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Editorial

Unheil abwenden – Schluss mit Klein-Klein

Mit täglich steigenden Infektionszahlen breitet sich die zweite Welle der Pandemie in Deutschland aus. Aus den Nachbarstaaten werden wieder Bilder überlasteter Intensivstationen gezeigt. Und die Bundeskanzlerin macht sich Sorgen, dass es am Ende nicht gelingen könnte, Unheil abzuwenden, und dass die Lebensperspektiven der jungen Menschen auf Jahre belastet sein könnten.

Angesichts des hohen Anstiegs der Staatsverschuldung hätte ein erneuter umfassender wirtschaftlicher Lockdown in der Tat nachhaltige Folgen. Deshalb muss alles darauf konzentriert werden, die rasante Zunahme der Infektionen zu brechen, die Krankenhäuser vor Überlastungen zu schützen und sie zugleich in die Lage zu versetzen, alle Menschen, die stationäre medizinische Hilfe brauchen, auch behandeln zu können. Die Kliniken sind für eine zweite Welle gewappnet. Die gute Ausgangslage mit weltweit höchsten Behandlungskapazitäten darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krankenhäuser wieder die Hilfe des Gesetzgebers und die Unterstützung der Kostenträger brauchen. Weiterhin muss gelten, dass Krankenhäuser wegen Corona nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen dürfen. Bis zum Ende des Jahres greift noch die Anschlussregelung für die Ende September ausgelaufen Freihaltepauschalen in Form der Ganzjahresmindererlösausgleiche. Die müssen allerdings noch mit dem GKV-Spitzenverband vereinbart werden. Die Erlösausfälle müssen bei der Mindererlösausgleichsquote vollständig berücksichtigt werden. Zugleich muss schon jetzt der Schutzschirm für 2021 geschaffen werden. Die Corona-bedingten Mehrkosten und Erlösausfälle müssen weiter ausgeglichen werden. Dabei muss, wie für das laufende Jahr, das Budget des Jahres 2019 Referenzgröße für Erlösausgleiche sein. Zusätzlich sind zur Liquiditätssicherung Abschlagszahlungen für Freihaltungen und die Beibehaltung der fünftägigen Rechnungsbegleichungsfrist erforderlich.

Die sorgenvollen Worte der Bundeskanzlerin machen deutlich: Wir haben eine gewaltige Herausforderung zu bestehen. Etwas nie Dagewesenes. Auf das Gesundheitswesen und die Krankenhäuser bezogen muss alles, was hemmt und behindert, was finanzielle Mittel und Arbeitskräfte bindet, ohne wirklich gebraucht zu werden, infrage gestellt werden. Alle bei der ersten Welle ausgesetzten G-BA-Vorgaben müssen wieder en bloc suspendiert werden. Es hätte auch keinerlei negative Auswirkungen auf die medizinische Versorgung, wenn darüber hinaus die Millionendatensätze und Nachweise für die Krankenhausberichte und inzwischen unzähligen Strukturrichtlinien für dieses und nächstes Jahr einfach ausgesetzt werden. Übergangszeiten zur Erfüllung von Anforderungen – ob beim Notfallstufenkonzept, den Zentren oder vielen anderen Richtlinien – müssen ebenfalls über die zwei Krisenjahre 2020/2021 gestreckt werden. Die neu eingeführten Qualitätskontrollen durch die Medizinischen Dienste sollten außer Kraft gesetzt werden. Auch die derzeit auf 5 % begrenzte MDK-Prüfquote muss verlängert werden. Das hätte den positiven Nebeneffekt, dass die MDK-Prüfer für die Unterstützung der Gesundheitsämter freigestellt werden könnten. In den Krankenhäusern könnten Millionen Arbeitsstunden von Ärzten und Pflegekräften für die Patienten freigeschaufelt werden. Wenn es um Abwehr von Unheil geht, muss in solchen Dimensionen gedacht und gehandelt werden.

Womit wir bei der für den 1. Januar 2021 vorgesehenen Ausweitung der Pflegeuntergrenzen auf die großen Fächer der Inneren Medizin und Chirurgie, der Pädiatrie und der ebenfalls vorgesehenen Verschärfung der Besetzungsquoten in der Intensivmedizin sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Ausweitung der Intensivkapazitäten zur Lebensrettung von Covid-Patienten nicht immer und überall mit der idealtypischen Personalquote einhergegangen sein kann. Wenn die Bundeskanzlerin von höchsten Gefahrenlagen spricht, kann es keine Begründung dafür geben, ab 1. Januar 2021 den Krankenhäusern noch engere Personalbesetzungsvorgaben zu machen. Was jetzt gebraucht wird, ist maximale Flexibilität beim Personal- und Ressourceneinsatz in den Krankenhäusern. Schluss mit Klein-Klein.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum