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Krankenhausreform: Gemeinsamer Gesetzentwurf bis zum Sommer


Gemeinsam wollen Bund und Länder einen Gesetzentwurf zur geplanten großen Krankenhausreform auf den Weg bringen. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag (5. Januar) nach Beratungen mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen der Länder und mit Experten der Koalitionsfraktionen an.

Bis zum Sommer dieses Jahres wollen sich der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Minister aus den Bundesländern auf einen Entwurf einigen. Die Bundesländer sollen ab jetzt einbezogen werden – und nicht erst im Bundesratsverfahren mit dem Entwurf konfrontiert werden.

In der Diskussion ging es um die Umsetzung von Vorschlägen der 17-köpfigen „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ (siehe Bericht in das Krankenhaus 1/2023), auf deren Grundlage sich Bund und Länder auf ein Reformkonzept entwickeln sollen, dass von allen mitgetragen werden kann.  

„Wir stehen am Vorabend einer großen notwendigen Revolution im Krankenhaussektor“, erklärte Karl Lauterbach im Rahmen der an das Bund-Länder-Gespräch anschließenden Pressekonferenz.  Das Gespräch sei eine „großartige Sitzung“ gewesen und er habe großen „Konsens gespürt“ im Rahmen der gemeinsamen Problemanalyse. Es gelte, den medizinischen Aspekten der Krankenhausbehandlung wieder Vorrang vor den ökonomischen zu geben.

„Diese Reform kann nur gelingen, wenn wir den Prozess gemeinsam angehen“, sagte die Niedersächsische Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Daniela Behrens (SPD): „Wir stehen vor einer Mammutaufgabe. Es gilt, die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern in Deutschland sicherzustellen.“ Behrens gab sich zuversichtlich: „Wir arbeiten sehr konstruktiv zusammen.“ Die Regierungskommission habe hilfreiche Arbeit geleistet, und eine Arbeitsgrundlage geschaffen, nicht aber eine 100prozentige Blaupause für einen Regierungsentwurf. 

Nüchterner fiel das Fazit von Karl-Josef Laumann (CDU) aus. Er sieht starke Ähnlichkeiten des Konzeptes der Regierungskommission mit dem schon Anfang 2022 veröffentlichtem Konzept zur Krankenhausplanung in NRW. „Planungsrecht ist Ländersache, das muss auch dort bleiben“, so Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister. Auch im Bund-Länder-Gespräch habe sich gezeigt, dass keine „Bundesschablone“ über die Krankenhäuser gelegt werden könne. Krankenhausplanung vom „Grünen Tisch in Berlin“ könne den unterschiedlichen regionalen Erfordernissen der Krankenhausversorgung nicht gerecht werden. „Auch von Institutionen wie INEG oder MDK oder einer intransparenten Selbstverwaltung sollten nicht so viele Kriterien vorgegeben werden, dass nur noch ein kleiner Rahmen für die Länderplanung bleibt“, stichelte Laumann.

Die vorgesehenen Levels, Leistungsgruppen, Vorhaltepauschalen: Nun soll Punkt für Punkt eine Einigung erzielt werden. Ist die jeweils erreicht, fließt es in den Referentenentwurf ein. Bei der Umsetzung der Reform sind offenbar Länderöffnungsklauseln vorgesehen, die regionalspezifische Aspekte der Versorgung berücksichtigen können. „Die Reform muss überall wirken. Wenn sie dafür regional angepasst werden muss, dann wird das auch passieren“, so Lauterbach.

„Wir begrüßen sehr, dass es eine Einigung gibt und dass der besondere Weg des gemeinsamen Gesetzentwurfes von Bund und Ländern gegangen wird. Wir brauchen ein einheitliches Verständnis, wie Versorgung aussehen soll und es ist sehr positiv, dass dies schon bis zur Sommerpause erfolgen soll, denn wir brauchen dringend Planungssicherheit für die Kliniken“, erklärte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß. Auch das klare Bekenntnis, dass es keine Vorgaben „One Size fits all“ geben könne, sei wichtig gerade für die Bevölkerung außerhalb der Ballungsgebiete.

Unbefriedigend bleiben die Aussagen zu strukturellen Unterfinanzierung der Betriebskosten und der Investitionsfinanzierung für die Krankenhäuser. Auch wenn es in Ländern Steigerungen bei den Investitionsmitteln gegeben hat, bleiben diese weiterhin hinter den notwendigen Mitteln zurück und dies schon seit Jahren. „Zum anderen braucht es eine Refinanzierung der derzeit bestehenden Mehrkosten durch die Inflation. Nur auf die Energiekosten zu schauen wie Bundesgesundheitsminister Lauterbach wird der dramatischen Situation nicht gerecht. Bis Ende 2023 werden wir ein Defizit von rund 15 Mrd. € haben, das refinanziert werden muss. Ansonsten werden viele Krankenhäuser in die Insolvenz gehen und wir werden einen kalten Strukturwandel haben. Die Reform kann gar nicht so schnell wirken, um hier zu helfen. Die nächsten Monate gilt es nun auf Grundlage der Vorlage der Regierungskommission einen guten Gesetzentwurf zu entwickeln. Die deutschen Krankenhäuser sind reformbereit und stehen für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung“, so Gaß.

Skepsis und Mahnungen vorab

Schon im Vorfeld der Bund-Länder-Runde hatte der DKG-Chef einen Schulterschluss der politischen Entscheider angemahnt, der den kalten Strukturwandel beende und die Versorgungssicherheit in den Vordergrund stelle. „Für uns steht als vorrangiges Ziel einer Struktur- und Finanzierungsreform, die gesicherte Patientenversorgung an oberster Stelle. Deshalb ist es wichtig, dass der politisch gewollte Strukturwandel in seinen Auswirkungen vorhersehbar sein muss und nicht unter einem maximalen finanziellen Druck erfolgen darf. Der von Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie darf nicht erst in sieben Jahren, nach der finalen Umsetzung der Krankenhausreformen gelten, sondern muss bereits Teil des Veränderungsprozesses sein. Wir brauchen positive Anreize, die die Krankenhausträger dazu veranlassen und in die Lage versetzen, schnellstmöglich ihre Versorgungsaufgaben im Sinne der politischen Vorgaben abzusprechen und anzupassen. Auch Standortfusionen und die trägerübergreifende Zusammenarbeit müssen in diesem Umstellungsprozess gezielt gefördert werden“, so Gaß.

Die große Krankenhausreform, auf der Basis der Vorschläge der Regierungskommission, werde nur gelingen, wenn es in den nächsten Jahren möglich werde, die bauliche, medizintechnische und digitale Infrastruktur der Kliniken an die gewünschten Bedingungen anzupassen. Die Erweiterung ambulanter Versorgungsangebote am Krankenhaus, Standortzusammenschlüsse und Qualitätsentwicklungen müssen deshalb von Bund und den Ländern gemeinsam investiv gefördert werden.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) unterstich ebenfalls schon vor der Konferenz, die Länderkompetenzen durften nicht ausgehebelt werden: „Für die Krankenhausplanung sind laut Grundgesetz die Bundesländer zuständig. Diese sinnvolle Regelung darf nicht von der Berliner Ampelkoalition ausgehebelt werden.“

Aktuell griffen die Planungen der Bundesregierung zur Krankenhausreform in unzumutbarer Weise in die Kompetenz der Länder ein, kritisierte der Minister im Vorfeld des Bund-Länder-Gesprächs. Das Konzept der Regierungskommission laufe auf ein zentral gesteuertes, quasi-planwirtschaftliches und hochtheoretisches System hinaus, das bedarfsnotwendige Versorgungsstrukturen vor Ort gefährden würde. „Die geplante Änderung des Fallpauschalen-Systems ist dabei grundsätzlich richtig – denn wir müssen gerade die Krankenhäuser im ländlichen Raum stützen, um weiterhin eine gute und wohnortnahe Krankenhausversorgung zu gewährleisten. Das Konzept der Reformkommission birgt jedoch aufgrund seiner zentralistischen und detaillierten Vorgaben die enorme Gefahr massiver Fehlsteuerungen“, fügte Holetschek hinzu und unterstrich: „Wir brauchen weniger Bürokratie und eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser, um weiterhin eine flächendeckende und qualitativ hochwertige stationäre Krankenhausversorgung sicherstellen zu können – in Stadt und Land. Holetschek sagte weiter: „Klar ist: Die Länder benötigen weiterhin die Gestaltungsfreiräume, um gemeinsam mit den Entscheidungsträgern vor Ort zukunftsfähige Lösungen entwickeln zu können. Diese sehen im Großraum München anders aus als in Amberg oder Passau. Über den Versorgungsbedarf mit Krankenhäusern im Land darf und kann nicht vom Berliner Schreibtisch aus entschieden werden!“

Holetschek forderte: „Insgesamt muss das vom Bund geplante Verfahren deutlich entbürokratisiert und vereinfacht werden. Die Schaffung eines weiteren Vorschriftendickichts ist das Letzte, was wir jetzt brauchen können. Und ich vermisse vor allem auch Anreize an die Krankenhausträger selbst, ihre Versorgungsstrukturen zukunftsfähig zu gestalten.“ Er unterstrich: „Eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung wird zudem nicht durch eine reine Umverteilung der im System vorhandenen Mittel gelingen. Ich fordere daher den Bund auf, die Kliniken über die nächsten fünf Jahre mit einer jährlichen Sonderfinanzierung in dieser Höhe bei den Betriebskosten zu unterstützen. Mit einer bloßen Neuverteilung des bestehenden Mangels droht die Reform zum Rohrkrepierer zu werden.“ Der Bundesgesundheitsminister spreche von einer „Entökonomisierung“ des Systems, sei aber bislang jede Erklärung schuldig geblieben, wie dies ohne eine Stärkung der Krankenhausfinanzen gelingen soll. „Entscheidend wird daher sein, ob es Lauterbach gelingt, Finanzminister Lindner davon zu überzeugen, dass wesentlich mehr Mittel erforderlich sind.“

Der fordert seit langem eine grundlegende Reform. Was allerdings in diesem Zusammenhang notwendig ist, sind Sie sind die Basis für eine zukunftsfeste Versorgung der Bürger“, erklärt VKD-Präsident Dr. Josef Düllings.

„Wir wollen eine Reform, die von uns, den Praktikern im Krankenhausmanagement und unseren Mitarbeitern, auch umgesetzt werden kann. Genau darauf kommt es jetzt an. Sonst haben wir noch mehr Bürokratie und am Ende chaotische Verhältnisse. Auch das ist eine Erfahrung von Revolutionen. Angesichts der Komplexität der geplanten Veränderungen innerhalb und außerhalb der Krankenhäuser müssen die Erfahrungen, Kenntnisse und die Innansichten der Praktiker aller Versorgungsstufen frühzeitig einbezogen werden, bevor nicht mehr korrigierbare Fehlfestlegungen getroffen werden. Vom grünen Tisch betrachtet sieht vieles oft gut geregelt aus, was aber in der Praxis zu Irritationen, noch mehr Bürokratie und auch Verschlechterung der Patientenversorgung führt. Leider haben wir hier bereits zahlreiche Erfahrungswerte.

Es brauche keine abrupten revolutionären Veränderungen sondern sorgfältig geplante und gut finanzierte Strukturveränderungen. Die Krankenhäuser als Anker der Versorgung müssten bei allem Reformeifer der Politik erst einmal wirtschaftlich und finanziell über die Runden kommen, kommentierte Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD): „Wie sollen die Häuser aus einer extremen Krise heraus in eine solche Reform starten können, wenn dieser Start mit hohen Defiziten vorbelastet ist? Strukturveränderungen brauchen erhebliche Investitionen – die seit Jahrzehnten von den Ländern nur mangelhaft gewährleistet werden. Wir haben somit keine Ökonomisierung der Krankenhäuser, sondern eine Mangelverwaltung, die durch eine schlechte Ergebnisqualität des Gesetzgebers auf Landes- und Bundesebene selbst verursacht wurde.“

Katrin Rüter