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Editorial

Corona drückt die Preise


Wir lesen in diesen Tagen, dass die deutsche Volkswirtschaft auch im ersten Quartal 2021 pandemiebedingt geschrumpft ist. Die Ökonomen sind jedoch optimistisch: Alles deutet auf ein Ende der Pandemie hin, auch wirtschaftlich. Deutschland hat auch wegen seiner leistungsfähigen Krankenhauslandschaft diese schwere Krise relativ gut überstanden. Für die Kliniken und ihre Beschäftigten sind die Folgen der Pandemie jedoch bei weitem noch nicht ausgestanden. Corona könnte zu einer dauerhaften Belastung für die Krankenhäuser werden. Denn beim Blick auf die mittlere Zukunft ist das Jahr 2020 ein ganz entscheidendes. Im vergangenen Jahr ist nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes das Bruttoinlandsprodukt um 5 % gesunken. Dieser Rückgang wird massive Auswirkungen auf die für die Kliniken so wichtige Grundlohnrate haben. Im Corona-Krisenjahr 2020 sind die Einkommen aufgrund massenhafter und andauernder Kurzarbeit sowie gestiegener Arbeitslosigkeit signifikant gesunken. Dies wird die Lohnentwicklung insgesamt drücken. Gleichzeitig wird der Orientierungswert  unvermindert steigen. Betrachtet man also in diesem Zusammenhang eine Grundlohnentwicklung von nahe Null (oder schlimmstenfalls sogar mit einem negativen Vorzeichen) und eine zu erwartende Kostensteigerung von 3 %, so entsteht eine gewaltige Schere bei den maßgeblichen Indikatoren für die Erlösentwicklung der Krankenhäuser und der Kostenentwicklung. Es droht, wenn die Politik nicht handelt, ein Veränderungswert, der insbesondere die zu erwartenden Personalkostensteigerungen nicht ansatzweise decken kann. Dies wäre auch kein Einmaleffekt, sondern die Einnahmebasis der Krankenhäuser würde dauerhaft abgesenkt. Die Regelungen im Sozialgesetzbuch sind für einen derartigen Fall nicht konstruiert. Ein so drastisches Auseinanderdriften zwischen Grundlohnrate und Orientierungswert ist schlicht nicht vorgesehen. De Differenz zwischen Grundlohnrate und Orientierungswert würde nur um ein Drittel ausgeglichen. In der Psychiatrie und Psychosomatik gilt ein maximaler Ausgleich von 40 % der Differenz zwischen Grundlohnrate und Orientierungswert. Die Krankenhäuser stünden demnach im Jahr 2022 vor der Herausforderung, ihre in den DRGs kalkulierten Kosten um wahrscheinlich mindestens 2 % zu senken, um sie an die unzureichenden Erlöse anzupassen. Dieses Szenario ist undenkbar, denn es wäre ohne eine spürbare Absenkung der Personalkosten nicht zu realisieren. Niemand, auch nicht die Krankenkassen, dürfte ein Interesse daran haben, dass die Krankenhäuser im Jahr eins nach der Pandemie Personal entlassen oder Stellen nicht mehr nachbesetzen.

Der Gesetzgeber hat die bestehenden Regelungen zur Berechnung der Veränderungsrate auch festgeschrieben, um die Ausgaben der Krankenkassen an die zu erwartenden Beitragseinnahmen auf Basis der Grundlohnsumme zu begrenzen. Ziel ist es, überproportionale Ausgabensteigerungen zu vermeiden, die die Beitragssatzstabilität gefährden. Mit Blick auf die Krankenkassen hat die Politik die Problematik der beiden Pandemiejahre 2020 und 2021 für die Einnahmenentwicklung längst erkannt und mit einem kräftigen Bundeszuschuss reagiert. Diese Logik muss deshalb auch für die Krankenhäuser greifen. Politik, Krankenkassen und Krankenhäuser müssen ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die Auswirkungen der Pandemie nicht zu einem Arbeitsplatzabbau in den Krankenhäusern führen. Die DKG hat dem Bundesgesundheitsminister und den Koalitionsparteien konkrete Vorschläge zu kurzfristigen Anpassungen im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) gemacht. Für die Vereinbarung der Landesbasisfallwerte 2022 muss der volle Orientierungswert als Kostenentwicklungsindikator anstelle der bisherigen Ein-Drittel-Regelung gelten. Diese Anpassung im Gesetz muss noch vor der Bundestagswahl durchs Parlament. Im Interesse der Beschäftigten in den Krankenhäusern muss die Politik schnell reagieren, um die Arbeitsplätze derjenigen zu schützen, die in der Pandemie unseren Schutz gewährleistet haben.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß