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Zunehmender Fachkräftemangel als strukturelles Problem


Prof. Michael Hallek, Vorsitzender des SVR, übergibt das aktuelle Gutachten an den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: krü

Fachkräfte im Gesundheitswesen werden in Deutschland ineffizient eingesetzt. Das ist das Ergebnis eines neuen Gutachtens mit dem Titel „Fachkräfte im Gesundheitswesen. Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource“ des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege (SVR).

Der zunehmende Fachkräftemangel sei ein Kernproblem der Gesundheitsversorgung, sagte auch Karl Lauterbach. 50 000 Ärzte würden in den kommenden zehn Jahren fehlen.

Im internationalen Vergleich stehen im deutschen Gesundheitswesen, bezogen auf die Einwohnerzahl, relativ viele Beschäftigte zur Verfügung, so Prof. Michael Hallek, Vorsitzender des SVR bei der Übergabe des aktuellen SVR-Gutachtens an den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 25. April 2024.

Dass dennoch Versorgungsengpässe festzustellen sind und Fachkräfte fehlen, weise auf strukturelle Defizite im deutschen Gesundheitssystem hin, so Hallek weiter: „Die Fachkräfte werden ineffizient eingesetzt. Es wird höchste Zeit, die strukturellen Defizite zu beheben.“ Die Anzahl der Beschäftigten zu erhöhen, stoße an Grenzen aufgrund der demografischen Entwicklung, der zunehmenden Konkurrenz auch mit anderen Ländern um Fachkräfte und nicht zuletzt der Kosten für höheren Personaleinsatz.

Die aktuelle Versorgungsstruktur begünstige aber den Erhalt ineffizienter Strukturen. Ein mit dem Gutachten entwickeltes Maßnahmenbündel soll die Nachfrage nach Fachkräften reduzieren, das Angebot an Fachkräften soweit nötig und möglich erhöhen, vor allem aber durch strukturelle Verbesserungen den Einsatz der knappen und kostbaren Ressource „Fachkräfte" gezielter und nachhaltiger machen.

Lauterbach kündigt „Generalüberholung“ des Gesundheitssystems an

„Wir stehen vor einer Generalüberholung des Gesundheitssystems“, kündigte Karl Lauterbach an. Bei der Übergabe des aktuellen SVR-Gutachtens am 25. April 2024 steckte der Bundesgesundheitsminister Handlungsbereiche ab, die helfen sollen, den Fachkräftemangel zu beheben. Eine „massive Entbürokratisierung“ versprach Lauterbach auch für den Bereich der niedergelassenen Praxen. Die Ambulantisierung müsse ausgebaut und die sektorübergreifende Versorgung verstärkt werden. Für Letzteres seien die Bundesländer gefordert, Vorschläge zu machen.  

Lauterbach sieht sich in seinen Reformvorhaben durch das Gutachten bestätigt. Unerlässlich für die Bewältigung des Fachkräftemangels sei eine Krankenhausstrukturreform, die mit einer Reduzierung der 1 700 Kliniken in Deutschland einhergehe, bekräftigt Hallek.

Die Hausarztversorgung soll gestärkt, die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung vorangebracht werden. Es sollen 5 000 Studienplätze zusätzlich pro Jahr angeboten werden. Doppelstrukturen bei den Fachärzten müssten abgebaut, die Kompetenzen der Pflege ausgebaut und gestärkt werden.

Eine große Wirkung sollen vorbeugende, das Gesundheitssystem entlastende Angebote der Prävention wie etwa das „Herz-Gesetz“ entfalten. Ein Entwurf des Gesetzes, wonach regelmäßige Herz-Vorsorge Kassenleistung würde, soll noch vor der Sommerpause ins Kabinett kommen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bestätigt die Forderung des Sachverständigenrates nach Maßnahmen, die mehr Effizienz in die stationäre Versorgung bringen sollten. „Hier könnten wir bereits weiter sein, wenn der Bundesgesundheitsminister die Krankenhausreform nicht fortlaufend durch Alleingänge gegenüber den Ländern gefährden würde. Hier ist bereits viel Zeit für eine geordnete Transformation verloren gegangen“, sagt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß. Allerdings liegen die vom Rat monierten Effizienzreserven nicht ausschließlich beim stationären Sektor. Auch im ambulanten Bereich sei eine Über- und Fehlversorgung zu konstatieren, die viel Personal binde.

Richtig sei auch der Ansatz im Gutachten, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken und die Prävention von Krankheit in den Mittelpunkt zu rücken. Richtig sei auch der Hinweis, dass Patienten mit Behandlungsbedarf besser gesteuert werden müssten, damit sie am richtigen Ort ankommen. Die vom Rat vorgeschlagene Primärarztversorgung und die längst überfällige Reform der Notfallversorgung seien ebenso richtig.

Entlastung von Bürokratie und Überregulierung gefordert

„Neben diesen strukturellen Maßnahmen brauchen wir aber auch ganz grundsätzlich eine Entlastung des Gesundheitspersonals von Bürokratie und Überregulierung“, so Gaß. „Dass Ärztinnen und Ärzte genauso wie Pflegekräfte im Krankenhaus heute rund drei Stunden täglich mit Bürokratie verbringen müssen, ist völlig inakzeptabel. In dieser Zeit fehlen sie bei ihrer eigentlichen Arbeit am Patientenbett.“

Allein durch die Halbierung dieser Bürokratiezeit würden im Krankenhaus 30 000 Vollkräfte im ärztlichen Dienst und 70 000 Vollkräfte im Pflegedienst für die Patientenversorgung gewonnen.

„Mit Blick auf die Gesetzesvorhaben aus dem Lauterbach-Ministerium dürften sich die Menschen in Gesundheitsberufen aber eher auf noch mehr Bürokratie und noch mehr Ineffizienz einstellen“, fürchtet der DKG-Vorstandsvorsitzende. Das sei eine Entwicklung in die falsche Richtung, die immer mehr Versorgungseinschränkungen zur Folge haben wird. 

„Wir benötigen ein Gesundheitssystem, in dem Angebote endlich im Sinne der Patientenversorgung verzahnt werden. Die starren Grenzen zwischen den Sektoren müssen durchlässig werden. In Krankenhäusern müssen viel mehr ambulante Behandlungen möglich werden.“ krü