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Editorial

High Noon im Poker um die Krankenhausreform


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG). Foto: Lopata

Die Krankenhausreform hat die erste große politische Hürde genommen, so der zufriedene Kommentar vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Abend der Entscheidung im Vermittlungsausschuss zum Krankenhaustransparenzgesetz. Aber zu welchem Preis? Spätestens an diesem Abend ist die Krankenhausreform zum großen Machtpoker zwischen Opposition und Regierung geworden. Es wurde noch nicht einmal mehr der Versuch gemacht, Kompromisse zu finden, die die Länder gemeinsam hätten mittragen können. Von der im Frühjahr 2023 viel beschworenen Gemeinsamkeit, mit der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und seine Kolleginnen und Kollegen in den 16 Bundesländern die große Krankenhausreform in einem zustimmungspflichtigen Gesetz auf den Weg bringen wollten, ist nichts mehr übriggeblieben. Schon die Ankündigung des Bundesgesundheitsministers vor wenigen Wochen, kein zustimmungspflichtiges Gesetz formulieren zu wollen und jetzt der Durchmarsch im Vermittlungsausschuss lassen keinen Zweifel aufkommen: Es geht nicht mehr um Konsens und Kompromiss. Es geht darum, wer sich durchsetzt.

Die Unionsregierten Länder werden nicht zögern, Teile des Krankenhaustransparenzgesetzes, die nach ihrer Einschätzung gegen ihre verfassungsmäßige Zuständigkeit für die Krankenhausplanung verstoßen, nach Karlsruhe zu tragen. Gleichzeitig ist völlig unklar, wie das Bundesgesundheitsministerium wesentliche Teile der Krankenhausstrukturreform zustimmungsfrei in ihrem für April angekündigten Referentenentwurf formulieren will. Die angestrebte bundeseinheitliche Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen, aber auch eine Vorhaltefinanzierung, die sich auf Leistungsgruppen bezieht, ist ohne Zustimmung der Bundesländer schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Den Krankenhäusern stehen weitere lange Monate mit politischen Scharmützeln bevor. Zeit, die wir eigentlich nicht haben, angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Lage und der Notwendigkeit, so schnell wie möglich konkrete Planungen für die Umstrukturierung der betroffenen Krankenhausstandorte anzugehen.

Die Ankündigung eines Transformationsfonds im Umfang von 50 Mrd. € über zehn Jahre entspricht zwar der immer wieder vorgetragenen Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Aber auch hier müssen wir uns die Frage stellen, ob es tatsächlich im Jahr 2025 bereits möglich sein wird, Anträge zu stellen. Die Länder sollen zu 50 % mitfinanzieren, was ohne Zweifel auch angemessen ist. Der Bund dagegen verschiebt seine Finanzierungsverpflichtung auf die Krankenkassen und in den Gesundheitsfonds. Wenn es dazu kommt, werden die Krankenkassen bei der Mittelvergabe gleichberechtigt mit den Ländern mitsprechen wollen. Zügige Investitionsentscheidungen dürften dann eher nicht zu erwarten sein.

Das Bundesgesundheitsministerium will beim Transparenzgesetz nach wie vor mit dem Kopf durch die Wand und die Leistungsgruppenzuordnung und Leveleinteilung bereits in diesem Jahr veröffentlichen. Zwei Jahre, bevor die Krankenhausplanung der Länder eine Entscheidung über die Zuordnung der Leistungsgruppen zu den Krankenhausstandorten treffen wird. Ob eine so definierte Transparenz den Patienten bei ihrer Entscheidung nutzt, darf stark bezweifelt werden. In jedem Fall wird diese frühzeitige Zuordnung von Leistungsgruppen und Krankenhauslevel große Unruhe in der Krankenhauslandschaft bringen und zu einem verschärften Wettbewerb um die knappen Fachkräfte führen.

Die Verlierer sind neben den Krankenhäusern vor allem die Patienten. Es stehen uns weitere unruhige Monate bevor, in denen viele Krankenhausträger wegen des fehlenden Inflationsausgleichs zu harten Strukturentscheidungen gezwungen werden und damit bereits vor einem geordneten Krankenhausplanungsprozess Fakten schaffen. Rücksicht auf Befindlichkeiten von Kommunalpolitikern und Landesregierungen wird es dabei vielfach nicht mehr geben können. Der kalte Strukturwandel ist längst nicht zu Ende, sondern wird in diesem Jahr in vielen Regionen schmerzhafte Einschnitte bringen. Ein anderer Weg wäre möglich gewesen, aber jetzt ist es wahrscheinlich zu spät.

Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG)