Neben der „Ära Merkel“ der Bundesregierung sei es die „Ära Baum“, die von ehemaligen Hauptgeschäftsführer geprägte Epoche der Gesundheitspolitik, die 2021 ausklinge, so DKG-Präsident Ingo Morell.
Nach 15 Jahren war Georg Baum im Frühjahr 2021 als Hauptgeschäftsführer in den Ruhestand getreten. Eine feierliche Verabschiedung im Rahmen des traditionellen Frühjahrsempfangs war durch die Pandemie bedingt ausgefallen. Diese wurde nun nachgeholt: Der amtierende Bundesgesundheitsminister, Amtskollegen und Amtskolleginnen aus den Bundesländern, amtierende und ehemalige Staatssekretäre und Ministerialdirektoren, DKG-Präsidenten und Geschäftsführer, Akteure der Selbstverwaltungspartner: Rund 250 Teilnehmer waren zum Herbstempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft am 5. Oktober 2021 im Tipi am Kanzleramt gekommen. Die Anzahl der Gäste war limitiert – ebenfalls der Pandemie geschuldet. Wenige Tage zuvor war ein neuer Bundestag gewählt worden.
Georg Baum habe das Gesundheitssystem über Jahrzehnte mitgestaltet und geprägt, betonte Ingo Morell. Der DKG-Präsident zitierte die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, die bereits 2006 zu Baums Amtsantritt als DKG-Hauptgeschäftsführer hervorhob, er gebe keinen Zweiten, der die Krankenhauslandschaft in Deutschland so gut kenne wie Georg Baum.
Die außerordentliche Sachkenntnis ging einher mit großer Hartnäckigkeit: „Damit hat Georg Baum maßgeblich die Rolle der Krankenhäuser gestärkt und dazu beigetragen, dass die DKG in der Selbstverwaltung gleichberechtigt agiert“, so der DKG-Präsident. „Nebenher“, so Morell weiter, habe Baum eine hocheffiziente Geschäftsstelle aufgebaut.
Dr. Gerald Gaß, der Georg Baum nachfolgte – nun im Amt des Vorstandsvorsitzenden – hob ebenfalls die „legendäre Expertise und das politische Gespür“ seines Vorgängers hervor und dankte ihm für die zurückliegenden Jahre in der Rollenverteilung „Präsident – Hauptgeschäftsführer“ bei der DKG. „Georg Baum war ein wertvoller Ratgeber für mich: als Präsident und bei der Entscheidung, seine Nachfolge als Hauptgeschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzender anzutreten“, so Gaß.
„Einen Glücksfall für die Krankenhäuser“ nannte Jens Spahn den ehemaligen Hauptgeschäftsführer der DKG. „Georg Baum hat Meilensteine der Krankenhauspolitik mitgestaltet“, so der Bundesgesundheitsminister. Dabei sei er nicht nur hartnäckig und hochkompetent, sondern stets kompromissfähig und verlässlich gewesen.
Er habe viel von Georg Baum gelernt, betonte Spahn. Angesichts der Coronapandemie sei Kompromissfähigkeit eine wichtige Kompetenz: „Wir müssen aufpassen, dass aus Spannungen nicht Spaltungen werden“, mahnte der Minister.
„Was lernen wir, was nehmen wir aus der Pandemie mit?“ fragte Spahn. Er hob die Notwendigkeit einer mehr am Bedarf orientierten Finanzierung hervor und sprach sich dafür aus, die Grund- und die Notfallversorgung besser zu finanzieren und Leistungen zu bündeln, wo es um komplexe, planbare Eingriffe gehe. Es gehe in Zukunft darum, eine bedarfsgerechte Versorgungsstruktur mit einer besseren Vernetzung ambulanter und stationärer Leistungen zu schaffen. Er habe große Lust, das auch weiterhin mitzugestalten, sagte Spahn. Es sieht, Stand 26. Oktober, eher nicht danach aus, dass diesem Wunsch entsprochen wird.
Mit etwas Wehmut blickte Georg Baum in seiner Rede auf 40 Jahre erfülltes Berufsleben im Gesundheitswesen zurück, Jahre, die „wie ein Wimpernschlag“ vergangen seien.
Mit heiterer Gelassenheit erinnerte Baum die Zuhörer an die 80er Jahre: „Kein MDK, kein IQTIG, kein G-BA: Wir hatten damals das freiheitlichste, unreglementierteste Gesundheitswesen aller Zeiten“, so Baum. Damals war Georg Baum als Referent für Gesundheits- und Sozialpolitik in der FDP-Bundestagsfraktion tätig. Baum war damit bei dem Mitte der 80er Jahre beginnenden Reform-Gesetzgebungsprozess im Gesundheitswesen, damals unter Federführung von Norbert Blüm, von Beginn an dabei.
Er wünsche sich auch für die Gegenwart eine Zäsur im Gesundheitswesen hin zu weniger Bürokratie. „Ich bin sicher: Das Gesundheitswesen würde nicht leiden“, so Baum.
Ganz und gar frei von unerwünschten Reglementierungen sei er auch im Ruhestand nicht: So hätten sich – pünktlich zu seinem Ruhestand – die Handikap-Regeln im Golf geändert, konstatierte Baum.
Vor dem Hintergrund, dass Dr. Gerald Gaß als seine Nachfolge angetreten habe, sei er „hochgradig sorglos“ in den Ruhestand gegangen, sagte Baum. Sein Nachfolger wiederum könne auf die Unterstützung von rund 100 bestqualifizierte loyale Mitarbeiter in der Geschäftsstelle zählen.
„Wir haben das Schiff DKG durch schwere See gesteuert“, erinnert sich Gaß an die gemeinsame Zeit mit Baum. Durch den „Rettungsschirm“ während der Coronapandemie hätten die Krankenhäuser Handlungssicherheit erhalten. Das sei auch Baums Verdienst gewesen. „Wir haben die Pandemie bewältigt, weil wir ein funktionierendes Gesundheitswesen haben und die richtigen politischen Entscheidungen getroffen wurden.“ Die Politik habe den Krankenhäusern im richtigen Moment den Rücken gestärkt. Die Krankenhäuser hätten gezeigt, dass sie trägerübergreifend in Netzwerken die Versorgung gewährleiten uns steuern können auch in extrem schwierigen Situationen. Die Kliniken haben ihre Fähigkeiten und Kompetenzen ausgespielt und so geholfen, massive Lockdown-Maßnahmen zu verhindern.
Mit Blick auf die Zukunft mit einer neuen Bundesregierung sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende: „Wegweisende Entscheidungen liegen vor uns. Wir müssen uns fragen: Wieviel wohnortnahe Versorgung wollen wir, wieviel funktionierende Notfallversorgung?“ Die Krankenhäuser hätten große Erwartungen an die Politik: „Wir wollen wissen wohin es geht in der Krankenhauspolitik. Erst muss das Ziel definiert werden, dann die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir brauchen Antworten und Entscheidungen, ein Ende des kalten Strukturwandels.“ Dazu gehöre auch, das System der Kontrolle und der Sanktionen zu beenden. „Krankenhäuser sind bereit und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Sie verdienen das Vertrauen der Politik“, so Gaß.