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Thema des Monats

Aus- und Weiterbildung: Im Gespräch

Aus- und Weiterbildung: Im Gespräch

Im Gespräch

mit Christine Vogler, Schulleiterin Wannsee-Schule e.V., designierte Leiterin Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe von Charité und Vivantes

Frau Vogler, Sie werden ab Sommer den neuen gemeinsamen Bildungscampus von Charité und Vivantes leiten. Ab wann gibt es den gemeinsamen Campus?

Mein Start ist der 1.8., dann bin ich erst mal dort in „aller beider“ Anstellungsverhältnis als Leitung des Hauses. Die Betriebsübergänge der bestehenden Schulen sind momentan geplant zum 1.1.2020. Damit hängt natürlich auch zusammen, was zu Betriebsübergängen dazugehört: die Überführung oder Gestellung von Kolleg*innen in die neue Bildungseinrichtung, Überlegungen zu den Tarifverträgen, die Gestaltung der künftigen Binnenstruktur etc. Es gab und gibt natürlich unglaublich viele Vorarbeiten, die von den Kollegen dort schon geleistet wurden und werden, die Kollegien, das Management, die Projektmitarbeiter*innen, Betriebsräte etc.

Ich springe ja im Grunde auf den bereits angefahrenen Zug auf. Nun kann ich mich natürlich auf allen Ebenen einbringen, darauf freue ich mich.

Die Zahl von 3 000 Plätzen steht im Raum, erweitern Charité und Vivantes so ihre vorherigen Schulen?

Vivantes eröffnet ja gerade einen dritten Standort, sodass es am Ende drei Standorte sein werden, die in dem zukünftigen Bildungscampus zusammenfließen. Wir werden auch erst mal an drei Standorten arbeiten. In den Standorten selbst kommt es zu Veränderungen, weil sich die Schulen selbst strukturell von ihren beiden „Müttern“ Charité und Vivantes lösen werden. Es wird eine eigenständige gemeinnützige GmbH. Es ist eine Verdoppelung der Schulplätze geplant, das ist eine Zielgröße und dient als Planungshilfe. Wir wissen, dass wir in den nächsten Jahren im Wettbewerb mit anderen Ausbildungsbetrieben um die wenigen Schulabgänger ringen werden, Lehrer in den Gesundheitsberufen Mangelware sind und wir in der Praxis Praxisanleiter*innen benötigen, die entsprechend Zeit für die Ausbildung zur Verfügung gestellt bekommen. Klar, müssen wir jetzt die höheren Platzzahlen auch für die Gebäude planen. Auch Wohnheimplätze werden mitgeplant und gebaut werden. Die Lage ist da am Ende eher sekundär. Die Einsatzorte liegen sowieso im gesamten Stadtgebiet. Der Campus muss mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar sein.

Der Impuls ging ja vom Land Berlin aus. Was verspricht man sich vom neuen Bildungscampus?

Vivantes und Charité sind beide städtische Unternehmen. Die Zusammenführung der Schulen ist politischer Wille und im Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Regierung vereinbart. Die Neugestaltung des Pflegeberufes, die Entwicklung in den Therapieberufen, die Akademisierung der Hebammenausbildung – all das sind Entwicklungen, die in beiden Schulen zu großen Veränderungen führt. Hier nun die Kompetenzen zusammenzuführen und moderne, zeitgemäße und attraktive Ausbildungsstrukturen für die Zukunft zu entwerfen ist eine große Chance für alle Beteiligten. Im Übrigen freuen wir uns natürlich auf eine künftige Zusammenarbeit mit den Kollegium aus dem Deutschen Herzzentrum und der Unfallklinik Berlin und vielen weiteren Kooperationspartnern im Ambulanten und stationären Langzeitbereich. Am Ende wollen wir alle eins: eine gute Ausbildung um Menschen von den angebotenen Berufen zu überzeugen und Leidenschaft zu wecken.

Wie profitieren die Auszubildenden? Ist das schon die generalistische Ausbildung?

