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Thema des Monats

Schneller Transport, verkürzte Prozesse: Labor- und Materiallogistik in der Luft


Regierungspräsidentin Susanne Bay (Bildmitte) überreichte Prof. Dr. Jörg Martin von (3.v.links), Enrico Jensch (5.v.links) und Holger Schulze (6.v.links) die Betriebsgenehmigung. Foto: RKH Gesundheit/Benjamin Stollenberg

Ein Meilenstein der Luftfahrtgeschichte im schwäbischen Glemstal: Eine Kooperation von Kliniken im Norden Baden-Württembergs bekam am 19. April 2023 die deutschlandweit erste Genehmigung für Drohnenflüge außerhalb der Sichtweite für Flugstrecken zwischen den örtlichen Kliniken. Der Flugverkehr beginnt auf den jeweils rund 30 Kilometer langen Strecken zwischen den Helios-Kliniken Breisach und Müllheim und zwischen den Kliniken der RKH Gesundheit in Ludwigsburg, Markgröningen und Mühlacker. In den kommenden Monaten und Jahren wird der Flugverkehr dann auf weitere Strecken ausgeweitet. „Ein weiteres Glanzstück unserer Innovationskraft“, so Landrat Dietmar Allgaier, werde nun seinen Betrieb aufnehmen.

Nach zwei Jahren intensiver Vorbereitung im Konsortium und so manchen bürokratischen Hürden, die genommen wurden, sind die Beteiligten stolz, die Betriebsgenehmigung in der Hand zu halten. Nur rund vier Monate nach der förmlichen Antragstellung wurde der Genehmigungsbescheid durch das Regierungspräsidium Stuttgart übergeben, das in Baden-Württemberg als Luftfahrtbehörde und Luftsicherheitsbehörde zuständig für die Aufgaben auf dem Gebiet des Luftverkehrsrechts und der Luftsicherheit ist. Damit wurde erstmalig eine Zulassung komplexer Flugoperationen mit Drohnen außerhalb der Sichtweite nach europäischen Luftfahrtstandards und EASA-Richtlinien erteilt. Dies sei in einem kurzen Zeitraum nur erreicht worden, weil das trägerübergreifende Team so gut zusammengearbeitet hat. „Das haben nicht einmal Jeff Bezos und Amazon geschafft“, so Enrico Jensch, COO von Helios.

Begeisterung, Zähigkeit, Pragmatismus und Resilienz gegen Stress und Rückschläge waren die wesentlichen Eigenschaften des Teams, die den Erfolg ausmachten, so der Geschäftsführer der RKH Gesundheit, Prof. Dr. Jörg Martin: „Alle Beteiligten haben eine gewisse Start-up-Mentalität verinnerlicht.“

Stolz und geradezu euphorisch stellten die Protagonisten das Projekt vor. Auch Susanne Bay, die die Betriebsgenehmigung überreichte, sieht mit der Drohnenfluglinie in Baden-Württemberg Pioniergeist am Start. Und: „Die Unterlagen, die für die Erteilung der Betriebsgenehmigung notwendig waren, wurden vorbildlich erstellt“, lobte die Regierungspräsidentin.

Schneller Transport, verkürzte Prozesse

Zeit ist bei der Patientenversorgung ein wichtiger Faktor. Der Zeitgewinn durch einen schnelleren Transport, beispielsweise von Labor- oder Gewebeproben bei Tumoroperationen, Blutpräparaten oder wichtigen Arzneimitteln, kann das Behandlungsergebnis deutlich verbessern. Hier kommt die moderne Medizinlogistik ins Spiel. Die Gesamtfahrleistung im Straßenverkehr ist laut einer Untersuchung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur in den zurückliegenden Jahrzehnten – mit Ausnahme in der Zeit der Coronapandemie – kontinuierlich gestiegen. Volle Straßen, längere Transportzeiten und eine erheblich gestiegene Umweltbelastung sind die Folge. Der Einsatz von Drohnen und damit die Verlagerung der Labor- und Materiallogistik in die Luft verkürzt Prozesse, verbessert die medizinische Versorgung und schont als emissionsfreies Transportmittel die Umweltbelastung.

„Wir als Regierungspräsidium Stuttgart verstehen uns auch als Ermöglichungsverwaltung und stehen deshalb neuen Projekten offen gegenüber. Die Projektpartner sind mit einem sehr innovativen Vorhaben an uns herangetreten, das wir stets unterstützt haben. Durch den Einsatz von Drohnen zum Transport von Blut- und Gewebeproben wird eine höhere Flexibilität und Geschwindigkeit erreicht und somit die medizinische Versorgung verbessert. Außerdem stellt der Betrieb von emissionsfreien Drohnen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz dar“, sagte Regierungspräsidentin Susanne Bay.

Deutschland ist bereits ein führender Technologiestandort im Bereich der Entwicklung von Drohnen. Mit der Zulassung von Flügen außerhalb der Sichtweite wird Baden-Württemberg und Deutschland die führende Rolle in Europa festigen. „Ein hartes Stück Arbeit liegt hinter uns und ich bin stolz, dass wir es als Erste geschafft haben, die Betriebsgenehmigung für komplexe, operative Drohnenflüge zu erhalten. Wir haben damit einen wichtigen Meilenstein erreicht“, sagt Holger Schulze: „Mit dem Einsatz von Drohnen werden wir die Medizinlogistik revolutionieren“, so Geschäftsführer der German Copters DSL GmbH. German Copters wird Operator der Flüge sein.

Was es bedeutet, eine Drohnen-Airline zu betreiben

Beim Betrieb und bei der Entwicklung der Drohen-Airline bleibe immer das Transportgut das zu betrachtende Objekt, betont Schulze. Drohnen seien lediglich ein Werkzeug im Transportprozess und ein Bestandteil vernetzter Logistikketten. Mitbewerber sei das Auto auf der Straße, nicht etwa der Hubschrauber. Eine enge Verzahnung mit der Bodenlogistik bleibe auch mit Drohnen unverzichtbar: Durch Betriebsgrenzen der Drohnen und „No-Fly-Zones“ müsse zwingend ein Fallback auf Bodenlogistik integriert werden. Priorität haben die Prozesse und das Notfallmanagement: „Eine Drohne in die Luft bringen kann jeder. Wichtiger ist das Risikomanagement und das Wissen um die Abläufe im Falle eines Notfalls“, so der Experte.

Zentrale Aufgaben im Rahmen des Betriebs der Drohnen-Airline seien zudem das Gefahrenstoffmanagement, Batteriemanagement, Start- und Landeplatzmanagement, Compliance, Daten- sowie Umweltschutz, Flugtraining, Schulung und Weiterbildung, Maintenance-Management sowie Lizenzen und Versicherungen und mehr. Auch wurde für den Transport mit Drohnen eine neue Verpackungslösung erarbeitet, die sicherstellen soll, dass bei einem Absturz die Gewebeproben nicht im Umkreis von zwei Kilometern eingesammelt werden müssen.

Auch die Flugstreckenplanung ist eine Herausforderung: Die Drohne kann in aller Regel nicht auf gerader Strecke zum Ziel fliegen. Die Drohne muss außerhalb der Kontrollzone des Flughafens bleiben. So wenig Hindernisse wie möglich sollen überflogen werden: So wird die ICE-Strecke von Stuttgart nach Karlsruhe dort überflogen, wo der Zug in einem Tunnel fährt. Naturschutzgebiete, Naturdenkmäler, Biergärten und auch Parkplätze, auf denen sich Menschen aufhalten können, sind potenzielle Hindernisse, die nicht überflogen werden dürfen.

Luftfahrt- und Medizingeschichte – geschrieben in Baden-Württemberg

„Wir sind Vorreiter beim Einsatz von Drohnen in der Medizinlogistik im Regelbetrieb. Damit stellen wir bei Helios einmal mehr unsere Innovationskraft unter Beweis. Der Transport von Blut- oder Gewebeproben in der Luft ist schneller, zuverlässiger und umweltfreundlicher als auf der Straße. Er macht uns unabhängiger vom Landverkehr und eröffnet völlig neue Perspektiven in Bezug auf Laborstandorte und deren Auslastung“, sagt Enrico Jensch. „Durch neue, innovative Konzepte wie die drohnenbasierte Logistik können wir zum Wohle der Patienten unser wichtigstes Ziel, die Erhöhung der Qualität der medizinischen Behandlung, noch besser erreichen“, freut sich auch Cornelia Frenz, Direktorin Operatives Management der RKH Gesundheit, über die Betriebsgenehmigung. „Aus Vision wird Realität, die die Qualität der Versorgung verbessert und ein Beitrag zur Nachhaltigkeit ist. Wir freuen uns alle, einen Beitrag leisten zu können“, so Prof. Dr. Jörg Martin, der den Projektpartnern und dem Regierungspräsidium Stuttgart für die gute Zusammenarbeit und für den großen Mut, dieses Projekt „anzupacken“, dankte.  „Wir haben ein Stück Luftfahrtgeschichte geschrieben“, so der RKH-Geschäftsführer. Und Medizingeschichte: Diese Form der Logistik habe das Potenzial, immer mehr Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, an der medizinischen Versorgung zu partizipieren.

RKH Gesundheit

Die RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH Die RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH – kurz RKH Gesundheit - ist der größte kommunale Anbieter von Gesundheitsleistungen in Baden-Württemberg. In sechs Akutkliniken, einer orthopädischen Fachklinik, einer geriatrischen Rehabilitationsklinik und mehreren Medizinischen Versorgungszentren sowie Servicegesellschaften an den Standorten Ludwigsburg, Bietigheim, Markgröningen, Mühlacker, Neuenbürg, Bretten und Bruchsal kümmern sich rund 8 000 Mitarbeiter um das Wohl von jährlich etwa 100 000 stationären und 300 000 ambulanten Patienten.

Helios Kliniken GmbH

Helios ist Europas führender privater Gesundheitsdienstleister mit insgesamt rund 126.000 Mitarbeitenden. Zum Unternehmen gehören unter dem Dach der Holding Helios Health die Helios Gruppe in Deutschland sowie Quirónsalud in Spanien und Lateinamerika und die Eugin-Gruppe mit einem globalen Netzwerk von Reproduktionskliniken. Mehr als 24 Millionen Menschen entscheiden sich jährlich für eine medizinische Behandlung bei Helios. 2022 erzielte das Unternehmen einen Gesamtumsatz von rund 11,7 Mrd. €.

German Copters DLS GmbH

Das Unternehmen German Copters wurde 2019 als Startup von 4 Unternehmern aus den Bereichen Medizinisches Labor, medizinischer Logistik, Drohnen-Services und Technologieentwicklung mit dem Ziel des Aufbaus einer auch auf Drohnen basierenden medizinischen Logistik gegründet. Die in German Copters arbeitenden Gesellschafter haben ihre Kompetenzen im Unternehmen gebündelt und können auf 30 Jahre Erfahrung in der medizinischen Logistik und auf 17 Jahre Erfahrung in Drohnen-Technologie zurückgreifen.