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Thema des Monats

Thema: Catering


Prof. Dr. Andreas Michalsen. Foto: Immanuel Krankenhaus Berlin/Anja Lehmann

Thema: Catering

Im Gespräch

mit Prof. Dr. Andreas Michalsen, Internist und Ernährungsmediziner, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin und Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde an der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. Andreas Michalsen. Foto: Immanuel Krankenhaus Berlin/Anja Lehmann

Prof. Michalsen, wie steht es um die Ernährung in deutschen Krankenhäusern?

Meist sehr schlecht. Das Essen ist in der Regel qualitativ schlecht, es wird fast nur das Cook-and-chill-Verfahren angewendet und selten frisch gekocht. Der Kostendruck hat vielfach dazu geführt, dass man beim Einkauf von frischen Zutaten und bei der selbstständigen Zubereitung spart.

Sie sind selbst Chefarzt einer Abteilung für Naturheilkunde. Verordnen Sie vegetarische oder vegane Kost?

Innerhalb des Systems habe ich versucht zu tun, was möglich ist. Nach Gesprächen mit der Küche und dem Einkauf bieten wir nun eine pflanzenbasierte Menüreihe an, die ich dann natürlich auch den Patienten empfehle. Eigentlich sollte in Krankenhäusern das beste Essen angeboten werden, besser noch als in Restaurants, hier sollten Krankenhäuser eine Vorreiterrolle einnehmen.

Hat sich auch die Nachfrage der Patienten verändert? Fragen diese bewusst nach vegetarischer oder veganer Kost?

Die Nachfrage der Patienten steigt langsam an. Es ist aber noch nicht die Mehrheit, die nach pflanzlicher Ernährung fragt. Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Rheuma, rheumatoider Arthritis ist das Bewusstsein stärker vorhanden, dass eine Ernährungsumstellung ihnen hilft. Jemand, der wegen einer Knie-Operation ins Krankenhaus kommt, sieht diesen Zusammenhang vielleicht eher nicht, obwohl es auch diesen Patienten nützen würde.

Wir machen auch die Erfahrung, dass es als Thema nicht mehr so umkämpft ist. Auch die ökologische Dimension des Fleischkonsums dringt zunehmend durch, hier bewirken auch die Fridays for future-Demonstrationen einen Wandel. Gerade nimmt zum Beispiel auch ein größerer Krankenhaus-Caterer eine vegane Linie in sein Angebot auf, es entwickelt sich also etwas.

Für welche Krankheitsbilder und Patienten eignet sich diese Ernährung – und für welche vielleicht eher nicht?

Hier sind die Effektstärken natürlich auch unterschiedlich. Für einige Erkrankungen wie Diabetes ist die Datenlage sehr gut und die Evidenz überzeugend. Ein anderes Beispiel sind Krebserkrankungen wie zum Beispiel Brust- oder Darmkrebs. Hier kann eine vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung das Rezidivrisiko um 30–40 % senken. Je nach Art und Stadium der Erkrankung muss man sich aber auch fragen, ob man den Patienten mit einer Ernährungsumstellung „belastet“ oder ob er mit der Erkrankung zunächst einmal genug zu tun hat. An sich ist ein Krankenhausaufenthalt aber der ideale Zeitpunkt, um eine Lebensstiländerung durchzuführen. Die Bereitschaft der Patienten zur Umstellung ist in einer vulnerablen Phase einfach höher. Ein Mann probiert nach einem Herzinfarkt dann vielleicht auch einmal Yoga aus oder beißt in ein Tofuwürstchen.

 In der ayurvedischen Medizin, die in Ihrer Abteilung ebenfalls angeboten wird, gehört die Ernährung des Patienten und auch des Gesunden zu den wichtigsten Maßnahmen. Wie bieten Sie diese Ernährungsform an?

Das kann die Krankenhausküche zurzeit nicht leisten, da diese Form auch die Kosten in die Höhe treiben würde. Wir bieten dies aber als Ernährungsberatung an und dies mit großem Erfolg, wie ein Vergleich mit ayurvedischer Ernährung in einer demnächst publizierten Studie zeigt. Bei den Patienten in Berlin trifft es jedenfalls auch auf großes Interesse.

 In Krankenhäusern ist neben den diätischen Vorschriften auch ökonomisches Haushalten in der sog. Gemeinschaftsverpflegung notwendig. Ist eine gute, gesundheitsfördernde Ernährung so möglich?

Grundsätzlich müsste man die Prioritäten anders setzen. Und sich fragen, ob es nicht 2 € mehr pro Patient am Tag wert ist. Das könnte auch im Bereich der Selbstzahler und Privatpatienten durchaus ein Wettbewerbsvorteil sein.

Spielt das Essen auch bei der Bewertung des Krankenhausaufenthalts eine Rolle? Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?

Die Medizin ist heute ja sehr standardisiert, sodass sich die medizinischen Leistungen zum Glück kaum noch unterscheiden. Die „Serviceleistungen“ wie Freundlichkeit und auch das Essen werden da wichtiger, gerade dort, wo es im urbanen Raum auch noch vergleichbare Krankenhäuser gibt.