Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Politik

Gesundheitspolitischer Reformbedarf

Gesundheitspolitischer Reformbedarf

DKG zu anstehenden Reformen der Gesundheitspolitik: „Dringender gesetzlicher Handlungsbedarf“         

Massiven Korrekturbedarf sieht die DKG bei der Pflegefinanzierung, bei der Reform des MDK, der Notfallversorgung und beim Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG). Im Rahmen einer Pressekonferenz am 24. September 2019 erläuterte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), den gesetzlichen Handlungsbedarf in Bezug auf die anstehenden Reformen der Gesundheitspolitik: „Die deutschen Krankenhäuser stehen vor großen Umbrüchen und Herausforderungen, die mit vielen finanziellen Unwägbarkeiten und nie dagewesenen Planungsunsicherheiten verbunden sind.“

„Von der angekündigten Stärkung durch das Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz spüren die Krankenhäuser in Sachen Pflege bislang kaum etwas“, so Baum weiter. Die damit verbundene Botschaft, jede zusätzliche Stelle im Jahr 2019 werde zu 100 % refinanziert, hörten die Kliniken gerne. Doch der Arbeitsmarkt sei leergefegt.

Im Rahmen einer Pressekonferenz erläuterte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum (links) Kritik und Handlungsbedarf zu den aktuellen Reformen der Gesundheitspolitik aus Sicht der Krankenhäuser. Rechts: Joachim Odenbach, Leiter des Geschäftsbereichs Presse und Öffentlichkeitsarbeit der DKG.

Signal der Politik zur Sachkostenkorrektur gefordert

Die Ausgliederung der Pflegekosten aus den Fallpauschalen führt zu großen Verwerfungen bei vielen Krankenhäusern. Rund 15 Mrd. € werden aus der Fallpauschalen-Vergütung herausgenommen und über einen gesondert zu verhandelndes Pflegebudget vergütet. Besonders problematisch sei dabei, dass durch die Rechenmethodik Mittel in Höhe von 200 Mio. € aus der sogenannten Sachkostenkorrektur den Krankenhäusern entzogen werden. „Würde die DKG, wie ursprünglich geplant, jetzt mit dem GKV-Spitzenverband den DRG-Katalog für 2020 verabschieden, wären die 200 Mio. € weg. Pflegestärkung würde mit einer massiven Schwächung der Krankenhäuser an den Start gehen. Die Mittel werden zur Entlastung der Pflege und zur Steigerung der Attraktivität der Pflege gebraucht. Wir brauchen ein Signal aus der Politik, dass die 200 Mio. € in den Häusern verbleiben, um den Katalog beschließen zu können“, so Baum.

 Erlöseinbußen für bis zu 30 % der Kliniken

Insgesamt müsse damit gerechnet werden, dass ca. 20 bis 30 % der Kliniken in 2020 durch die Umstellung Erlöseinbußen haben werden. Bei einzelnen Fallpauschalen führe die Ausgliederung zu gravierenden Erlöseffekten. Insbesondere Krankenhäuser, die auf die Fachpersonalknappheit durch den Einsatz von Unterstützungspersonal und entlastenden Investitionen reagiert haben, laufen Gefahr, über das Pflegebudget diese Kosten nicht erstattet zu bekommen. Die im Gesetz vorgesehene Berücksichtigung pflegeentlastender Maßnahmen von 3 % reiche nicht aus. Die Quote müsse auf mindestens 5 % erhöht werden, forderte Baum.

Insgesamt können die Krankenhäuser bei der Bilanzierung der zu Beginn der Legislaturperiode verabschiedeten Pflegestärkung bislang keine positive Bilanz ziehen. Die Ausweitung des Pflegestellenförderungsprogramms hat auch in den Kliniken nur zu wenigen zusätzlichen Stellen geführt. Die Pflegeuntergrenzen werden als massive Bürokratieausweitung und nicht gerechtfertigte Gängelei in den Kliniken wahrgenommen. Die Attraktivität der Arbeit für die Pflegenden wird dadurch nicht verbessert. Zudem warten die Krankenhäuser noch immer auf die versprochene volle Refinanzierung der Tarifkostensteigerungen für das Pflegepersonal aus dem Jahr 2018. Dabei geht es um 600 Mio. € kumulierte Mehrkosten.

 MDK-Reform: Strafzahlungen diskreditieren die Arbeit der Krankenhäuser!

Die Reform des Medizinischen Dienstes enthalte durchaus Verbesserungen für die Krankenhäuser, so Baum weiter. Positiv zu bewerten seien das generelle Aufrechnungsverbot und die Begrenzung der Prüfquote auf 10 %. Die immer wiederkehrenden fragwürdigen Prüfungen (60 %), die sich ausschließlich um untere oder obere Grenzverweildauer ranken, machten deutlich, dass es den Kassen nicht wirklich um falsche Abrechnung, sondern vorrangig um Geldgenerierung gehe. Bedauerlich sei allerdings, dass genau diese Prüfungen der oberen und unteren Grenzverweildauer nicht wirklich eingeschränkt werden. „Absolut nicht hinnehmbar bleibt, dass bei beanstandeten Abrechnungen Strafzahlungen erfolgen sollen. Eine unterschiedliche medizinische Interpretation zum Behandlungsbedarf kann nicht dazu führen, dass Krankenhäuser Strafzahlungen leisten müssen. Strafgelder gehören zu Straftaten und dafür ist in Deutschland die Staatsanwaltschaft und nicht der MDK zuständig – das muss auch für den Krankenhausbereich gelten. Dass der Gesetzgeber hier Strafgelder vorsieht, werten unsere Krankenhäuser als eine Diskreditierung ihrer Arbeit“, erklärte der Hauptgeschäftsführer.

