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Interviews und Meinungen

Im Gespräch mit Holger Schulze, CEO (Partner) German Copters DLS GmbH


Holger Schulze, German Copters DLS GmbH. Foto: privat

Für welche Kliniken oder Einrichtungen ist die Logistik über Drohnen besonders geeignet?

Eigentlich ist das für alle Kliniken und Labore interessant und nutzbar. Es gibt hinsichtlich der gesetzlichen Rahmenbedingungen und auch der technischen Möglichkeiten noch einige Einschränkungen. Die Geschwindigkeit der Entwicklungen ist enorm, so dass ich davon ausgehe, dass wir die derzeitigen Hemmnisse bald überwinden können. Aber auch jetzt schon ist vieles bereits umsetzbar.

Könnte der Transport mittels Drohnen auch in Großstädten etabliert werden? Profitieren eher ländliche Gebiete?

Es wird definitiv ein Service sein, von dem Großstädte und ländliche Gebiete gleichzeitig profitieren. Im Moment fangen wir aber in eher ländlichen Gebieten sehr vorsichtig an. Die Herausforderungen bei Flügen über Großstädten sind im Vergleich zu Flügen in ländlichen Gegenden wesentlich höher. Manchmal ist es besser erst einmal Erfahrungen zu sammeln und zu lernen. Was wir in den letzten Jahren auch gelernt haben ist, dass viele Berechnungen auf dem Papier richtig gut aussehen, die Praxis aber dann doch ein wenig anders ist. Wir haben gemeinsam mit den Fachleuten von Helios allein im Netzwerk der Helios Kliniken viele sehr interessante Strecken untersucht, bei denen wir den konkreten Nutzen schon jetzt nachweisen können.

Ist diese Form des Transportes kostenintensiv oder eher günstig?

Wir sind ja die Vorreiter in der Drohnenlogistik. Es gibt in Europa so gut wie keine praktischen Erfahrungen im Bereich eines Regelflugbetriebes mit Drohnen. Die bisher geförderten Projekte haben sich meist auf Teilbereiche der Drohnenlogistik konzentriert. Wir fliegen nun aber das volle Programm. Da wir, wie schon beschrieben, sehr vorsichtig herangehen, werden wir am Anfang mit vierfacher Absicherung fliegen. Diese am Anfang eigentlich total überdimensionierte Sicherheit kostet natürlich Geld. Hier werden wir aber keine Kompromisse machen. Erst wenn sich unsere Berechnungen und praktischen Tests auch in der täglichen Praxis bestätigt haben, werden wir den Flugbetrieb so durchführen, dass wir effizient und hinsichtlich der Kosten mit dem Bodentransport absolut wettbewerbsfähig sind.

Wie sieht die Umweltbilanz aus?

Wir haben definitiv Vorteile gegenüber unserem „Mitbewerber“ - dem Auto auf der Straße. Das sind CO2-Emissionen, die Lärmverschmutzungen oder zum Beispiel auch die Verminderung der Belastung der Infrastruktur am Boden. Aber auch hier sind wir noch am Anfang. Batterien haben im Moment noch eine sehr geringe Energiedichte und die Produktionsverfahren dieser Batterien machen mich nicht wirklich glücklich. Da kämpfen wir mit den gleichen Herausforderungen, wie auch die Hersteller von E-Autos. Ich freue mich, dass die Politik mehr und mehr den Fokus auf grünen Wasserstoff legt. Das wird gerade im Bereich der auf Drohnen basierenden Logistik noch einmal einen gigantischen Schub im Bereich der Effizienz und damit auch der Umweltbilanz geben. Damit könnten wir längere Strecken fliegen und wesentlich mehr Zuladung aufnehmen.

Profitieren auch Patienten?

Wir haben mit Ärzten gesprochen, die uns verschiedene Szenarien beschrieben haben. Ein Beispiel: Es muss während einer Operation Gewebe analysiert werden. Die Frage für den Operateur ist, ob es sich zum Beispiel eventuell um Krebs handelt. Je schneller wir die Probe zur Analyse ins Speziallabor transportieren können, um so kürzer wird die Operation andauern. Das entlastet den Patienten ungemein und nebenbei können auch die Operationszeiten verkürzt werden, was sich dann auf die Kosten und Verfügbarkeit der Operationskapazitäten in den Kliniken auswirken kann. Es gibt aber noch einige solcher Anwendungsfälle, bei denen Patienten direkt oder indirekt profitieren.

Welche Risiken sind mit dieser Technik verbunden?

Drohnen sind Luftfahrzeuge ähnlich der bemannten Luftfahrt. Genau wie in der bemannten Luftfahrt haben Drohnen die gleichen Aufgaben zu bewältigen. Der Gesetzgeber hat an uns als Drohnen-Airline ziemlich hohe Anforderungen gestellt. Wir müssen der Aufsichtsbehörde nachweisen, dass wir als Unternehmen ähnlich wie eine Airline in der bemannten Luftfahrt organisiert, unsere Prozesse klar auf maximale Sicherheit ausgerichtet sind und wir für jede Flugstrecke eine umfassende Sicherheitsanalyse angefertigt haben. Dabei wird nicht nur die Lage in der Luft betrachtet, sondern auch der Boden unter der Flugroute im Detail sicherheitstechnisch begutachtet. Bereiche, wo sich Menschen ansammeln könnten, versuchen wir zu umfliegen. Das kann auch mal eine Parkbank sein. Wir fliegen ja nicht frei, sondern auf einer im Detail geplanten Flugstrecke in einer definierten Höhe. Wie ich jetzt versucht habe zu beschreiben, ist Sicherheit bei uns das wichtigste Element bei der Durchführung der Drohnenflüge.

Es gibt aber auch andere Bereiche, die gern vergessen werden. In der medizinischen Logistik transportieren wir Gefahrstoffe. Allein hier haben wir mit dem spezialisierten Unternehmen Anton Debatin aus Bruchsal über ein Jahr Lösungen speziell für Drohnen entwickelt. Ich behaupte jetzt mal sehr selbstbewusst, dass wir derzeit die sicherste Lösung für Gefahrstofftransporte per Drohne auf der Welt haben.

Was ist im Verfahren der Zulassung vor allem zu beachten?

Da gibt es tausende Elemente, da kann man kein einzelnes Thema besonders hervorheben. Es ist vielleicht unsere Philosophie, auf deren Grundlage wir unseren Antrag auf Zulassung des Flugbetriebes aufgebaut haben. Wir haben uns vor allem gefragt, was theoretisch alles schiefgehen könnte und wie wir dann dieses Risiko durch technische Veränderungen, bessere Prozesse und Flugrouten auf ein Minimum reduzieren können. Auch die „Fehlerquelle Mensch“ ist nicht zu unterschätzen. Ausbildung, Training und Weiterbildungen sind wesentliche Faktoren, wenn es im Antrag um die Beschreibung eines sicheren Flugbetriebes geht.

Welche Auswirkungen hat der Einsatz dieser Technik auf andere Transportmittel? Gibt es Schnittstellenprobleme?

Wir kommen ja aus der medizinischen Bodenlogistik. Wir kennen die Herausforderungen in der medizinischen Logistik also sehr genau. Unser gesamtes Konzept basiert auf einer sinnvolle Verknüpfung der auf Drohnen basierenden Logistik mit der Bodenlogistik. Beispiel: Wenn das Wetter keine Flüge zulässt, weil es stürmt und gewittert, dann werden wir trotzdem liefern. Wir haben in unserer Software für Disposition und Dokumentation das Transportmittel „Drohnen“ integriert, die Besonderheiten des Transportmittels berücksichtigt und zum Beispiel auch Fallback-Lösungen eingebaut. Ich will damit sagen, dass nach unserer Meinung die Drohnenlogistik nur im Zusammenspiel mit den derzeit genutzten Transportmitteln funktionieren kann. Das wird auch noch einige Jahre so bleiben.

Wo, glauben Sie, steht die Logistik mit Drohnen in zehn Jahren?

Das ist eine echt schwierige Frage. Wenn wir es schaffen den Gesetzgeber davon zu überzeugen, dass es durch das derzeit in Vorbereitung befindliche „U-Space-Gesetz“ in der jetzigen Form für uns eher mehr Nachteile als Vorteile gibt, dann sehe ich Deutschland in der Welt als Vorreiter im Bereich der Drohnenlogistik. In zehn Jahren sehe ich von der EASA-zertifizierte Drohnen, mit denen ich sicherer und freier fliegen kann, Wasserstoff-Antriebe in Drohnen, mit denen ich hocheffizient und rund um die Uhr meine Transportgüter ausliefern kann und zum Beispiel neue Drohnen, mit denen ich mehr Last über längere Strecken transportieren und damit am Ende die Straße von LKW-Transporten entlasten kann.

Die Fragen stellte Katrin Rüter, Chefredakteurin das Krankenhaus