Mit einer Konferenz hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) am 19. Februar in Berlin das Thema Klimaschutz im Krankenhaus ein weiteres Mal auf die Agenda gesetzt. Prof. Dr. Henriette Neumeyer, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, moderierte Fachleute aus Krankenhauspraxis, Politik und Wissenschaft, die über Möglichkeiten des Klimaschutzes im Krankenhaus debattierten.
Der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß, betonte, die Kliniken befänden sich in „surrealen Zeiten“, da Klimaschutz zeitgleich zu Klinik-Insolvenzen stattfinde. Auch wenn viele Kliniken schlicht um das wirtschaftliche Überleben kämpften, wollten sie beim Klimaschutz dennoch ihren Beitrag leisten. „Das Thema Klimaschutz ist für die Krankenhäuser gleich doppelt relevant: Einerseits sind sie besonders energieintensive Großverbraucher, andererseits sind sie verstärkt mit klimabedingten Erkrankungen konfrontiert. Ein Krankenhausbett verbraucht so viel Energie wie vier durchschnittliche Einfamilienhäuser“, sagte Gaß. Unter den Krankenhäusern bestehe große Einigkeit, die Häuser klimagerecht umzubauen. „Nur schlägt sich insbesondere die Investitionskostenproblematik auch auf den Klimaschutz nieder. Seit Jahrzehnten kommen die Bundesländer nicht mehr ihrer Pflicht der vollständigen Finanzierung von Investitionen im Krankenhaus nach.“ Im Ergebnis fänden sich in vielen Kliniken noch immer veraltete Heizungsanlagen, undichte Fenster oder schlecht gedämmte Fassaden. Das wenige Geld müssten die Verantwortlichen eher für moderne Medizintechnik oder nicht mehr vermeidbare Reparaturen ausgeben. Trotzdem leisteten die Kliniken das, was ihnen in ihrem beschränkten finanziellen Rahmen möglich sei: Energiesparkonzepte, intelligentes Heizen, Austausch veralteter Leuchtmittel, Photovoltaik, Fassadenbegrünung und mehr. Klar sei aber auch, dass es dabei nicht bleiben könne. „Zum Dumpingpreis ist Klimaschutz nicht zu haben, vielmehr wird ein großes Investitionsprogramm benötigt.“
Dr. Ute Teichert, Leiterin der Abteilung Öffentliche Gesundheit im Bundesgesundheitsministerium (BMG), sagte, dass 6 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland auf das Konto des Gesundheitswesens gingen. Eine fundierte Datengrundlage müsse an erster Stelle stehen. Nach Angaben des DKI hätten bisher 20 % der Kliniken ihre Emissionen ermittelt, 45 % hätten vor, dies zu tun. Ziel bleibe die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Einig waren sich die Diskutierenden aus der Politik, dass der größte Hebel zur Umsetzung der Klinikneutralität bei der baulichen Sanierung der Kliniken liegt.
SPD-Politikerin Tina Rudolph (MdB) mahnte an der Stelle Ehrlichkeit an, dass es einen großen Investitionsbedarf in den Kliniken gebe. „Dafür brauchen wir einen Plan in dieser Legislaturperiode.“ Johannes Wagner (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) prangerte ebenfalls eine „riesige Lücke bei den Investitionen bei den Krankenhäusern“ an und sagte: „Der Staat hat da eine große Verantwortung“. Bund und Länder sollten an einem Strang ziehen.
Marco Schmitz, (MdL in NRW, CDU-Fraktion), skizzierte, dass in NRW ein Teil der Investitionen bereits an Klimaschutzmaßnahmen gekoppelt seien. „Verschattungen, Dachbegrünung, vieles ist da möglich.“ Dass nicht immer gleich neu gebaut werden muss, war auch das Credo von Dipl.-Ingenieur und Architekt Prof. Linus Hofrichter. Klimaschutz gelinge auch durch „intelligente Sanierung“. Diese sei dringend nötig, denn Klinikräume würden im Sommer oft unerträglich heiß und zur zusätzlichen Lebensgefahr für die Patienten.
Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht können Kliniken auf ein branchenspezifisches Angebot der Deutschen Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG) zurückgreifen, sagte DKTIG-Geschäftsführer René Schubert. Die Landeskrankenhausgesellschaften und die DKG hatten die DKTIG beauftragt, eine klinikspezifische Lösung zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Krankenhäuser zu entwickeln. Dennoch ist auch das Thema Nachhaltigkeit für die Kliniken mit viel Aufwand und Bürokratie verbunden. Allein die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltpflichtengesetzes erfordert unter anderem die Erhebung von Daten, die Verteilung von Zuständigkeiten, die Schulung von Mitarbeitern, die Evaluation der Dienstleister und vieles mehr, wie Martina Moll, Senior Managerin Substainability der Sana Kliniken, beschrieb.
Dass mit dem Auswechseln von Leuchtmitteln, der Reduzierung der Raumtemperatur oder dem sparsamen Umgang mit Einmalhandschuhen auch schon viel für den Umweltschutz getan werden kann, berichtete Simon Batt-Nauerz, Leiter Geschäftsbereich Infrastruktur und Nachhaltigkeitsmanagement der Charité. tak