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Politik

Krankenhausreform: Irritation statt Orientierung


Foto: picture alliance/Daniel Kalker

BMG mit neuen Eckpunkten zur Krankenhausreform

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat am 19. Mai 2023 – noch vor dem Bund-Länder-Treffen am 23. Mai – in einem Entwurf die neuen Eckpunkte zur Klinikreform herausgebracht. In dem elfseitigen Papier schlägt das BMG eine Vorhaltevergütung für Leistungsgruppen vor, die durch die Planungsbehörden der Länder zugewiesen würden. Die ursprünglich geplante Rolle der von der Regierungskommission vorgeschlagenen Level schwächt dieses BMG-Papier ab. „Die Zuständigkeit für die Krankenhausplanung verbleibt ausschließlich bei den Ländern“, heißt es darin, und damit auch die Entscheidung über eine „bedarfsgerechte Krankenhausstruktur“.

Vorhaltevergütung

Mit der Einführung einer Vorhaltevergütung für somatische Krankenhäuser soll die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern unabhängiger von der Leistungserbringung gesichert werden.

Zusätzliches Geld soll es nicht geben: Mit Einführung der Vorhaltefinanzierung soll das Erlösvolumen neu verteilt werden, ohne dass es sich insgesamt erhöht. Fallpauschalen werden abgesenkt, um Mittel für die Vorhaltefinanzierung zu generieren.

Hierdurch soll der Anreiz auf eine möglichst hohe Fallzahl begrenzt werden, heißt es in den Eckpunkten. Dies geschieht perspektivisch auf Grundlage sachgerecht kalkulierter tatsächlicher Vorhaltekostenanteile der jeweiligen Fallpauschalen.

Die Selbstverwaltungsparteien auf Bundesebene sollen auf Basis der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen genaue Berechnungen der Ansprüche je Klinik vorlegen. In der Übergangsphase soll es einen einheitlichen Vorhalteanteil „in Höhe eines erheblichen Teils der Vergütung“ geben. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten, die Vorhaltepauschalen sollen erstmals 2025 ausgezahlt werden. Das Pflegebudget soll davon unberührt bleiben.

Für die Leistungsgruppen, die nun Voraussetzung für Vorhaltepauschalen sein sollen, hat das BMG NRW zum Vorbild erklärt. Dem Entwurf zufolge müssen alle Länder ab 2024 den Kliniken Leistungsgruppen zuweisen und sollen sich dabei am Modell aus Nordrhein-Westfalen orientieren. Die Krankenhausplanung NRW wird maßgeblich an 32 medizinischen Leistungsbereichen und 64 untergeordneten Leistungsgruppen ausgerichtet.

Weiter heißt es im BMG-Papier: „In den Jahren 2025 und 2026 erfolgt eine budgetneutrale Anwendung der Vorhaltebewertungsrelationen. Anschließend entfalten die Leistungsgruppen, zunächst im Rahmen einer mehrjährigen Konvergenzphase, finanzielle Wirkung auf die Vorhaltefinanzierung.“ An der Differenzierung und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen sollen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter Einbeziehung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und Mitgliedern der Regierungskommission arbeiten.

Letztlich sollten die Qualitätskriterien, die den Leistungsgruppen zu Grunde liegen, bundeseinheitlich sein. Zugleich würden Leistungsgruppen als Kriterium für die Zuordnung einer Vorhaltevergütung genutzt. Die Einhaltung der Qualitätskriterien soll regelmäßig vom Medizinischen Dienst geprüft werden.

Level: G-BA-Notfallstufenkonzept maßgeblich, Fachkliniken berücksichtigt

Für die Definition der Level soll nun das Notfallstufenkonzept des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) maßgeblich sein. Auch sollen Qualitätskriterien, die den Leistungsgruppen zugewiesen sind, eine große Rolle spielen. Darüber hinaus können für ein Level weitere Mindeststrukturvoraussetzungen festgelegt werden.

Weiterhin sollen die Kliniken in die umstrittenen Level einsortiert werden, die die Regierungskommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Die Vorhaltefinanzierung solle sich aber allein an den Leistungsgruppen orientieren.

Auch das umstrittene Level-1i bleibt. Doch sollen die Länder entscheiden, welche tatsächlich dem Level-1i als ambulant-stationäre Einrichtungen zugewiesen werden. Auch Fachkliniken, die sich auf eine bestimmte Krankheitsgruppe spezialisiert haben und in relevantem Umfang zur Behandlung in ihrem Spezialisierungsbereich beitragen, sollten nun als solche berücksichtigt werden. Den Bundeswehr- und BG-Krankenhäusern soll aufgrund ihrer besonderen Versorgungsaufträge und ihrer Spezialisierung nun eine Sonderrolle zukommen.

Kamingespräch mit Irritationen

Bei dem Kamingespräch wollte der Bundesgesundheitsminister mit seinen Kollegen aus den Ländern über die strittigen Punkte der Krankenhausreform beraten. Eine Einigung auf gemeinsame Eckpunkte für die Krankenhausreform kam nicht zustande. Ist Lauterbach seinen Länderkollegen entgegengekommen, hat er die Interessen der Länder weitgehend berücksichtigt? Oder soll die Umsetzung des „Kahlschlags“, die faktische Schließung von fast 700 Kliniken, lediglich an die Bundesländer delegiert werden, wie die BILD-Zeitung am 24. Mai schrieb? Das Blatt hatte eine Aufstellung aus dem BMG veröffentlicht, wonach „40 % von 1719 Krankenhäusern auf Ambulanz-Niveau (Level 1i) heruntergestuft werden“. Karl Lauterbach hat per Tweet auf den Bericht reagiert und diesen als „Falschmeldung“ bezeichnet.

Ein Gutachten im Auftrag des BMG teilt die 1 719 somatischen Klinikstandorte anhand ihrer Leistungen in Level ein. Demnach fallen 1 111 Häuser in das Level 1, 472 gehören ins Level 2 für die Regel- und Schwerpunktversorgung und 137 ins Level 3. Von den 1 111 Häusern im Level 1 sind 422 Kliniken jene mit Notfallversorgungsstatus (Level 1n). Die übrigen Häuser dieses Levels sind entweder Level 1i oder potenzielle Fachkliniken (Level F). Vor allem die Zahl der Kliniken, die ins Level 2 fallen, ist größer als die Bundesländer, die Träger und die Krankenhausverbände befürchtet hatten. Der DKG-Analyse zu den Vorschlägen der Regierungskommission zufolge hätten nur 82 Kliniken Level 2 erreicht.

Das Misstrauen zwischen Bund und Ländern scheint gewachsen. Auch die entscheidenden Verbände der Ärzteschaft und der Krankenhäuser sind, vorsichtig formuliert, irritiert und verärgert. Der derzeitige Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz gibt sich diplomatisch: „Sehr sachorientiert“ nannte Gesundheitsminister Manne Lucha (B 90/Die Grünen) die Gespräche zur geplanten Krankenhausreform, „Auch wenn viele Details von künftiger Krankenhausstruktur und -finanzierung noch geklärt werden müssen.“ Entscheidend werde in weiteren Beratungen zwischen Bund und Ländern die Definition der künftigen Leistungsgruppen sein. „Wir wollen, dass unsere Krankenhäuser von den Angeboten, die sie vor Ort besonders gut beherrschen und die sie auszeichnen, auch künftig gut leben können. Es ist kein tragbarer Zustand, dass das Damoklesschwert der Insolvenz dauerhaft über so mancher Klinik hängt.“

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) freut sich, dass der Vorschlag des Bundes „in weiten Teilen auf der Krankenhausplanung aus Nordrhein-Westfalen aufbaut“. Fest stehe aber auch: „Die Eckpunkte des Bundes für eine Reform sind eine gute Grundlage, aber es besteht in einigen wichtigen Punkten weiterhin Gesprächsbedarf zwischen Bund und Ländern. Krankenhausplanung ist Ländersache – und muss es bleiben. Hier wird es im Sinne der Sache sicherlich noch Änderungen an den Eckpunkten geben müssen.“

Der Vorsitzende der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt hält die Zugeständnisse an die Länder für weitgehend wirkungslos: „Was im Grundsatz anerkannt wird, wird im Konkreten nicht durchgängig umgesetzt. So erhalten die Länder bei der Erarbeitung von Leistungsgruppen nur ein nachgelagertes ‚Mitentscheidungsrecht‘. Bei der Zuweisung von Leistungsgruppen und Leveln sollen die Länder zwar eigene Regelungen treffen können, der Bund würde diese aber über einheitliche Finanzierungs- und ‚Transparenz‘-Vorschriften faktisch ins Leere laufen lassen.“

Zum Verfahren im Rahmen geplanter Gesetzesvorhaben hat der BÄK-Vorsitzende weitere Kritik: Verbänden würde faktisch keine Möglichkeit der Stellungnahme zu wichtigen Themen mehr eingeräumt, warf Dr. Klaus Reinhardt Minister Lauterbach Ende Mai gegenüber dem Focus vor. So würden regelmäßig extrem kurze, nicht haltbare Fristen von wenigen Stunden hierfür angesetzt.

DKG-Chef Gerald Gaß: „Vorschläge werden den kalten Strukturwandel nicht verhindern“

Die aktuellen Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Krankenhausreform werden den kalten Strukturwandel mit zahlreichen Insolvenzen und Krankenhausschließungen nicht verhindern, reagierte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf die neuen Eckpunkte aus dem BMG. „Neben einer Reihe fachlicher Unstimmigkeiten fehlt bei dem Konzept des Bundes eine Antwort auf die galoppierende Inflation und die Defizitentwicklung der Krankenhäuser. Obwohl Karl Lauterbach immer wieder öffentlich betont, in welcher Kostenfalle die Krankenhäuser sitzen und deshalb viele Kliniken von der Schließung bedroht sind, gibt es überhaupt keinen Vorschlag zur Problemlösung im Rahmen der bevorstehenden Bund-Länder-Gespräche“, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß.

Das Papier enthalte keine dringend notenwendige Finanzierungsreform für die Kliniken, sondern lediglich „einen mehrjährigen Umverteilungsmechanismus ohne aber den dringend erforderlichen Inflationsausgleich auf die Tagesordnung zu setzen“, so Dr. Gaß weiter. „Wie allein durch Umverteilung des Mangels im Rahmen eines mehrjährigen Konvergenzprozesses die akuten Probleme der Krankenhäuser gelöst werden können, bleibt ein Rätsel.“ Wenn diese Hängepartie noch über Monate hinweg so weitergehe, würden Bund und Länder schon im Herbst vor den Scherben ihrer verfehlten Politik stehen, bekräftigt Gaß die Forderung der Kliniken nach schnellen Finanzierungsentscheidungen.

Das aktuelle Papier des Bundes zeige aber auch, dass die anhaltende Kritik zahlreicher Experten, der DKG und der Länder an den ursprünglichen Ideen der Regierungskommission aufgegriffen wurde. „Es sieht so aus, als ob der Bund den Ländern beim Thema Krankenhausplanung deutlich entgegenkommt und die grundgesetzlich verankerte Zuständigkeit der Länder beachten will. Der Teufel steckt jedoch im Detail und deshalb müssen die Länder sehr genau darauf achten, wie die Regelungen im Einzelnen formuliert werden. Die Letztentscheidung bei den Leveln, Leistungsgruppen und den Mindeststrukturvorgaben muss immer bei den Ländern verbleiben, sonst droht doch noch eine kleinteilige Krankenhausplanung des Bundes durch die Hintertür“, warnt der DKG-Vorstandsvorsitzende.

„Finanzierungsreform weiterhin diffus“

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wiederholt angekündigte Finanzierungsreform bleibe weiterhin diffus. Aus dem Konzept gehe nicht hervor, wie die angekündigte Vorhaltefinanzierung funktionieren soll und auf was sich die Krankenhäuser tatsächlich einstellen können. „Die Vorhaltefinanzierung bleibt eine Baustelle. Wir warnen davor, einen kompletten Umbau des DRG Systems jetzt über das Knie zu brechen. Die Finanzierungsreform sollte in mehreren Stufen abgearbeitet werden. Zunächst brauchen wir den vollen Inflationsausgleich und schnelle Regelungen zur dauerhaften Ausfinanzierung der Tariflohnsteigerungen. In einem zweiten Schritt sollten die bereits existierenden Elemente der Vorhaltefinanzierung: Sicherstellungszuschläge, Zentrumszuschläge und Notfallzuschläge aufgestockt und ausgeweitet werden. Parallel dazu ist dann Gelegenheit, neue Formen der Vorhaltefinanzierung sorgfältig zu entwickeln“, erläutert Gaß seine Erwartung an die Bund-Länder-Gespräche.

Auch hinsichtlich des Strukturfonds brauche es Klarheit. Die Notwendigkeit von Investitionen in strukturelle Maßnahmen ist im BMG-Papier erkannt, aber die Aussagen zum Strukturfonds blieben absolut vage. Es braucht ein eigenes Investitionsprogramm für den Transformationsprozess. „Die von uns gemeinsam mit dem Unternehmen vebeto aktuell simulierten Auswirkungen des vom BMG jetzt in die Diskussion eingebrachten Basismodells führen wegen der Patientenverschiebung zu Kapazitätsverlagerungen, Fusionen und Neubauten mit einem erheblichen Investitionsbedarf. Im Minimum gehen wir davon aus, dass 24 Mrd. € benötigt werden, im Maximum sind es ca. 50 Mrd. €. Dieses Investitionsvolumen enthält keine Finanzierungsmittel zur Beseitigung des Investitionsstaus oder zur Verbesserung der Klimaneutralität. Daneben entstehen weitere Kosten, wenn bestimmte Krankenhäuser nach Durchführung der Reform nicht mehr wirtschaftlich tragfähig sind und schließen müssen,“ so der DKG-Vorstandsvorsitzende.

„Seit über sechs Monaten werden die Vorschläge zur Krankenhausreform immer technokratischer diskutiert. Kranken Menschen nwird dies ebenso wenig gerecht wie den Beschäftigten in den Kliniken. Die Insolvenzgefahr schwebt auch weiterhin über den Krankenhäusern“, bringt es der Geschäftsführer der bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Roland Engehausen, auf den Punkt.

Kritik privater Klinikträger

Die privaten Kliniken bemängeln vor allem, dass die vom BMG vorgesehene Zentralisierung von Krankenhaus-Standorten keinerlei Unterschied zwischen urbanen und ländlichen sowie über- und unterversorgten Lebensräumen mache. Zudem würde allein das Zählen von Fachabteilungen zur Zuordnung in die vorgesehenen Versorgungslevel führen, Qualitätsaspekte blieben unberücksichtigt. Die starren Versorgungslevel hätten zur Folge, dass die Kliniken im Level 1i nicht mehr regelhaft in den Krankenhausplänen der Länder aufgenommen wären und über keine ausreichende wirtschaftliche Existenzgrundlage verfügen. Diese schablonenhafte Strategie würde zu großen Krankenhaus-Gebilden in Ballungsräumen führen, während zahlreiche kleinere, bedarfsnotwendige und leistungsfähige Kliniken geschlossen werden müssten. Das widerspreche dem Leitgedanken der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen und sei zudem praktisch kaum zu realisieren, da das BMG für eine solche Umstrukturierung weder Finanzierungs- noch Umsetzungspläne habe. Diese seien jedoch erforderlich, da es zu einer massiven Verlagerung von Behandlungs- und Personalkapazitäten an die verbleibenden zentralisierten Krankenhäuser kommen würde. Der BDPK fordert deshalb, die Krankenhausreform im Zusammenwirken mit den Bundesländern am Versorgungsbedarf in den Regionen auszurichten und bewährte Strukturen zu stärken, statt sie zu zerschlagen.

Neben weiteren inhaltlichen Schwächen der aktuellen Reformvorschläge greift der BDPK in seiner Stellungnahme auch die verbreitete Vorstellung auf, die Kliniken würden durch die Einführung einer Vorhaltefinanzierung von ökonomischen Zwängen befreit. Da bisher keine zusätzlichen finanziellen Mittel vorgesehen sind und neben der Vorhaltepauschale weiterhin ein erheblicher Fallzahlbezug bleibt, bezweifelt der BDPK, dass dieses gut gemeinte Instrument in der derzeit vorgesehenen Form die gewünschte Wirkung haben wird. Zudem befürchtet der BDPK, dass noch vor Inkrafttreten der Reform hunderte Krankenhäuser wegen der galoppierenden Inflation und der Defizitentwicklung schließen müssen. Den drohenden ungesteuerten Strukturwandel mit zahlreichen Insolvenzen und Krankenhausschließungen zu verhindern, sei vordringlichste Aufgabe der Politik.

Stimmen der konfessionellen Klinikverbände

Bei der Ausgestaltung der Vorhaltefinanzierung sieht auch der Katholische Krankenhausverband Deutschland e.V. (kkvd) noch viel Diskussionsbedarf. Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des kkvd, fordert eine kostenbasierte Ermittlung des Vorhaltebudgets. „Die geplante pauschale Herausnahme eines Erlösanteils stellt eine reine Umverteilung in den Budgets und zwischen den einzelnen Krankenhäusern dar und löst nicht das bestehende Problem, dass Krankenhäuser zur Finanzierung ihrer Kosten auf Leistungssteigerungen angewiesen sind. Das bestehende Vergütungssystem ist unterfinanziert. Eine echte Vorhaltekostenfinanzierung muss an den tatsächlichen Ist-Kosten für stationäre Notfallleistungen und-vorhaltungen ansetzen.“ Daher sollten zumindest die Kosten, die für eine Notfall-Basisversorgung anfallen, kalkuliert werden, damit diese Leistungen in Zukunft kostendeckend und auskömmlich refinanziert werden. Die vorliegenden Vorschläge würden die Gefahr bergen, dass sich das Hamsterrad noch schneller drehe.

Mit einem eigenen Level für Fachkliniken nehmen die Eckpunkte die wichtige Rolle dieser Häuser für die Versorgung kranker Menschen auf, so der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) in einer Presseerklärung: „Wir begrüßen es, dass nicht nur Kliniken, die sich auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisieren, sondern auch Krankenhäuser, die sich auf besonders vulnerable Patientengruppen, wie zum Beispiel behinderte Menschen, konzentrieren, weiterhin ihren wichtigen Beitrag zur Krankenversorgung leisten können“, betont DEKV-Vorsitzender Christoph Radbruch.

„Gschmäckle von Vorteilsnahme“

Für Irritation bei Kliniken anderer Träger und deren Verbänden hat im Vorfeld der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers eine gemeinsame Stellungnahme des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) und der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG) unter anderen mit den Verbänden der Kassen (GKV-Spitzenverband, AOK-Bundesverband, vdek, BKK-Dachverband, IKK e. V.) gesorgt.

Diese sprachen sich „für eine schnelle Verständigung von Bund und Ländern auf ein klares Zielbild für die Reform der Krankenhausstrukturen“ aus. Krankenkassen, Unikliniken und Maximalversorger drängen auf schnelle Umsetzung der Krankenhausreform so, wie sie von der Regierungskommission vorgeschlagen wurde – mit deutlichem Gewicht auf der Rolle dieser Häuser bei einer Zentralisierung der Krankenhausversorgung. Sie appellierten gemeinsam an die politischen Entscheidungsträger, „sich zügig auf eine Reform zu einigen, die zu einer qualitätsorientierten Leistungskonzentration an geeigneten Krankenhäusern führt und durch die Einführung der Vorhaltekosten-Finanzierung den finanziellen Druck zur Leistungsausweitung deutlich reduziert.“ Zudem plädieren sie für die „Festlegung von bundesweit einheitlichen Anforderungen an definierte Leistungsgruppen, die Definition klarer Versorgungsrollen und eine stärkere Orientierung der Krankenhausplanung am medizinischen Bedarf der Bevölkerung.“

Für den Verband der Klinikdirektoren Deutschlands (VKD) hat diese Stellungnahme ein „Gschmäckle“ – andere sahen eine „Grenzüberschreitung“ der beiden Verbände. Krankenhausmanager VKD-Präsident Dr. Josef Düllings: „Damit qualifizieren sie die Leistungen aller anderen Kliniken, die tagtäglich ihre Patientinnen und Patienten ebenfalls in guter Qualität versorgen, ab – und die zur Versorgung der Bevölkerung unabdingbar sind. Sie qualifizieren auch die in den vergangenen Jahren aufgebauten Spezialisierungen dieser kleineren Häuser ab, als wären ausschließlich technisch hochgerüstete Maximalversorger in der Lage, spezialisierte Leistungen allein am besten zu erbringen.“

„Wenn Krankenkassen und Maximalversorger ‚Verwässerungen‘ des Papiers kritisieren, so kritisieren sie gleichzeitig die Vorschläge und Einwände der Länder in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die in einem intensiven Diskursverfahren aus ihren Erfahrungen in der Krankenhausplanung dafür sorgen sollen – und werden – aus dem Papier vom grünen Tisch grundgesetzkonforme und praktikable Lösungen zu finden. Die Art und Weise, wie hier argumentiert wird, hat einen sehr eigenen Beigeschmack von erhoffter Vorteilsnahme, wie wir ihn seit Jahren schon vor allem von den Krankenkassen und einigen Experten kennen.

Katrin Rüter/Tanja Kotlorz