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Editorial

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß – Ambulante Notfallversorgung schnell angehen!

In gut zehn Wochen werden die Weichen gestellt, welche politische Konstellation nach der Bundestagswahl die Politik in Deutschland bestimmen wird. Schaut man sich die Wahlprogramme der Parteien an, sind wesentliche politische Schwerpunkte bereits absehbar. Neben der Klimapolitik taucht auch die Gesundheitspolitik bei allen relevanten Parteien prominent auf, nach 18 Monaten Coronapandemie keine Überraschung.

Für die Krankenhäuser stehen umfassende Reformvorhaben in den Bereichen Strukturentwicklung und Finanzierung an. Dies sind eher mittelfristige Themen, für die die ersten Weichen aber schon zeitnah nach der Bundestagswahl gestellt werden müssen. Hinzu kommen der Fachkräftemangel und die Digitalisierung. Wie in der auslaufenden Legislaturperiode wird die Politik beide Themenfelder in allen Reformen mitdenken und dort, wo es sich als notwendig erweist, zusätzliche eigenständige Maßnahmen ergreifen müssen.

Dringend, und darüber sind sich alle einig, muss die neue Bundesregierung die aufgeschobene Reform der ambulanten Notfallversorgung angehen. Wie die Patienten in die jeweils richtige Versorgungsebene gesteuert werden können, wer zu welcher Zeit zukünftig für die Leistungserbringung zuständig sein soll und wie diese Leistungen sachgerecht zu vergüten sind, muss zeitnah geregelt werden. Für dieses Vorhaben gibt es bereits zahlreiche Vorschläge, unter anderem vom Sachverständigenrat. Der vom Bundesgesundheitsministerium im Januar 2020 vorgelegte Reformentwurf wurde nicht weiterverfolgt. Die Coronapandemie hat dazu sicherlich beigetragen, ist aber bei Weitem nicht der einzige Grund für das vorläufige Scheitern der Reform. Fest steht aber: Die Idee, den kassenärztlichen Vereinigungen innerhalb der Krankenhäuser die Zuständigkeit über Personal und Ressourcen der Krankenhäuser zu übertragen, war so abwegig, dass die Reform scheitern musste.

Völlig überraschend und über einen Änderungsantrag zum letzten großen Gesundheitsgesetz der Legislaturperiode, das GVWG, wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, ein Ersteinschätzungsverfahren für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus zu entwickeln. Auf diesen Schnellschuss hätte der Gesetzgeber gut und gerne verzichten können. Er verkennt, dass die Mitarbeiter in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser schon heute bestens qualifiziert sind, jederzeit die Behandlungsnotwendigkeit und -priorität von Patienten zu bewerten. Zudem sind Krankenhäuser ab der Basisnotfallversorgung durch die Vorgaben des G-BA zum gestuften System der Notfallstrukturen schon heute verpflichtet, die Behandlung anhand eines strukturierten und validierten Systems zu priorisieren.

Die Position der deutschen Krankenhäuser ist klar: Die Reform der Notfallversorgung darf weder dazu führen, dass die Wege für die ambulanten Notfallpatienten länger werden, noch dazu, dass Krankenhäuser, die für die Notfallversorgung geeignet sind, gänzlich von der Teilnahme an der ambulanten Notfallversorgung ausgeschlossen werden. Wenn ein Patient in einer Notfallsituation ein Krankenhaus aufsucht, dann muss das Krankenhaus dem Patienten helfen dürfen. Zumindest die Erstversorgung kann und darf ein Krankenhaus dem Patienten nicht verweigern.

An vielen Standorten arbeiten die Notfallpraxen der kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenhäuser bereits Hand in Hand. Wo die KV keine Möglichkeit sieht, eine Notfallpraxis außerhalb der üblichen Sprechstunden einzurichten, müssen die Notaufnahmen der Krankenhäuser als Anlaufstelle für erhalten bleiben. Nichts spricht gegen eine gezielte Patientensteuerung durch eine qualifizierte telefonische Beratung bei der Kontaktaufnahme durch die potenziellen Notfallpatienten. Kein Verständnis hätten die Betroffenen, wenn sie in einer Notfallsituation an geeigneten Krankenhausstandorten vorbei längere Wege akzeptieren müssten, um zu einem zugelassenen ambulanten Notfallstandort zu gelangen.

Die bestmögliche Versorgung unserer Patienten muss das zentrale Ziel der Notfallreform sein. Mit dem gutem Willen all jener, die an den Beratungen zur Reform beteiligt sein werden, sollte dieses Ziel zu erreichen sein. Die Krankenhäuser sehen den anstehenden Diskussionen daher optimistisch entgegen.