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Editorial

Perspektivwechsel für alle

Gesetzestechnisch ging die Pandemie Ende Februar in die nächste Runde. Mit dem EpiLage Fortgeltungsgesetz wird die Pandemielage über den März hinaus bis auf weiteres fortgeschrieben.

Der Bundesregierung werden umfassende Ermächtigungen zum schnellen Handeln über Verordnungen an die Hand gegeben. Für einzelne Bereiche werden Rettungsschirmkomponenten weiterentwickelt. Arztpraxen sollen vor den wirtschaftlichen Folgen des Rückgangs der Fallzahlen geschützt werden und finanzielle Ausgleiche erhalten. Auch für stationäre Pflegeeinrichtungen sind Ausgleiche für pandemiebedingte Leistungsrückgänge vorgesehen. Diese grundsätzlich richtigen Entscheidungen müssen auch für die Krankenhäuser getroffen werden. Die auf Sicht gesteuerten indikatorenabhängigen Ausgleichszahlungen für Freihaltungen lösen nicht die Liquiditätsproblematik des allgemeinen Belegungsrückgangs bei allen Kliniken. Hier brauchen die Krankenhäuser wieder die

Hilfe der Politik. Erfreulicherweise kommen aus dem Beirat und von Minister Spahn Signale, dass die Krankenhäuser mit der Wiederauflage eines Ganzjahresausgleiches rechnen können. Das ist – bei allen noch offenen Details – eine gute Botschaft im Vorfeld der Konferenz der Bundesregierung mit den Bundesländern am 3. März.

Die Absicherung der wirtschaftlichen und damit medizinischen Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser ist eine gewichtige Voraussetzung, dass der Weg aus dem Lockdown mutig gewagt werden kann. Das ist eine allen pandemischen Nöten zum Trotz hoffnungsvoll stimmende Perspektive im letzten Monat meiner nunmehr 15jährigen Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Grundsätzlich kann aus der langjährigen verbandspolitischen Tätigkeit festgestellt werden, dass die Rolle der Krankenhäuser für die medizinische und soziale Daseinsvorsorge in der Politik fest verankert ist. Der Stellenwert einer guten wohnortnahen Krankenhausstruktur kann selbst vom Sturmlauf vermeintlicher wie auch seriöser wissenschaftlicher Gutachter nicht erschüttert werden. Reformen sind meistens von den Krankenhäusern selbst angestoßen und umgesetzt worden. Spezialisierung, Vernetzung, ambulante Öffnung, aber auch Kapazitätsanpassungen und Krankenhausschließungen gehen in der Regel auf Initiativen der Krankenhäuser zurück. Auch viele Konzepte für Qualitätssicherungsmaßnahmen kommen aus den Krankenhäusern.

Nicht immer fällt allerdings die konkrete Umsetzung lastenfrei aus. Groß sind Datenhunger, Kontrollbedarf und Sanktionseifer auf Seiten der Kostenträger. „Durchsetzungsrichtlinie“ ist das Unwort meiner 15 Jahre. Der G-BA als zentrale Instanz der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen kann oft, oft aber auch nicht Ausgleiche und Konsens herbeiführen.

Mit gemeinsamen Willen und Kraftanstrengung sollte es dennoch gelingen, überbordende und definitiv unnütze Bürokratie aus dem System zu nehmen. Der Schlüssel dafür ist weniger Misstrauen und mehr Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Klinikleitungen und der tausenden hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen.

Die Entlastung von bürokratischen Lasten ist hoch dringlich und Voraussetzung dafür, dass die Personalknappheit überwunden werden kann. Hier ist zu hoffen, dass die gemeinsame G-BA Selbstverwaltung auch aus den Erfahrungen mit Corona zu einem radikalen Perspektivwechsel findet.

Liebe Leserinnen und Leser, es war eine große Herausforderung 15 Jahre lang und 180 mal monatlich an dieser Stelle einen krankenhauspolitischen Kommentar zu verfassen. Bekanntlich gibt es für das Krankenhauswesen keine in sich schlüssige Ordnungspolitik als Leitschnur. Ich hoffe aber, dass es mir gelungen ist, gut begründete und berechtigte Angelegenheiten und Belange der Krankenhäuser, deren Beschäftigten und natürlich auch der Patienten in die Öffentlichkeit und Politik zu tragen.

Ich danke Ihnen für Treue als Abonnenten und Leser unserer Zeitschrift. Mit 66 Jahren beginnt für mich ein Lebensabschnitt mit neuen Perspektiven – möglichst ohne medizinische Hilfen unserer Krankenhäuser, aber immer im sicheren Wissen, dass sie da sind, wenn das Leben sie braucht.

Ihnen alles Gute.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum