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KRH Medizinstrategie 2030


Regionspräsident und Aufsichtsratsvorsitzender Steffen Krach, Dr. Matthias Bracht, Geschäftsführer Medizin, Barbara Schulte, Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur, Michael Born, Geschäftsführer Personal, und Michael Borges, Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Foto: KRH

Mit einer umfassenden strategischen Neuausrichtung des Klinikum Region Hannover (KRH) wird sich die stationäre Versorgung in der Niedersächsischen Hauptstadt und im Umland spürbar verändern.

Der Aufsichtsrat des KRH hat in seiner Sitzung am 22. März 2023 die KRH Medizinstrategie 2030 beschlossen. Ziel ist es, die stationäre medizinische Versorgung für die gesamte Region Hannover auf eine zukunftsfähige Basis zu stellen. Investitionsstau, Fachkräftemangel, der zunehmende Trend zu ambulanten Behandlungen und steigende Ansprüche an die Behandlungs- und Pflegequalität machen Strukturveränderungen unumgänglich. Stärkere Spezialisierung, Zusammenführung und Verlagerung von Leistungen, Standortschließungen sind geplant, und zwar nach dem Motto: „In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod“, so der KRH-Aufsichtsratsvorsitzende Regionspräsident Steffen Krach.

Die Medizinstrategie sieht ein breit gefächertes, abgestuftes Versorgungsangebot in der Grund- und Regelversorgung, der Schwerpunkt- und der Maximalversorgung vor. Dieses wird durch interdisziplinäre Versorgungsformen und ambulante Angebote ergänzt.

Das KRH ist einer der ersten kommunalen Klinikverbünde, der auf die sich verändernden Rahmenbedingungen mit einer umfänglichen strategischen Neuausrichtung reagiert. Ziel sei es,

●   für die Menschen in der Region Hannover eine hochmoderne Gesundheitsversorgung aus kommunaler Hand anzubieten,

●   für die Beschäftigten im KRH sichere Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen und ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und

●   das KRH als drittgrößten kommunalen Klinikkonzern Deutschlands langfristig in öffentlicher Hand zu sichern.

So soll das Klinikum Nordstadt und das Klinikum Siloah am Standort Siloah fusioniert werden – zum Klinikum Mitte. Auf diese Weise soll ein Krankenhaus der Maximalversorgung – Level III geschaffen werden. Ein Level-III-Krankenhaus sei im Konzern unabdinglich, um das gesamte Spektrum einer gestuften Versorgung in der Region abbilden zu können. Mit der absehbaren Umsetzung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes und geplanter Reformen auf Bundesebene dürfen künftig viele komplexe Behandlungen in der aktuellen KRH-Struktur nicht mehr erbracht werden, weil die Häuser die notwendigen Strukturvorgaben nicht erfüllen. Für die Fusion ist ein Erweiterungsbau am Standort Siloah notwendig.

In das Nordstadtkrankenhaus soll die Psychiatrie Langenhagen umziehen. Zunächst die Akutgeriatrie in die Nordstadt vollständig verlagert werden. Sobald der Erweiterungsbau in Siloah fertiggestellt ist und die somatischen Fachabteilungen des Nordstadtkrankenhauses zum Standort Siloah verlagert worden sind, wird die Psychiatrie Langenhagen dorthin ziehen. Die Psychiatrie Wunstorf wird fortgeführt und weiterentwickelt. Die Kliniken in Lehrte und Großburgwedel sollen am Standort Großburgwedel zum „Klinikum Ost“ als Schwerpunktversorger zusammengeführt werden. Mittelfristig ist hierfür ein Neubau geplant.

In Lehrte soll in einem Neubau ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit attraktivem und bedarfsgerechtem ambulantem Angebot – ebenfalls in kommunaler Trägerschaft – entstehen.

Der Standort Gehrden mit seinen hochspezialisierten Leistungen und intensivmedizinischen Komplexbehandlungen soll als Schwerpunktversorger weiter gestärkt werden. Für den Neubau des Standortes wird der zweite Bauabschnitt wie geplant fortgesetzt.

Dem Klinikum Neustadt kommt in der Medizinstrategie 2023 eine wichtige Rolle zu: Es versorgt ein großes ländlich geprägtes Einzugsgebiet im Nord-Westen Hannovers. Ein Wegfall würde bedeuten, dass mehr als 45 000 Menschen mit dem Auto länger als 45 Minuten zum nächsten Krankenhaus bräuchten. Der Standort wird als Grund- und Regelversorger fortgeführt und um ambulante Angebote bereichert werden, die die Versorgung in der Region zusätzlich stärken. Ähnliches gilt für das Klinikum Laatzen, das als Grund- und Regelversorger fortgeführt und um ambulante Versorger ergänzt werden soll. Die zentrale Notaufnahme am Klinikum Laatzen wird modernisiert, die Neurologie nach Gerden und die Orthopädie und Unfallchirurgie in das Klinikum Mitte verlagert.

Medizinstrategie 2030: Raus aus der Schieflage

Denn die wirtschaftliche Situation der Kliniken Niedersachsens sieht düster aus - nicht nur bei den kommunalen Trägern. Das KRH blickt für das Geschäftsjahr 2022 auf ein deutlich negatives Ergebnis: Das strukturelle Defizit des KRH setzt sich aus 13,6 Mio. € für Zinsen und Abschreibungen aus Investitionen sowie 16,4 Mio. € operativem Ergebnis zusammen – zusammen also -40 Mio. €.

Nach Umsetzung der Medizinstrategie 2023 soll sich das jährliche Ergebnis des KRH um 17 bis 21 Mio. € verbessern. Damit würde der Klinikkonzern in die Lage versetzt, operativ ausgeglichene Ergebnisse zu erwirtschaften.

Durch die Konzentration der Infrastruktur können die Aufwendungen für Instandhaltungen über die nächsten 20 Jahre um 656 Mio. € reduziert werden, hoffen die Aufsichtsräte. Dagegen steigt der Investitionsbedarf im Vergleich zu den Planungen der „Medizinstrategie 2025“ um 105 Mio. € auf 743 Mio. €. Hier hofft das Gremium auf zusätzliche Investitionsmittel über einen Strukturfonds von Bund und Ländern im Rahmen der Planungen einer künftigen Strukturreform.

Fast gleichzeitig mit der Vorstellung der KRH-Medizinstrategie 2030 veröffentlichte die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) Ergebnisse einer Blitzumfrage. Ergebnis: Die wirtschaftliche Schieflage der Krankenhäuser in Niedersachsen verschärft sich rapide. Demnach erwarten die Kliniken im Jahr 2023 ein Defizit von landesweit 532 Mio. €. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies mehr als einer Verdoppelung. 2022 betrug das Defizit der Kliniken im Land 217 Mio. €. 93 % der Krankenhäuser geben an, 2023 kein positives Jahresergebnis zu erwarten. Als wesentliche Gründe für die immer weiter auseinanderklaffende Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben nennen die Krankenhäuser nicht gedeckte Preissteigerungen infolge der hohen Inflation sowie anhaltend verminderte stationäre Fallzahlen. Zudem kommen die im vergangenen Jahr von der Bundesregierung zugesagten Energiehilfen aufgrund von Konstruktionsfehlern vielfach nicht in den Krankenhäusern an. Die NKG fordert politische Entscheidungsträger in Bund und Land angesichts der Umfrageergebnisse zu entschlossenem Handeln auf.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem aktuellen Krankenhausplan für Niedersachsen, der das Land in acht Versorgungsregionen unterteilt und die Krankenhäuser in drei Stufen als Grund-, Schwerpunkt- oder Maximalversorger klassifiziert sowie den Reformplänen des Bundesgesundheitsministers mit Versorgungslevel und Leistungsgruppen zielen auf eine stärkere Spezialisierung in größeren Kliniken ab. Dies wird mit den jetzt vom KRH-Aufsichtstrat beschlossenen Plänen antizipiert. Ziel ist, so der Aufsichtsrat, eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und verbesserte Versorgung sicherzustellen.

Sichere Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen

„Das Klinikum Region Hannover wird mit der Medizinstrategie 2030 bundesweit eine führende Rolle in der Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft einnehmen und damit perspektivisch zu den modernsten Klinikkonzernen bundesweit gehören“, so Steffen Krach. Dabei bezieht er sich auch auf die Rückmeldung führender Experten für Gesundheitswirtschaft. Die Medizinstrategie stärkt die stationäre und ambulante Versorgung auf einem hohen Qualitätsniveau und zielt auf eine Verbesserung der Arbeitsplatzattraktivität ab. „Eine zentrale Botschaft an die Beschäftigten ist, dass betriebsbedingte Kündigungen und Outsourcing an Dritte im Zuge der Medizinstrategie ausgeschlossen sind. Sichere Arbeitsplätze, Erhalt der Tarifbindung und Maßnahmen für gute Arbeitsbedingungen sind Teil der Medizinstrategie. Wir wollen heute Menschen dafür begeistern, morgen im Krankenhaus arbeiten zu wollen. Darum ist es genau richtig, jetzt die Weichen zu stellen, um hoch attraktive Arbeitsplätze in einem modernen und zukunftsfähigen Unternehmen zu schaffen“, so die Einschätzung des Stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Borges.

Die Medizinstrategie 2030 war in den zurückliegenden Monaten intensiv diskutiert und im Aufsichtsrat weiterentwickelt worden. Die Gesamtstrategie erfasst neben der strukturellen Weiterentwicklung des Versorgungsangebots die inhaltliche Entwicklung der Pflege-, der Personal- und der Digitalstrategie.

„Wir wissen um die hohe Komplexität der Strategie und um die besonderen Herausforderungen, die ihre Umsetzung für die Beschäftigten des KRH und auch die Einwohner und Einwohnerinnen mit sich bringt“, erklärt der KRH-Aufsichtsratsvorsitzende Krach. „Gleichzeitig sind wir aber auch überzeugt davon, dass wir mutig sein müssen, den richtigen Weg weiterzugehen, um die medizinische Versorgung in der Region nachhaltig zu verbessern und zu sichern. Unsere Aufgabe liegt jetzt darin, die vielen positiven Effekte der Medizinstrategie noch stärker in die Öffentlichkeit zu tragen und im Dialog mit allen Beteiligten zu bleiben.“

In einem beteiligungsorientierten Prozess war auch die KRH-Belegschaft in die Entwicklung der Medizinstrategie eingebunden und unterstützt das jetzt vorliegende Ergebnis. „Wir sind beeindruckt von der hohen Professionalität, wie über Fach-, Hierarchie- und Professionsgrenzen hinweg inhaltlich diskutiert und gestritten wurde“, resümieren Michael Born, KRH Geschäftsführer Personal, Dr. Matthias Bracht, KRH Geschäftsführer Medizin, und Barbara Schulte, KRH Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur. Nach der Verabschiedung durch den Aufsichtsrat wird sich die Regionsversammlung in einer ihrer kommenden Sitzungen mit der KRH Medizinstrategie 2030 beschäftigen und dann auch final darüber abstimmen.

Katrin Rüter