Diskussion zur Krankenhausplanung der Zukunft
Ein zentrales Thema des 45. Deutschen Krankenhaustages war – wie in den Jahren zuvor - die Krankenhausplanung und Versorgungssicherung. Doch in diesem Jahr wurden die damit verbundenen Entwicklungen mit besonderer Intensität diskutiert. Wieviel stationäre Versorgung wird gebraucht, wie ist dem Fachkräftemangel und den Kostensteigerungen zu begegnen? Es geht längst nicht mehr um abstrakte Zukunftsszenarien, die Entwicklungen in den Kliniken sind sehr konkret und dringend. Kongresspräsident Dr. Josef Düllings, der eine Diskussion zur Krankenhausplanung der Zukunft moderierte, machte die bedrohliche Entwicklung am Bespiel der Geburtshilfe in Paderborn deutlich, wo das St. Johannesstift bereits Anfang 2022 die Geburtshilfe schloss – wegen Personalmangels.
„Keine Sparkommission“
Die in der Hand der Länder liegende Krankenhausplanung ist eine der zentralen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Sie entscheidet über die Krankenhausversorgung in den Regionen. Nun aber stehen Rahmenvorgaben des Bundes an. Eine Regierungskommission Krankenhausversorgung soll noch in diesem Jahr Leitplanken setzen für eine Krankenhausplanung, die sich an Versorgungsstufen orientiert. Doch die Kommission tagt weitgehend hinter verschlossenen Türen.
Für die Krankenhausplanung seien die Länder verantwortlich. Für eine Krankenhausstrukturreform hatten zunächst einmal die Ziele formuliert werden müssen, und zwar im Rahmen einer Debatte mit den Ländern und auch mit denen, die die Reform dann umsetzen müssen, bevor eine Kommission im stillen Kämmerlein konkrete Reformvorschläge erarbeite, kritisierte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, schon zur Eröffnung des Deutschen Krankenhaustages.
In der Runde zur künftigen Krankenhausplanung stellte sich Prof. Dr. Tom Bschor, Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung, der Diskussion mit Vertretern zweier Bundesländer, die bereits eigene Konzepte einer modernen Krankenhausplanung entworfen haben: der niedersächsischen Gesundheitsstaatssekretärin Dr. Christine Arbogast und DKG-Präsident Ingo Morell, der zugleich Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrheinwestfalen (KGNW) ist.
„Wir sind keine Sparkommission“, sagte Bschor zu Beginn der Diskussion. Es gehe darum, das System der stationären Versorgung zu verbessern und effizienter zu machen.
„Wie viele Krankenhäuser brauchen wir?“ Die sei die zentrale Frage einer Reform der stationären Versorgung. „Wir haben in Deutschland rund 50 % mehr vollstationäre Behandlungen und Krankenhausbetten als in Nachbarländern“, so der Leiter der Regierungskommission. Ursache hierfür sei ein starker Mengenanreiz durch das DRG-System und die strikte Trennung der Sektoren als Eigenart des deutschen Gesundheitssystems. „An beiden Triebfedern müssen wir ansetzen“, so Bschorr. Denn: „Wir können uns das System nicht mehr leisten“, so Bschor weiter, die Belastung der Kassen vor allem der demografische Wandel in Verbindung mit dem Fachkräftemangel ließen ein „weiter so“ nicht zu.
„Ein Krankenhaus ist ein Haus für Kranke. Da steht nicht, dass man da unbedingt übernachten muss“, sagte Prof. Bschor zur Debatte um die Sektorengrenzen und deren Überwindung. „Das ist die Zukunft, ob man das regionale Gesundheitszentren nennt oder nicht. Ich würde das sogar weiterhin Krankenhaus nennen. Man neidet sich nicht mehr gegenseitig die Patienten. In vielen Regionen ist man froh, wenn überhaupt jemand die ärztliche Versorgung übernimmt“, so Bschor.
Sektorenübergreifende Versorgung, regionale Netzwerke
Dr. Arbogast berichtete vom Aufbau regionaler Gesundheitszentren in Niedersachen: „Wir sind überzeugt, dass wir die strikte Trennung der Sektoren überwinden müssen, um die Strukturen zu modernisieren“, so die Staatssekretärin: „Die mangelnde Zusammenarbeit von ambulanter und Stationären Strukturen sowie die Unzulänglichkeiten des DRG-systems zwingen uns zum Handeln.“
Das Problem zeige sich gerade in Niedersachsen sehr deutlich. Das Bundesland weist mit acht Millionen Einwohnern eine geringe Bevölkerungsdichte auf, 47 der insgesamt 168 Krankenhäuser Niedersachsens haben weniger als 100 Betten.
Allerdings, so die Staatssekretärin, sei das Flächenland im Norden schneller als der Bund: Bereits 2018 hatte der Niedersächsische Landtag eine Enquetekommission eingesetzt, die sehr breit aufgestellt war. „Wir haben auch eine sehr intensive Debatte mit der Bevölkerung geführt und ein gutes, breites Beteiligungsverfahren gehabt.“ Im Juni 2022 wurde eine Neufassung des Niedersächsischen Krankenhausplanungsgesetzes verabschiedet. Vor allem die strikte Trennung der Sektorengrenzen ist eines der größten Hindernisse für eine Modernisierung des Gesundheitswesens. Dies endlich zu überwinden gehen wir nun an. In Niedersachsen sorgen wir für mehr Kooperation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und auch mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen.“ Zudem werde mit dem Modell regionaler Gesundheitszentren als neuer Form der Versorgung geschaffen. Diese sollen vor allem dort Versorgungssicherheit schaffen, wo Krankenhäuser fehlen. RGZ seien vor allem eine Alternative zu Krankenhausschließungen.
Von 2023 an werde in Niedersachsen kleinräumiger in acht statt wie bisher in vier Versorgungsregionen geplant, die zusammen mit den im neuen Krankenhausgesetz Niedersachsens eingeführten Versorgungsstufen betrachten werden müssen. Pro Versorgungsregion muss mindestens ein Maximal- oder Schwerpunktversorger vorhanden sein. Das Gesetz definiert konkrete Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Krankenhausplan, die vor allem die technische und die Personalausstattung betreffen. Grundsätzlich kann ein Regelversorger beispielsweise eine Versorgungsstufe höher steigen.
Zur Umsetzung des ambitionierten Krankenhausplanungsgesetzes seien Investitionsmittel notwendig: „Wir haben diese jüngst um 30 Mio. € auf 150 Mio € pro Jahr erhöht. Diese Summe soll weiter ansteigen: In den kommenden fünf Jahren wollen wir insgesamt 5 Mrd. € einsetzen“, so Arbogast.
Nun müsse auch auf Bundesebene mehr geschehen: „Wir brauchen eine grundlegende Novellierung des DGR-Systems. Und wir brauchen Instrumente für eine echte Zusammenarbeit ambulanter und stationärer Versorgung“, so die Staatssekretärin.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat insbesondere für die Versorgung in strukturschwachen und dünn besiedelten Regionen das Modell der Gesundheitszentren und regionalen Netzwerke entworfen, in denen sektorenübergreifend Gesundheitsversorgung gesichert wird. „Wir sind überzeugt, dass wir die strikte Trennung der Sektoren überwinden müssen, um die Strukturen zu modernisieren“, erklärte Ingo Morell in der Diskussionsrunde: „Ambulantisierung ja, aber nicht in Konkurrenz zu den niedergelassenen Ärzten. Anders können wir Versorgung, vor allem im ländlichen Bereich, gar nicht organisieren.“
Dennoch müsse politisch entschieden werden, wo das Potenzial der Ambulantisierung bisher stationärer Behandlungen künftig ambulant versorgt werden soll: Im Bereich der niedergelassenen Ärzte oder an den Kliniken mit erweiterten ambulanten Kompetenzen. Die „doppelte Facharztschiene“ sei angesichts des Mangels auch an Ärzten nicht zukunftsfähig. „Die Krankenhäuser müssen in die Lage versetzt werden, den ambulanten Bereich für sich zu entwickeln.“ Auch Patienten wüssten zu schätzen, wenn in der ambulanten Versorgung komplexerer Erkrankungen die technische Infrastruktur einer Klinik abrufbar sei.
Ingo Morell brachte gegenüber dem Prof. Tom Bschor als Vertreter der Expertenkommission noch einmal auf den Punkt, worum es im Sinne einer demokratisch legitimierten Gesundheitspolitik gehen muss: „Gewählte Vertreter müssen definieren, welches Versorgungsangebot wollen wir für die Bürgerinnen und Bürger? Und diese Ziele müssen den Bürgern auch erklärt werden. Dann können Experten zu Rate gezogen werden, wie dies zu erreichen wäre.“
Die Bundesländer nehmen ihre Aufgaben in der Gestaltung der Versorgung zunehmend ernst: „Die Krankenhausplanung rückt in den Fokus“, so Morell. „Wir müssen über Sektorengrenzen hinweg in Netzwerken denken – und da sehen wir das Krankenhaus als zentralen Ort.“ Krü