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Interviews und Meinungen

Wir werden 2022 erneut über den Rettungsschirm sprechen müssen.

Dr. Gerad Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG). Foto: Jens Jeske.

Dr. Gerad Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG). Foto: Jens Jeske.

Angesichts steigender Zahlen von Covid-Patienten auf den Intensivstationen haben Sie vor einer drohenden „Katastrophen-Medizin“ gewarnt. Wie ist die Situation aktuell?

Aktuell sieht es so aus, als ob wir bundesweit den Scheitelpunkt der 4. Corona Welle in den Intensivstationen erreicht haben. Mein Hinweis auf die drohende Katastrophenmedizin bezog sich auf die besonders belastenden Regionen und Hotspots. So gab es zum Beispiel in Sachsen eine Belegung in den Intensivstationen mit 50 % Covid-Patienten. Solche Situationen lassen dann kaum noch Raum für die normale Versorgung. Die Kliniken können dann vielfach neben den Covid-Patienten nur noch akute Notfälle versorgen. Und wir sind seit Wochen in einer extremen Belastung der Intensivstationen und der Covid-Stationen in den Kliniken. Die Entwicklung bei Omikron löst ebenfalls große Sorge aus.

Lauterbach versprach, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Wird ihm das gelingen?

Er allein wird es sicher nicht schaffen, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Das gelingt nur in dem alle in der Gesellschaft an einem Strang ziehen. Auch ich bin überzeugt, dass wir letztlich die Pandemie in den Griff bekommen werden, ich wage allerdings nicht zu prognostizieren was auf dem Weg dorthin noch alles passiert.

Gibt es Hoffnung, dass sich die Situation der Krankenhäuser verbessern wird?

Der Koalitionsvertrag beinhaltet wichtige Reformvorhaben für die Krankenhäuser, so zum Beispiel eine Finanzierungsreform aber auch neue Möglichkeiten der sektorübergreifenden Versorgung. Auch der Fachkräftemangel in der Pflege soll mit verschiedenen Initiativen aktiv angegangen und die Bürokratie abgebaut werden. Wenn alle diese Ansätze gelingen, versprechen wir uns Fortschritte und verbesserte Rahmenbedingungen.

Reicht die Fortführung der Ausgleichszahlungen, wie sie die Ampelkoalition plant, aus?

Die Ausgleichszahlungen für Kliniken wurden bis zum 19. März 2022 verlängert und sind nicht schon am 31. Dezember 2021 ausgelaufen. Wir begrüßen diese Entscheidung, denn wir befinden uns ohne Zweifel auch im ersten und wahrscheinlich zweiten Quartal des Jahres 2022 mitten in der Pandemie. Kritisch bleibt aber, dass nur somatische Kliniken in den Ausgleich einbezogen werden. Darüber hinaus werden wir noch im Januar mit dem Minister über einen umfassenden Rettungsschirm und einen angepassten Ganzjahresausgleich 2022 sprechen müssen.

Was bedeutet die Impfpflicht für Personal in Kliniken? Werden noch mehr Pflegekräfte abwandern?

In den Behandlungsbereichen der Krankenhäuser haben wir in aller Regel eine hohe Impfquote die zum Teil deutlich über 90 % liegt. Ich bin zuversichtlich, dass es uns in den kommenden Wochen noch gelingt, die allermeisten der unentschlossenen Beschäftigten vom Vorteil einer Impfung zu überzeugen. Ein einfaches Abwandern von Pflegefachkräften in andere, adäquate Beschäftigungsverhältnisse ist kaum möglich, denn praktisch alle Bereiche des Gesundheitswesens sind von der Impfpflicht erfasst. Insgesamt hoffe ich sehr, dass wir nur ganz wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren werden.

Weder im Krisenstab noch im neuen Expertenbeirat ist die DKG vertreten. Ein Manko?

Offensichtlich wollte man keine Verbandsvertreter in den Expertenrat berufen, wohl aus Sorge, dass dann eine ganze Reihe von Verbänden ihre Ansprüche geltend machen werden. Ich glaube dennoch, dass es ein Fehler ist, weder die KBV noch die DKG an diesem Expertenaustausch zu beteiligen. Alles was dort besprochen wird, betrifft am Ende die Krankenhäuser und die Ärzteschaft. Wir und unsere Beschäftigten sollen das dann umsetzen. Betroffene zu Beteiligten zu machen ist in aller Regel klug. Und wir erwarten schon, dass das Gespräch mit uns gesucht wird, das geht ja auch ohne offiziellen Sitz im Expertenrat.

Den Gesundheitsausschuss im Bundestag sollte ein Abgeordneter der AfD-Fraktion leiten, die die Corona-Schutzmaßnahmen ablehnt. Was halten Sie davon?

Wir wissen alle um die kritischen Positionen der AfD zum Thema Coronapolitik und Impfen. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Pandemie die Gesundheitspolitik noch eine ganze Zeit lang beschäftigen wird, muss man sich schon fragen, warum die anderen Fraktionen den Gesundheitsausschuss nicht vorrangig besetzen wollten.

Das Gespräch führte Katrin Rüter.

Dr. Gerad Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG). Foto: Jens Jeske.