Geplant ist es, jetzt erst mal die Ausbildungsbereiche zusammenzuführen. Wie immer im Gesundheitswesen ist es natürlich parallel zum laufenden Betrieb. Klar ist jetzt mit dem Referentenentwurf zur Hebammenausbildung, dass diese an die Hochschulen gehen wird. Wie das dann in der Zusammenarbeit geht, werden wir sehen. Die künftig hochschulisch ausgebildeten Hebammen werden ihre Praxiseinsätze natürlich weiter bei der Charité und Vivantes absolvieren. Das Institut für Gesundheits- & Pflegewissenschaft der Charité wird künftig auch die Pflege als grundständiges Studium anbieten. Vielleicht können wir hier gemeinsam Formen der Zusammenarbeit entwickeln. Es gibt ja bereits auch heute schon Kooperationen mit weiteren Hochschulen, auch hier werden wir sehen, was sich unsere Träger wünschen und was wir anbieten können. Wir bilden in Zukunft nicht nur für unsere Träger, sondern auch für das Land aus. Das ist ja auch in der „Idee“ einer gemeinnützigen GmbH impliziert. Die Zeiten, das haben wir wohl alle im Gesundheitswesen gelernt, die Zeiten, wo man nur für den eigenen Bedarf ausbildet, die sind vorbei. Geprüft wird auch die Gründung einer neuen Schule für den Bereich der Labor- und Radiologieassistente*innen. Auch hier gibt es einen hohen Bedarf und relativ wenige Schulen in der Bundesrepublik.

Der Großteil der Pflege findet heute ambulant statt. Hier muss man Ausbildungskonzepte finden, die dem Versorgungsbedarf entsprechen. Die Kompetenzen dafür liegen in beiden Schulen vor – bei Vivantes gibt es die Altenpflege, bei der Charité die Kinderkrankenpflege, so kann man Kompetenzen zusammenführen, voneinander profitieren und damit neue Lehrende gewinnen. Die Schüler*innen profitieren von einer modernen und zeitgemäßen Ausbildung und die Lehrenden von einer zukunftsorientierten und innovativen Schule – für beide Seiten wird das eine tolle Sache!

Auf dem neuen Campus soll auch die Weiterbildung angesiedelt werden. Planen Sie auch (interdisziplinäre) Fortbildungen?

Die Weiterbildungsangebote werden sich auf die Gesundheitsfachberufe beziehen, die Fortbildungen bleiben aufgrund der Vielfalt und der individuellen Ausrichtung bei den Trägern. Weiterbildungsangebote haben von jeher die Schwierigkeit, dass sie für Bildungsanbieter schwer planbar sind. Je mehr Mitarbeiter*innen erreicht werden, umso größer und regelmäßiger kann natürlich ein Bildungsangebot auf dem Markt anbieten. Hier wollen wir natürlich auch für alle Einrichtungen Angebote machen.

Wie wollen Sie die Attraktivität der Ausbildung steigern?

Das sind mehrere Komponenten. Zum einen können die Träger mit der neuen, gesetzlich geregelten Finanzierung bessere Bedingungen in der praktischen Ausbildung schaffen. Zum anderen kann die Bildungseinrichtung selbständig für die Träger und Kooperationspartner aus der Perspektive und der Kompetenz „Bildung“ Ausbildungsangebote anbieten, die der Berufsentwicklung dienen und den Trägern.

Die zukünftige generalistische Ausbildung wird die Auszubildenden in andere Einrichtungen und pflegerische Handlungsfelder führen. Sie können am Ende entscheiden, was am Besten zu Ihnen passt. Die Träger haben oft die Sorge, dass die Auszubildenden nach der Ausbildung nicht bleiben. Die Erfahrungen und Befragungen zeigen aber – je besser ich Ausbildung in Theorie und Praxis anbiete- umso eher bleibt der Berufsnachwuchs im Haus. Der Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe erhält die Chance, sehr gute Ausbildungsstrukturen entwickeln zu können – gemeinsam mit zwei „starken Müttern“ und vielen Praxispartnern. das kann nur gut werden. Bei den großen Zentren in Österreich konnten wir es in den letzten Jahren verfolgen: Da hat sich vor zwei Jahren die Gesetzgebung massiv verändert, es sind große Bildungszentren entstanden, und die Ausstrahlung gemeinsam mit den Trägern, die da entstanden ist, ist enorm. Wir müssen vom ersten Tag der Ausbildung zeigen, das wir ein hervorragender Ausbildungsverbund sind und gemeinsam die Attraktivität der Berufe leben. Und wenn es am Ende so ist, dass wir sagen können – bei uns könnt Ihr alles sehen, alles lernen und am Ende könnt ihr entscheiden ... dann werden sie bleiben. In diesem Sinne freue ich mich sehr auf meine neue Aufgabe und die Zusammenarbeit mit all den verschiedenen Menschen, Einrichtungen, Trägern und Kooperationspartnern.

das Krankenhaus Heft 6-2019, Copyright W. Kohlhammer GmbH Stuttgart