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Thema des Monats

Medizintechnik – Corona-Krise: Medizintechnik-Branche erwartet Einbußen


Die Covid-19-Pandemie hat auch auf die Medizintechnik-Branche dramatische Auswirkungen.

Die Unternehmen, die im Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, organisiert sind, erwarten in diesem Jahr einen Umsatzrückgang von durchschnittlich 4,9 % – nach einem Umsatzplus von 3,3 % im Vorjahr. Dies geht aus der Herbstumfrage 2020 des– Bundesverbandes Medizintechnologie e.V. (BVMed) hervor, die auf der digitalen Jahres-Pressekonferenz des deutschen MedTech-Verbandes am 1. Oktober 2020 in Berlin vorgestellt wurde. Die zu befürchtenden Schwierigkeiten seien auch nicht durch den Mehrbedarf an Schutzkleidung und Atemschutzmasken zu kompensieren.

Der Absturz betreffe vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. „Hinzu kommen starke Rückgänge beim für die Branche so lebenswichtigen Export“, erläutert BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Er forderte stärkere vor allem regulatorische Entlastungsmaßnahmen für die mittelständisch geprägte MedTech-Branche. 38 % der BVMed-Unternehmen nutzen das Instrument der Kurzarbeit, um Entlassungen zu vermeiden. So bleibe die Zahl der Arbeitsplätze insgesamt stabil. Die größten Hemmnisse in der weiteren Entwicklung der Branche sehen die MedTech-Unternehmen in den stark gestiegenen regulatorischen Anforderungen beispielsweise durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). „Die Unternehmen fordern hier eine vereinfachte Neuzertifizierung für bewährte Bestandsprodukte“, sagt Möll.

57 % der befragten Unternehmen gehen von einem Umsatzrückgang in diesem Jahr aus. Bei einem Drittel der Unternehmen sind die Umsatzrückgänge sogar im zweistelligen Bereich. Das zeige, wie dramatisch die MedTech-Branche von der Verschiebung elektiver Eingriffe und den rückgängigen Arztbesuchen betroffen ist, beklagt der BVMed. Diese Auswirkungen könnten nach Angaben des Verbandes auch nicht durch den Mehrbedarf an medizinischer Schutzausrüstung und Hygieneprodukten kompensiert werden. Aus den gewichteten Umsatzangaben der BVMed-Unternehmen ergäbe sich im deutschen Markt ein durchschnittlicher Umsatzrückgang von 2,1 %. Der ungewichtete Wert liege bei minus 4,9 %. Das zeige, dass die kleineren Unternehmen stärker von den Rückgängen betroffen sind. Unternehmen mit einem Umsatz unter 25 Mio. € verzeichneten im Schnitt sogar einen Umsatzrückgang von minus 6,4 %. Die erwartete weltweite Umsatzentwicklung falle mit einem durchschnittlichen Minus von 4,7 % ebenfalls dramatisch aus.

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die MedTech-Branche

Die mit dem Lockdown verschobenen Operationen seien laut Umfrage der wichtigste Faktor für die Umsatzrückgänge der MedTech-Branche in diesem Jahr in Deutschland. 70 % der befragten Unternehmen seien davon betroffen. 57 % nennen die Einschränkungen der Kundenkontakte für den Außendienst als negativen Faktor. Knapp die Hälfte habe unter ausbleibenden Arztbesuchen und dem damit verbundenen Rückgang von Verordnungen zu leiden. Trotz der Umsatzeinbrüche ist nach den Ergebnissen der BVMed-Herbstumfrage erkennbar, dass die Unternehmen ihr Personal halten wollen. 55 % halten ihre Mitarbeiterzahl. 27 % schaffen sogar zusätzliche Arbeitsplätze. Trotz erheblicher Einschränkungen im Medizinprodukte-Außendienst geben 93 % der Unternehmen an, im Vertrieb keine Stellen abzubauen. 38 % nutzen die Möglichkeit von Kurzarbeit.

Stärken und Schwächen des Standorts Deutschland

Als große Stärken des Standorts Deutschland nennen die befragten MedTech-Unternehmen vor allem die gut ausgebildeten Fachkräfte sowie die gute Infrastruktur. Häufig genannte Stärken sind zudem das hohe Versorgungsniveau der Patienten sowie gut ausgebildete Ärzte, Wissenschaftler und Ingenieure. Das beherrschende Thema bei der Frage nach den Hemmnissen für die MedTech-Entwicklung bleibt die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR, deren Geltungsbeginn Corona-bedingt um ein Jahr auf Mai 2021 verschoben wurde. 81 % der befragten BVMed-Unternehmen sehen die zusätzlichen MDR-Anforderungen als größtes Hindernis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche. Dabei geht es vor allem um die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten und um längere Konformitätsbewertungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen. Als größtes Hemmnis der aktuellen nationalen Rahmenbedingungen wird von den MedTech-Unternehmen der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften genannt.

Gesundheitspolitische Forderungen

56 % der MedTech-Unternehmen sprechen sich für eine vereinfachte Neuzertifizierung für bewährte Bestandsprodukte unter der MDR aus. Über ein Drittel der Unternehmen wünscht sich Förderprogramme für KMUs zur Umsetzung der MDR. Neben dem vorherrschenden Thema MDR stehen auf der gesundheitspolitischen Agenda eine Verkürzung der Dauer der Bewertungsverfahren und eine generell ermäßigte Mehrwertsteuer für Medizinprodukte.

Innovationsklima-Index bleibt auf dem Tiefpunkt

Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt mit 4,2. Das ist derselbe Wert wie im Vorjahr und seit der Erhebung des BVMed-Innovationsklima-Index der niedrigste Stand. Als innovativste Forschungsbereiche schätzen die Unternehmen die Kardiologie, die Diagnostik und die Onkologie ein. 39 % der MedTech-Unternehmen arbeiten bei der Entwicklung digitaler Lösungen bereits mit Start-ups zusammen. Das größte Potenzial bei den digitalen Technologien sehen die Unternehmen in Datenanalysen, Apps, Big-Data-Anwendungen und künstlicher Intelligenz. An der BVMed-Herbstumfrage 2020 beteiligten sich 118 Mitgliedsunternehmen, darunter vor allem die größeren Hersteller von Medizinprodukten aus Deutschland und den USA.

Die vollständigen Ergebnisse der Herbstumfrage 2020 können unter www.bvmed.de/medienseminar-2020 abgerufen werden.