankenhausstandorten um Level 1, 2 oder 3 Häuser handelt und welche der ausgewiesenen Leistungsgruppen auch in Zukunft an diesen Standorten behandelt werden können. Derartige Diskussionen gehören in einen strukturierten Krankenhausplanungsprozess in der Verantwortung der einzelnen Bundesländer, so wie dies eigentlich in der Verfassung, aber auch in allen bisherigen Überlegungen zur Krankenhausreform vorgesehen ist. Das Vorpreschen des Bundesgesundheitsministers in dieser Frage wird den weiteren Einigungsprozess mit den Ländern nicht vereinfachen. Und dann gibt es ja auch noch Wahlen in Deutschland, die Europawahlen und drei Landtagswahlen im Osten. Alles in allem ein weiteres, sehr herausforderndes Jahr für die Verantwortlichen in den Krankenhäusern, die Beschäftigten und letztlich auch für die Patientinnen und Patienten.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß