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Interview mit Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag (GDK)


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag (GDK). Foto: Jens Jeske.

46. Deutscher Krankenhaustag: Über die großen Herausforderungen sprechen

Interview mit Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag (GDK)

Der diesjährige Krankenhaustag steht unter dem Motto: Zeitenwende für Krankenhäuser. Eine Wende zum Guten?

Der Begriff Zeitenwende für Krankenhäuser ist nach meiner Einschätzung sehr gut gewählt, weil es der Politik ja wirklich um einen großen Reformprozess geht. Karl Lauterbach hat sogar von einer Revolution gesprochen. Und auch die Krankenhäuser und mit ihnen die Deutsche Krankenhausgesellschaft sagen: ja, es muss etwas passieren. Wir brauchen große Veränderungen in der Versorgungsstruktur in Deutschland, und zwar nicht nur in der stationären Versorgung, sondern auch im ambulanten Bereich. Ob es eine Zeitenwende zum Guten wird, hängt sehr stark davon ab, ob es uns gelingt, die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser zu stabilisieren, bis die große Reform wirksam werden kann. Es hängt also davon ab, ob wir auf die Strukturen überhaupt noch aufbauen können, die wir heute haben, oder ob Krankenhausstandorte wegbrechen, die wir perspektivisch dringend bräuchten, um die Ziele der Krankenhausreform zu realisieren. Die Politik in Berlin hat einen riskanten Weg eingeschlagen. Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Versorgungssicherheit im stationären Bereich, aber auch in großen Bereichen der ambulanten Versorgung Deutschland.

Die Kliniken haben also existenzielle Sorgen. Warum sollten sie Krankenhausmanager gerade in diesem Jahr zum Krankenhaustag kommen?

Wir werden beim deutschen Krankenhaustag sehr hochkarätige Referenten haben, die wirkliches Insiderwissen in den hochbrisanten Themen haben, die alle Krankenhausmanager bewegen. Es geht nicht nur um die politische Debatte, die vor allem am ersten Tag im Vordergrund steht, wo unter anderem auch der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und sein Kollege Laumann aus NRW kommen werden. In den Folgetagen geht es darum, Antworten zu finden, wie wir beispielsweise mit den Herausforderungen des Fachkräftemangels und mit der Herausforderung des Themas Nachhaltigkeit umgehen können. Der Deutsche Krankenhaustag bietet den Klinikmanagern eine hervorragende Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch zu den Themen, die uns aktuell bewegen. Auch gibt es Gelegenheit, den Politikern und vor allem den Gesundheitsminister die Brisanz der aktuellen Lage in den Krankenhäusern aus ihrer Sicht zu schildern.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sein Kommen zur Eröffnung zugesagt. Was werden Sie ihm „auf den Weg geben“?

Karl Lauterbach spricht immer wieder davon, mit seiner Reform die Krankenhäuser in eine gute Zukunft führen zu wollen. Wir haben da aber aktuell erhebliche Zweifel, und die Zahlen sprechen auch gegen diese positive Perspektive des Ministers. Wir haben so viele Klinikinsolvenzen zu verzeichnen wie nie zuvor, und bis zum Krankenhaustag werden wir eine weitere Insolvenzwelle erleben. Das müssen wir immer wieder betonen, und das Motto der Proteste der Krankenhäuser in diesem Jahr „Alarmstufe rot“ ist nicht nur ein Schlagwort, es ist eine echte Situationsbeschreibung: Wir brauchen jetzt ein Vorschaltgesetz, dass die Versorgungsstrukturen und die Krankenhausstandorte stabilisiert, sonst ist nichts weniger als die Gesundheitsversorgung der Menschen in Deutschland in Gefahr. Wir werden dem Minister auch deutlich machen, dass wir die Art und Weise, wie er die Krankenhausversorgung in Deutschland charakterisiert und permanent von schlechter Qualität spricht, nicht hinnehmen. Dieses Mantra minderwertiger Qualität an unseren Krankenhäusern ist absolut ungerechtfertigt. Sie hat auch nichts mit Evidenz zu tun.

Wir werden ihm auch deutlich machen, dass wir uns gegen solche durch nichts belegten Vorwürfe wehren werden. Wir erwarten und fordern mehr Respekt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern.

Diskutiert man in Düsseldorf auf dem deutschen Krankenhaustag anders als mit der Politik in der „Berlin-Bubble“?

Davon bin ich überzeugt. Es wird darum gehen, dass wir hier Menschen aus den Krankenhäusern zusammenbringen, die wirklich aus dem unmittelbaren Versorgungsgeschehen kommen. Es sind keine Funktionäre, die als Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitwirken und zu Wort kommen, sondern es sind die, die jeden Tag vor Ort vor der Herausforderung stehen, Versorgung zu organisieren und zu gestalten. Insofern erwarte ich sehr viel mehr praxisorientierte Debatten und Impulse als das vielleicht in einem Kongress, der sich im Wesentlichen aus Funktionsträgern jenseits der Krankenhäuser zusammensetzt, der Fall wäre.

Das Thema Pflege und Fachkräftemangel steht am zweiten Tag im Fokus des Kongresses. Hat sich das Gewicht auch der Pflege im Klinikmanagement verändert? Sind auch Pflegekräfte als Besucher des Deutschen Krankenhaustages angesprochen?

Nicht erst seit diesem Jahr hat die Pflege ein viel stärkeres Gewicht im Programm. Auch unter den Besuchern des Krankenhaustages sind viele Pflegefachkräfte. Es ist die größte Berufsgruppe im Krankenhaus. Pflege hat eine große Bedeutung, wenn es um die Frage geht, wie viel Versorgung können wir überhaupt bereitstellen, und das nicht erst seit die Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen. Wir gehen davon aus, dass die Pflege eine noch größere Bedeutung im Krankenhaus erlangen wird, wenn es darum geht, Aufgaben von anderen Berufsgruppen zu übernehmen und neue Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu verteilen. Das sind Perspektiven, die den Beruf auch attraktiver machen können. Darüber werden wir diskutieren und uns mit allen Berufsgruppen im Krankenhaus auseinandersetzen. Diese Themen werden noch immer durchaus kontrovers diskutiert.

Neu im Programm des Krankenhaustages ist das wissenschaftliche Symposium am Mittwoch. Dort geht es nicht um reine Managementthemen, sondern um Themen der medizinischen Forschung wie etwa Immunologie, Gendermedizin und Post-Covid.

Wir haben uns in diesem Jahr zur Aufgabe gestellt, die verschiedenen Tage deutlicher zielgruppenorientiert zu organisieren. Der erste Tag, der Montag, ist sehr stark politisch ausgerichtet, und bietet eben für die Entscheider der Krankenhäuser die Gelegenheit mit der Politik in direkten Kontakt zu treten. Der Dienstag wird der Tag der Pflege, und der Mittwoch wird dann ein Tag sein, die sich sehr stark an Mediziner richtet. Es geht am dritten Tag vor allem darum, neue Erkenntnisse in verschiedenen medizinischen Disziplinen zu diskutieren. Am letzten Tag, Donnerstag, kommt dann noch mal das Management ins Spiel. Da wollen wir uns mit Themen der Krankenhausführung noch mal intensiver beschäftigen.

Und ein Thema zieht sich durch den ganzen Krankenhaustag: die Qualität. Das Thema Qualität ist mittlerweile zu einem Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung geworden. Auch Minister Lauterbach begründet seine große Krankenhausreform und die angestrebten strukturellen Veränderungen immer wieder damit, dass die Qualität in der Krankenhausversorgung angeblich nicht ausreichend sei. Wir wollen bei dieser Debatte zeigen, was Krankenhäuser heute schon alles leisten. Denn vieles von dem, was der Minister fordert, ist längst Realität: beispielsweise die freiwilligen Zertifizierungen oder das deutsche Krankenhausverzeichnis, wo Bürgerinnen und Bürger sämtliche Informationen über einzelne Krankenhausstandorte im Internet nachlesen können – und dies auch tun. Natürlich geht es auch um Perspektive der Qualitätssicherung: Wie können wir angesichts der veränderten Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen Qualitätskriterien definieren, die dann für die Krankenhausplanung und für die Zuordnung von Leistungsgruppen relevant sind?

Welche Impulse erhoffen sich in diesem Jahr vom Krankenhaustag?

Wir haben eine sehr zugespitzte Diskussion mit der Politik um den richtigen Weg, aber auch um den Prozess, den wir jetzt gerade erleben. Wir werden deutlich machen, wo die Krankenhäuser stehen und was jetzt erforderlich ist, um die Versorgung in der in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sicherzustellen. Und das ist jetzt der Zeitpunkt, der entscheidend ist. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Krankenhäuser sich aktiv auf dem deutschen Krankenhaustag zeigen, dass sie dabei sind und mit den Politikern und mit den anderen Experten ins Gespräch gehen. Wir wollen uns austauschen, wir wollen auch sensibilisieren für die Dringlichkeit der Situation und für die notwendigen Schritte, die wir gehen müssen, um angesichts des bevorstehenden demografischen Wandels die Krankenhausversorgung so aufzustellen, dass wir künftig mit weniger Beschäftigten am Ende mehr Gesundheitsversorgung organisieren können. Das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen. krü

Deteilliertere Informationen zum Programm des 46. Deutschen Krankenhaustages und Anmeldung unter https://www.deutscher-krankenhaustag.de/.