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Too Big to Fail?


Nach dem Bund-Länder-Gespräch: Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD, li.), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die gesundheitspolitischen Sprecher der Ampel-Koalition Heike Baehrens (SPD), Andrew Ullmann (FDP) und Janosch Dahmen (Grüne). Foto: Kotlorz

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist offenbar ein Freund von Superlativen. Seine eingangs als „Revolution“ bezeichnete Krankenhausreform betitelte Lauterbach nach dem Bund-Länder-Gespräch am 17. April als „Too Big to Fail“ (zu groß zum Scheitern). Offenbar ficht den Minister nicht an, dass das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) weiterhin für Ärger zwischen dem Bund und den Bundesländern sorgt. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesländer Bayern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ergab unter anderem, dass eine Gesetzesverabschiedung ohne Zustimmung des Bundesrates, wie von Lauterbach vorgesehen, „das Risiko einer formellen Verfassungswidrigkeit" berge. Laut Gutachten greife das KHVVG zu sehr in die Kompetenz der Länder ein.

Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kritisierte eine Gefährdung der Versorgungssicherheit. Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sein Vorhaben nicht korrigieren sollte, werde Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen. „Viel zu viele Krankenhäuser müssen infolge seines Reformvorschlags ihr Leistungsangebot ganz erheblich verringern. Das ist unverantwortlich", sagte Gerlach. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), sagte, das Gutachten solle keine Blockadepolitik manifestieren. Aber sie forderte den Bund auf, die Änderungsvorschläge der Länder ernst zu nehmen.

Seit Monaten wird um die Krankenhausreform gerungen. Und bei der Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Treffen am 17. April wurde deutlich, dass es weiterhin erheblichen Dissens zwischen den Ländern und dem Bund gibt. Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) las Lauterbach regelrecht die Leviten, indem sie vier Kritikpunkte aufzählte, bei denen noch dringend nachgearbeitet werden müsse bei der Reform. So fehlt der SPD-Senatorin nach wie vor eine Auswirkungsanalyse. Es müsse vor der Reform klar sein, welche Konsequenzen diese auf die Versorgung habe und welche finanziellen Auswirkungen damit auch für die Länder verbunden seien. Zum Zweiten fordert Schlotzhauer mehr Flexibilität und Beweglichkeit bei der Krankenhausplanung. Drittens will Hamburgs Gesundheitssenatorin wissen, wann die Rechtsverordnungen in Kraft treten sollen. Denn lediglich bei den Rechtsverordnungen haben die Länder offenbar noch die Möglichkeit, Veto einzulegen, da diese zustimmungspflichtig sein werden. In den zustimmungspflichtigen Rechtsverordnungen sollen die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und deren Strukturvoraussetzungen sowie künftige Ausnahmemöglichkeiten und Kooperationen geregelt werden. Doch wann genau die Rechtsverordnungen kommen werden ist unklar. In jedem Fall erst nach der Verabschiedung des KHVVG ließ Lauterbach wissen.

Viertens will Schlotzhauer wissen, wie sich die Patientenströme entwickeln werden, welche Rolle den sektorübergreifenden Versorgern zukommen werde.

Der Bundesgesundheitsminister signalisierte gegenüber den Ländern Gesprächsbereitschaft zum Beispiel bei der Forderung nach mehr Entbürokratisierung bei den Kliniken. Nicht verhandelbar seien dagegen „Qualitätskriterien“, welche aus Sicht des Bundes für die Sicherstellung notwendig seien. Damit war offenbar gemeint, dass es keine regionalen Ausnahmeregelungen geben soll; Leistungsgruppen und Klinikentfernungen beispielweise sollen bundesweit einheitlich gelten.

Zu einem nun vorgelegten Gesetzentwurf könnten die Länder und Verbände bis zum 30. April Stellung nehmen. Die Länder hätten eine gemeinsame Stellungnahme in Aussicht gestellt, erläuterte Lauterbach. Der ursprünglich avisierte Termin, das KHVVG am 24. April ins Bundeskabinett zu bringen, könne somit nicht mehr gehalten werden. Das Kabinett werde sich jetzt am 8. Mai mit dem KHVVG befassen - voraussichtlich. Die erste Lesung im Bundestag soll vor dem Sommer sein. Letztlich ließ Lauterbach keinen Zweifel daran, dass die Klinikreform kommen werde, denn das KHVVG sei „zum Erfolg verdammt“.

Die Klinikreform zielt darauf ab, die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Künftig sollen die Kliniken 60 % der Vergütung für das Vorhalten von Leistungen bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen mit einheitlichen Qualitätsvorgaben sein.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach kritisierte, viel zu viele Krankenhäuser müssten ihr Leistungsangebot erheblich verringern. „Das ist unverantwortlich.“

Dagegen sagte Lauterbach nach dem Bund-Länder-Gespräch am 17. April, es werde mit der Reform zu Klinik-Schließungen kommen, das sei auch gewollt. Dies seien aber gezielte und geplante Schließungen im Sinne der Reform und keine, die sich ergäben, weil benötigte Häuser nicht über die Runden kämen.

Die gesundheitspolitischen Sprecher der Ampel-Koalition, Heike Baehrens (SPD), Janosch Dahmen (Grüne) und Andrew Ullmann (FDP), betonten die Notwendigkeit der Klinikreform und äußerten sich zuversichtlich, dass es zügig zu Beratungen darüber im Bundestag kommen werde.

Tanja Kotlorz