Auf halbem Wege stecken bleibe ein Hauptpunkt der Reform: die Überführung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in einen unabhängigen Dienst. Zwar wird der Dienst auf Landes- und Bundesebene eine eigenständige Körperschaft, Personalbesetzung und Steuerung erfolgen aber weiter über Gremien, die von der GKV dominiert werden. „Wenn von 23 Sitzen in den Verwaltungsräten 16 von der GKV bestellt werden und die Leistungserbringer dort überhaupt nicht berücksichtigt werden, kann von einem unabhängigen Dienst nicht die Rede sein“, sagte Hauptgeschäftsführer Baum. Auch die Ermittlung und Festlegung der Prüfquote für jedes Krankenhaus in Deutschland ohne Einbindung der Krankenhausseite allein durch den GKV-Spitzenverband könne nicht akzeptiert werden.

 Ambulante Notfallversorgung: unzureichende Vergütung überwinden

Bei der Reform der ambulanten Notfallversorgung steht für die Krankenhäuser die Überwindung der unzureichenden Vergütung als Reformziel im Mittelpunkt. Deshalb müsse an erster Stelle die Entwicklung eines auf die Kosten der Krankenhäuser zugeschnittenen Vergütungssystems und die Direktabrechnung mit den Kassen stehen. Die Krankenhäuser seien grundsätzlich bereit, die Bereitschaftsdienste der niedergelassenen Ärzte örtlich in die Krankenhäuser zu integrieren. „Wir sehen aber keinen Vorteil in der Konzentration der ambulanten Notfallversorgung auf Integrierte Notfallzentren an rund 700 Krankenhausstandorten. Die 1 200 Krankenhäuser, die qualifizierte Ambulanzen haben, werden auch weiter von den Patienten aufgesucht. Es gibt auch überhaupt keinen Grund, diese Versorgungsmöglichkeiten zu beschneiden“, so Baum.

Völlig inakzeptabel und weltfremd sei der Ansatz, die integrierten Notfallzentren als eigene Betreibergesellschaft gemeinsam von Krankenhäusern und den Kassenärztlichen Vereinigungen zu organisieren. Das wäre ein Betrieb im Krankenhausbetrieb mit neuen Schnittstellen und Abgrenzungsbedarf. „Es steht für die Krankenhäuser außer Frage, dass die Bereitschaft der niedergelassenen Ärzte zur Mitwirkung an der ambulanten Notfallbehandlung auch in Zukunft gebraucht wird. Das kann aber das Krankenhaus mit den niedergelassenen Ärzten eigenverantwortlich organisieren. Dazu braucht es keine Betreibergesellschaft mit den KVen“, betonte Baum.

 Digitale-Versorgung-Gesetz? IT-Ausbau und –Sicherheit finanzieren!

Im Digitale-Versorgung-Gesetz sieht Baum die zentralen Probleme der Krankenhäuser bei der Nutzung der Digitalisierung im Medizinbetrieb nicht gelöst. „Wir sehen nicht, dass elektronische Patientenakten oder auch Gesundheits-Apps maßgebliche Verbesserungen im Kernbereich der stationären medizinischen Versorgung bewirken. Sie sind Hilfsmittel, fördern die Compliance und schaffen mehr Augenhöhe im Verhältnis Arzt/Patient. Für die medizinische Versorgung von zentraler Bedeutung sind dagegen die IT-Primärsysteme, die wir in den Krankenhäusern und in den Praxen haben“, so der DKG-Hauptgeschäftsführer. Je mehr patientenbezogene Außenanwendungen, umso dringender sei die Ausstattung der Einrichtungen und deren Sicherheit.

Die DKG hat ein Konzept für Cyber-Sicherheit erarbeitet, das pro Krankenhaus personelle und sächliche und vor allem auch Software-Ausstattungszusatzkosten von mindestens 1 Mio. € pro Haus verursacht. Bei knapp 2 000 Krankenhäusern sind das rund 2 Mrd. €, die die Kliniken allein für Betriebskostenerstattungen bräuchten, um auf diesen Stand zu kommen. Über die Kalkulation im DRG-System und über die Verhandlungen bei den Landesbasisfallwerten werden solche Kosten nicht oder kaum berücksichtigt. „Wir haben die groteske Situation, dass wir für 2020 eine historisch hohe Grundlohnrate von 3,66 % als Obergrenze für unsere Vergütungsverhandlungen mit den Kassen zur Verfügung haben. Wir werden sie aber unter den Verhandlungsbedingungen, die gesetzlich zugelassen sind, nicht ausschöpfen können. Deshalb unser Vorschlag: Was bei den Landesbasisfallwerten als Differenz zu den 3,66 % übrig bleibt, sollte den Krankenhäusern als individuelles Kostenerstattungsvolumen, reserviert für IT-Ausbau und –Sicherheit, zur Verfügung gestellt werden. Schließlich haben die Krankenkassen auf der Grundlage der Lohnzuwächse Einnahmen bezogen. Sie für die Versorgung einzusetzen, ist mehr als recht und billig“, so Baum.