Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Politik

Leidenschaftlich, vernunftorientiert, hartnäckig in der Sache


Georg Baum verabschiedet sich nach 15 Jahren als Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in den Ruhestand

Es gebe keinen Zweiten, der die deutsche Krankenhauslandschaft so gut kenne wie Georg Baum, sagte die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt auf dem Frühjahrsempfang 2006 zum Stabswechsel der Hauptgeschäftsführung der DKG. Die Ministerin wusste, wovon sie spricht: Fünf Jahre hatte Baum als Leiter der Unterabteilung Gesundheitsversorgung, Krankenhauswesen von seinen fast 15 Jahren im Bundesgesundheitsministerium Ulla Schmidt zugearbeitet.

Georg Baum hat im Bundesministerium für Gesundheit die Gesetzgebungsarbeit zunächst der christlich-liberalen und später der rot-grünen Koalition mit gestaltet und erarbeitet. Im Ministerium und als Hauptgeschäftsführer der DKG hat er insgesamt sieben Bundesgesundheitsminister erlebt.

Vor seiner Tätigkeit im Bundesministerium, die 1991 begann, war Georg Baum Leiter des Bonner Büros des BKK-Bundesverbands. Davor war er, nach seinem Studium und einer Tätigkeit als Wirtschaftsreferent in der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, als Angestellter des Deutschen Bundestages Mitarbeiter des FDP-Bundestagsvizepräsidenten Dieter-Julius Cronenberg, der die Gesundheits- und Sozialpolitik der FDP-Fraktion viele Jahre prägte. Georg Baum hat das Gesundheitswesen in Deutschland über Jahrzehnte deutlich mitgestaltet. Vor allem auf der Seite der Krankenhäuser war dies sicher keine leichte Aufgabe. Mangelnde Investitionsfinanzierung und überbordende Bürokratie beklagten die Kliniken bereits zu Baums Amtsbeginn 2006. Das zunehmend ausgezehrte und unterfinanzierte System stand bereits unter massivem Rationierungs- und Wettbewerbsdruck. Handlungsspielräume waren eingeschränkt.

Als Vermittler zwischen Politik und Selbstverwaltung und den oftmals auf Schärfe drängenden Mitgliedsverbänden im Vorstand der DKG weiß der scheidende Hauptgeschäftsführer genau, zu welchem Zeitpunkt sich hartnäckige Intervention lohnt – und wann Zurückhaltung zielführender ist. Mit Erwartungen der Krankenhäuser vertraut, aber auch mit den Grenzen der Stimmenverhältnisse im G-BA und den Facetten und Interessenlagen im Gesetzgebungsprozess, weiß Baum zu überzeugen und zu vermitteln als Garant der Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der DKG.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Es gibt nur wenige, die unsere Krankenhauslandschaft so gut kennen wie Georg Baum. Ob im BMG oder bei der DKG: Über viele Jahre hat er dort die stationäre Versorgung an entscheidenden Stellen mitgeprägt. Leidenschaftlich und hartnäckig in der Sache, aber auch immer bereit zu Kompromissen – so habe ich ihn in vielen Begegnungen erlebt. Mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand verlieren die deutschen Krankenhäuser eine wichtige Stimme. Alles Gute für Ihren neuen Lebensabschnitt, lieber Georg Baum!“

„Ob im BMG oder bei der DKG: Über viele Jahre hat er dort die stationäre Versorgung an entscheidenden Stellen mitgeprägt“, sagt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über den scheidenden DKG-Hauptgeschäftsführer „Leidenschaftlich und hartnäckig in der Sache, aber auch immer bereit zu Kompromissen – so habe ich ihn in vielen Begegnungen erlebt. Mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand verlieren die deutschen Krankenhäuser eine wichtige Stimme.“

„Ich kenne Georg Baum seit seiner Zeit als Mitarbeiter des FDP-Politikers und ehemaligen Bundestagsvizepräsidenten Dieter-Julius Cronenberg in verschiedenen Funktionen. Immer hat er, wie auch in den fast 15 Jahren als Hauptgeschäftsführer der DKG, mit großer Kompetenz und überragendem Engagement die von ihm für richtig gehaltenen Positionen energisch vertreten und nie schnell aufgegeben. Damit waren Konflikte unvermeidlich, auch mit mir. Trotzdem habe ich großen Respekt vor der Leistung von Georg Baum, weil Streitigkeiten mit ihm immer professionell ausgetragen werden konnten und die persönliche Achtung voreinander nie berührt haben“, sagt der unparteiische Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses Prof. Josef Hecken.

