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Editorial

Der Tragödie nächster Akt


Das Schauspiel Bund gegen Länder geht weiter und in den nächsten Akt. Ohne Vorschaltgesetz keine Krankenhausreform so lautet die Botschaft, die unmissverständlich aus der Regie der Länder nach Berlin geschickt wird. Der Vorhang fällt und Hauptdarsteller Karl Lauterbach nimmt das alles scheinbar gelassen und unbeeindruckt zur Kenntnis. Sein Krankenhaustransparenzgesetz treibt er unverdrossen voran und ignoriert vollständig den zentralen Konsens in den Eckpunkten zur Krankenhausreform. Es soll keine bundeseinheitlichen Level geben, die die Krankenhausplanung der Länder dominieren und letztlich bestimmen, so der verkündete Kompromiss vor versammeltem Publikum. Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, ruft Karl von der Bühne.

Jetzt kommen die Level durch die Hintertür, wenn die Länder im nächsten Akt des Trauerspiels nicht geschlossen dagegenhalten. Aus dem Chor der A-Länder (SPD geführt) wird immer wieder die Loyalität zum eigenen Bundesgesundheitsminister betont. Wir dürfen unseren Hauptdarsteller nicht im Stich lassen. Man darf gespannt sein, wie weit diese Treue gegen die eigenen Interessen noch geht, angesichts der jüngsten (Bayern und Hessen) und auch absehbar (im Osten) zu erwartenden Wahlergebnisse. Das Publikum wird zunehmend nervös. Es ist nicht nur das Thema Migration, was die Menschen vor der Bühne bewegt, auch die Frage der sozialen Sicherheit und hier insbesondere der Zugang zu Gesundheitsleistungen - egal ob ambulant oder stationär - ist ein Thema, das längst in den Pausen des Schauspiels die Runde macht. Ein heikles Thema in einer älter werden Gesellschaft nicht nur im politischen Theater. Denn am Ende ist es nicht der Bundesgesundheitsminister, der den Unmut der Wählerinnen und Wähler als erster spürt, sondern es sind Kommunalpolitiker und Landesregierungen.
Dass man mit Gesundheitspolitik keine Wahlen gewinnen kann, ist eine Binsenweisheit. Dass man aber sehenden Auges und bewusst Wahlniederlagen herbeiführt, ist neu im politischen Geschäft. Die selbstbewusste Botschaft des Hauptdarstellers und seiner Anhänger, dass nur die Lauterbachsche Krankenhausreform die Gesundheitsversorgung retten kann, glauben mittlerweile nur noch die Hartgesottenen. Der Druck wird größer, die Laienspielschar droht aufzubegehren. Nun sollen die Länder mit Blick auf ihre Forderung nach einem Vorschaltgesetz mit ein paar kosmetischen Anpassungen bei der Pflegefinanzierung besänftigt werden. Die Claqueure der Krankenkassen rechnen die angeblichen Liquiditätsvorteile zu Gunsten der Krankenhäuser durch diese Maßnahmen mal schnell auf 5 Mrd. € hoch: Interessanterweise genau die Forderung, die von der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz als Unterstützungszahlungen gefordert wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch für eines hat der Hauptdarsteller ja mittlerweile gesorgt: Das Misstrauen der Länderverantwortlichen gegenüber Zusagen des Bundes ist massiv gestiegen. Und deshalb wird man genau nachrechnen und sehr schnell feststellen, dass die Liquiditätshilfen durch Anpassungen beim Pflegeentgeltwert und die schnellere Auszahlung der Pflegebudgets keine strukturellen Hilfen für die Krankenhäuser sind, sondern lediglich die überfällige Ausfinanzierung längst bestehender und über Kredite vorfinanzierter Forderungen der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen. Lange vorenthaltenes Geld jetzt als Rettung und Wohltat zu verkaufen ist bühnenreif, aber wenig glaubwürdig. Wir dürfen sicher sein: Das war noch nicht der letzte Akt in der Tragödie Bund gegen Länder und gegen die Krankenhäuser. Fraglich nur, ob das Schauspiel weiter Zuspruch beim Publikum findet oder seine Fortsetzung vor leeren Rängen stattfindet.