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DKG kündigt Auswirkungsanalyse zu Reformvorschlägen an


Die Deutsche Krankenhausgesellschaft will nun gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Institute for Health Care Business (hcb) von Regierungskommissionsmitglied Boris Augurzky eine datengestützte Auswirkungsanalyse zu den Ideen der Regierungskommission vorlegen. Anfang Februar sollen die Ergebnisse vorliegen. „Diese Erkenntnisse sind fundamental, um die Vorschläge mit Blick auf die zukünftige Patientenversorgung auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe bewerten zu können“, kündigte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), an.

Am 6. Dezember 2022 hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zusammen mit der von ihm berufenen „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausreform“ ein Reformkonzept vorgestellt. Ziel der vom Minister angekündigte „Revolution“: „Weniger Ökonomie, mehr Medizin“. Eine Auswirkungsanalyse zu den Kommissionsvorschlägen gab es nicht.

Eine umfassende Reform mit nachhaltigen Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser sei zwingend erforderlich, erklärte Gaß am Dienstag (17. Januar) und stellte die gesundheitspolitischen Erwartungen der Krankenhäuser für das Jahr 2023 vor.

„Eine Reform muss sich an dem Ziel messen lassen, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Ziel muss es sein, eine gute und ausgewogene Balance zwischen Zentralisierung und Wohnortnähe bei den Krankenhausstandorten zu schaffen. Ziel muss auch sein, mehr Zeit für Patientinnen und Patienten zu gewinnen. Dies wird nur durch konsequente Deregulierung und Entbürokratisierung möglich. Die ambulanten Fähigkeiten der Kliniken müssen genutzt werden, um den Patienten auch über die stationäre Versorgung hinaus neue klinisch-ambulante Versorgungsangebote unterbreiten zu können. Für all das brauchen wir eine moderne bauliche und medizinische Infrastruktur. Bei der Finanzierung müssen wir wirklich den ökonomischen Druck reduzieren und zu einer fairen Refinanzierung der Kosten im Krankenhaus kommen. Wir brauchen keine befristeten Hilfspakete, sondern dauerhafte angemessene Regelungen. Es braucht eine faire und nachhaltige Finanzierungsgrundlage. Wir wissen auch, dass in diesem Reformprozess stationäre Kapazitäten und Standorte durch Fusionen, Umwandlung und mehr ambulante Versorgung am Krankenhaus schrittweise reduziert werden. Dieser Herausforderung stellen wir uns.“ so Gaß.

Mythen

Aus Sicht der DKG habe sich Minister Lauterbach mit seinen plakativen Aussagen zur angekündigten Reform keinen Gefallen getan und einen konsensorientierten Reformprozess damit deutlich erschwert. „Ökonomischen Druck zu reduzieren, ohne die offensichtlichen Finanzierungsdefizite zu beseitigen, einen revolutionären Strukturwandel anzukündigen, ohne ein Wort über die dafür notwendigen Investitionen zu verlieren und seine unreflektierten Aussagen über billige Medizin im Krankenhaus, haben der Sache mehr geschadet als genützt“, so Gaß.

Dr. Gerald Gaß sprach in diesem Zusammenhang von „Mythen“, mit denen Lauterbach die Krankenhäuser in der politischen Kommunikation in ein falsches Licht rücke. Dazu gehöre die Mär vom Krankenhaus als Kostentreiber: Das Gegenteil sei richtig, so Gaß. Im Gegensatz zu allen anderen Ausgaben seien die Ausgaben der Kassen für Krankenhausbehandlungen bzw. ihr Anteil am Bruttosozialprodukt in den vergangenen 30 Jahren kaum gestiegen. Wären die Kosten für stationäre Behandlung in gleichem Maße gestiegen, wären die Ausgaben der GKV deutlich höher: „Die Krankenhäuser ersparen den Kassen so 12 Mrd. € im Jahr“, so Gaß. Auch mit dem Mythos der „billigen Medizin“ nach dem Motto „jeder macht alles“ trat Gaß entgegen: Es könnte nicht völlig unstrukturiert jedes Krankenhaus komplexe Leistungen anbieten. „Wir haben eine Vielzahl von Strukturvorgaben und -prüfungen im Zusammenhang mit komplexen Behandlungsprozessen, es gibt Vorgaben des G-BA, beispielsweise zu Mindestmengen.“ Auch das Postulat des Ministers, die Ökonomisierung der Medizin überwinden zu wollen, sei ein Mythos der aktuellen Gesundheitspolitik: Durch die permanente Unterfinanzierung, fehlenden Inflationsausgleich und Erlösausfällen wegen gesunkener Fallzahlen müsse weiterhin zu Lasten der Patienten und auf dem Rücken der Beschäftigten gespart werden, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende.

Auch der erstaunlichen Äußerung Lauterbachs zu den Kosten der Umsetzung der Reformpläne, man könne noch „kein Preisschild anbringen“, trat Gaß entgegen: Gemessen an den Investitionen, die Dänemark für seine Reform des Krankenhauswesens seinerzeit investiert hätte – das häufig als Vorbild einer Reform genannte Land brachte 5,7 Mrd. € für eine deutliche Strukturreform auf - seien in Deutschland, gemessen an der Bevölkerungszahl, 80 Mrd € zu investieren.   

Investitionsfonds für Strukturwandel, Modernisierung und CO2-Neutralität gefordert

Die DKG wird der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als Antwort auf die Ideen der Regierungskommission in der ersten Februarhälfte konkrete Vorschläge unterbreiten. „Wir favorisieren ein bundesweites Stufenkonzept mit grundsätzlicher Zuordnung von Leistungsgruppen als sinnvollen Ansatz für eine Landeskrankenhausplanung nach gemeinsamen, bundesweiten Maßstäben. Zentral, um ökonomischen Druck zu minimieren, ist eine differenzierte fallzahlunabhängige Vorhaltefinanzierung.

Zu den Finanzierungsfragen gehört aber zuvorderst das Ende der strukturellen Unterfinanzierung. Um die Kliniken endlich für klinisch-ambulante Leistungen zu öffnen, plädieren wir für eine Finanzierung dieser Leistungen über Hybrid-DRGs. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe muss sich auch den Investitionsfragen stellen. Die seit Jahrzehnten herrschende Unterfinanzierung in diesem Bereich muss enden. Wir fordern deshalb einen Investitionsfonds, aus dem zunächst der politisch gewollte Strukturwandel und darüber hinaus die Modernisierung und CO2-Neutralität der Krankenhäuser finanziert wird. Zudem werden wir konkrete Vorschläge zur Deregulierung und Entbürokratisierung einbringen“, erklärt DKG-Vorstand Gaß.

Die Reformanstrengungen treffen die Kliniken in schweren Zeiten. Corona, RSV- und Grippewelle haben die Krankenhäuser 2022 stark belastet. Wieder einmal sei deutlich geworden, dass Krankenhausversorgung stark vom Fachkräftemangel in der Pflege abhängig ist. „Wir müssen akzeptieren, dass wir das Personalproblem in der Pflege kurzfristig nicht lösen können. Umso wichtiger ist es, dass wir mit Reformen die wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kräfteschonend und zielgerichtet einsetzen. Das Pflegepersonalentlastungsgesetz konnte in diesem Sinne kurzfristig keine Verbesserung bringen“, erklärt Gaß. Die nur langsam voranschreitende Digitalisierung wird die Beschäftigten ebenfalls noch nicht entlasten. 2022 war auch das Jahr der Medikamentenknappheit. Aufgrund der Liefer- und Produktionsstrukturen wird das Problem auch im kommenden Jahr bestehen bleiben.

Vor allem aber hat die Kombination aus Inflation und durch Corona stark gesunkene Fallzahlen den Krankenhäusern zu schaffen gemacht. Die Bundesregierung hat hier bereits Schritte eingeleitet, die wir aus Sicht der Krankenhäuser begrüßen: Die Energiepreisbremse und der Härtefallfonds federn die teils extremen Energiepreissteigerungen für die Großverbraucher Krankenhäuser ab, die Kinder- und Jugendmedizin wird zusammen mit der Geburtshilfe in dreistelliger Millionenhöhe unterstützt, wobei das Geld dafür zunächst durch Kürzungen bei allen Krankenhäusern eingesammelt wurde. Der erhöhte Pflegeentgeltwert unterstützt bei der Liquiditätsausstattung. Dennoch reicht dies nicht aus, um das hohe strukturelle Defizit der Krankenhäuser auszugleichen. Die Energiepreisbremse deckt lediglich die gestiegenen Energiepreise bei Strom, Gas und Fernwärme ab, mit den sonstigen gestiegenen Kosten bleiben die Krankenhäuser weitgehend allein. Die Mittel, die in die Kinder- und Jugendversorgung fließen, werden den Krankenhäusern an anderer Stelle über die Fallpauschalen wieder genommen. Bloße Umverteilung wird den Krankenhäusern als Ganzes nicht grundsätzlich helfen. Die breit angekündigte Entökonomisierung wird nur Wirklichkeit, wenn insgesamt mehr Mittel in das System fließen.

Krankenhaus-Insolvenzwelle mit kurzfristigen Reformen begrenzen

Um das Ausmaß einer Krankenhaus-Insolvenzwelle für 2023 zu begrenzen, sind einige kurzfristige Reformen nötig: Die Kliniken benötigen einen vollständigen Inflationsausgleich, der sämtliche Kostensteigerungen umfasst. Sie müssen zudem von dem durch die gesunkenen Fallzahlen verschärften strukturellen Defizit von insgesamt 15 Milliarden Euro befreit werden. Vor allem aber benötigen die Krankenhäuser kurz- und mittelfristig mehr Investitionen. Seit Jahrzehnten kommen die Länder nicht ansatzweise ihrer Pflicht nach, die Investitionskosten der Kliniken zu finanzieren. Handlungsbedarf besteht vor allem bei der energetischen Sanierung der Krankenhäuser. „Noch in viel zu vielen Krankenhäusern arbeiten ineffiziente Heizkessel, fehlen Wärmedämmungen oder sind veraltete Installationen verbaut. Ein Krankenhausbett benötigt für Wärme und Strom so viel Energie wie zwei Einfamilienhäuser. Die Krankenhäuser haben großes Potential, die Erreichung der Klimaziele zu unterstützen. Aber dafür benötigen wir ein groß angelegtes Investitionsprogramm. Wir reden hier nachweislich über einen sehr hohen zweistelligen Milliardenbetrag“, erklärt Gaß. krue