Ein Schlagabtausch in der G-BA-Sitzung, in Rahmen des jährlichen Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf oder zum DKI-Branchentreff zwischen Baum und seinen Antipoden der Kassen, Johann-Magnus von Stackelberg als ehemaliger Vorstand oder Dr. Wulf-Dietrich Leber, dem Leiter der Abteilung „Krankenhäuser“ des GKV-Spitzenverbandes, war zweifellos ein Höhepunkt der Veranstaltung. Dabei sah sich Baum nie als Entertainer, der im mit Bonmots um die Gunst der Zuhörer buhlt. Georg Baum ist Franke. Über die heißt es, sie redeten nicht so gern. Aber was sie sagen, habe Hand und Fuß. Georg Baum war und ist ein Fürsprecher für die Belange der Krankenhäuser, der für professionelle Integrität und intellektuelle Lauterkeit steht. Mit ihm verabschiedet sich eine der markantesten Persönlichkeiten aus der Gesundheitspolitik.

Wollte man die zahlreichen Verdienste und Erfolge Baums als Interessenvertreter der Krankenhäuser aufzählen und würdigen, müsste man weit ausholen und tief in die komplexen Zusammenhänge der Gesundheitspolitik und der zahlreichen Reformen der vergangenen Jahre eintauchen. Einer der größten Erfolge während seiner Zeit als DKG-Chef ist vielleicht, dass es am Ende gelungen ist, die volle Refinanzierung der Pflegekosten auf den Weg zu bringen: Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wurde 2018 beschlossen, dass den Krankenhäusern jede Pflegestelle sowie die jährlichen Kostensteigerungen in der Pflege voll erstattet werden.

Auch die Weiterentwicklung des Landesbasisfallwertes im Rahmen der Krankenhausstrukturreform mit der Wegnahme der Mengendegression im Sinne der Kollektivhaftung ist sicher nicht zuletzt der Überzeugungskraft, aber auch der Hartnäckigkeit Baums zu verdanken. Auch, dass MDK-Prüfungen im Zuge der Corona-Pandemie ausgesetzt bzw. begrenzt wurden, bestätigt doch am Ende das Credo Baums: der stets versucht, zu überzeugen, dass Vertrauen besser ist als permanentes Misstrauen und Kontrollwut gegenüber den Krankenhäusern und ihren Mitarbeitern.

2011 wurde Georg Baum, zuvor Vizepräsident der European Hospital and Healthcare Federation (HOPE), für die Dauer von drei Jahren einstimmig zum neuen Präsidenten des europäischen Krankenhausverbands gewählt. Die Bedeutung der EU-Politik für die Gesundheitsversorgung in den Mitgliedstaaten war deutlich gestiegen und es Richtlinien wie beispielsweise zur „Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung“ in nationales Recht zu implementieren galt.

Für „das Krankenhaus“ hat Georg Baum als DKG-Hauptgeschäftsführer 180 Editorials verfasst. Ein wichtiger Bestandteil der Zeitschrift das Krankenhaus: Das monatliche Editorial mit pointierten Kommentaren zu den zentralen gesundheits- und krankenhauspolitischen Entwicklungen ist wohl das am meisten gelesene Dokument der Zeitschrift. Wer erfahren will, was die Krankenhäuser aktuell bewegt, liest das Editorial. So manche Überschrift, auch der eine oder andere Satz aus dem Editorial, mit dem Baum die Perspektive der Kliniken auf das eine oder andere Gesetzgebungsverfahren auf den Punkt brachte, wurde zum geflügelten Wort in Diskussionen und Konferenzen der Branche.

Die ungelösten Probleme der Investitionsfinanzierung spiegelten sich in einigen der monatlichen Editorials des DKG-Hauptgeschäftsführers ebenso wie die Befürchtungen der Krankenhäuser im Hinblick auf die erweiterten Kontrollbefugnisse des MDK: Im Dezember-Editorial 2017 mit dem Titel „MDK-Invasion durch Qualitätsoffensive – The MDK Allways Rings Twice“ bringt Georg Baum den Unmut der Branche zur Misstrauenskultur gegenüber den Krankenhäusern auf den Punkt.

Beim Besuch eines Geschäftsführers in Süddeutschland hing der Ausdruck des Editorials „Was die Kliniken jetzt brauchen“ vom April 2018 an der Wand neben dem Telefon. „Als Argumentationshilfe“, so der Klinikchef.

Georg Baum geht es nie allein darum, möglichst viel an Mitteln für die Kliniken herauszuschlagen. Baum sucht den Ausgleich, die Verständigung, er will überzeugen. Nach seinen Hoffnungen für die Krankenhauspolitik gefragt sagte Baum einmal: „Meine Wunschvorstellung wäre, dass vernunftorientierte Menschen zu vernünftigen Lösungen kommen.“