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Editorial

Zwischen Reformanspruch und Realität


Foto: DKG/Lopata

 

Minister Lauterbach ist Geschichte und mit ihm auch sein wenig erfolgreicher absolutistischer Politikstil. Nicht zuletzt durch die Festlegungen im Koalitionsvertrag nimmt die Krankenhausreform Gestalt an – zumindest auf dem Papier. Mit der Einführung von Leistungsgruppen, einer neuen Versorgungslogik und der Orientierung an Qualität und Bedarf ist ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Doch ob die Reform tatsächlich ihre Wirkung entfalten kann, hängt nun maßgeblich von anderen Akteuren ab: von den Bundesländern.

Die Krankenhausplanung liegt in ihrer Zuständigkeit. Sie sind es, die den künftigen Versorgungsauftrag auf die einzelnen Standorte übertragen müssen. Und sie sind es, die darüber entscheiden, welche Häuser in welcher Form fortbestehen – oder eben nicht. Dieser Verantwortung können sich die Länder nicht länger entziehen. Denn ohne eine aktive, zukunftsgerichtete Planung droht die Reform ihre Wirkung zu verfehlen.

Schon heute ist sichtbar, was passiert, wenn Krankenhausplanung reaktiv statt vorausschauend betrieben wird: Kliniken schließen ungeplant, Personal wandert ab, Versorgungslücken entstehen. Die Patientenversorgung leidet, gerade im ländlichen Raum. Gleichzeitig stehen vielerorts noch Strukturen, die längst nicht mehr zum tatsächlichen Bedarf passen.

Die Krankenhausreform bietet jetzt die Chance, die Versorgungslandschaft grundlegend zu modernisieren. Doch diese Chance ist kein Selbstläufer. Sie verlangt Mut, Gestaltungswillen und Verantwortung auf Landesebene. Die Definition von Leistungsgruppen durch den Bund gibt einen Rahmen vor – aber dieser muss mit Leben gefüllt werden. Die Bundesländer haben hier zu Recht auf ihre Zuständigkeit und einen eigenen Gestaltungsspielraum gepocht. Das bedeutet aber auch: Die Länder müssen Standorte überprüfen, Zusammenlegungen ermöglichen, sektorenübergreifende Versorgungskonzepte fördern und finanzielle Mittel zielgerichtet einsetzen.

Dabei darf es nicht um das bloße „Abwickeln" von Häusern gehen, sondern um eine kluge Umgestaltung der Versorgungslandschaft. Zentralisierung, wo Qualität und Spezialisierung gefragt sind – wohnortnahe Angebote, wo Basisversorgung im Vordergrund steht. Dabei sind nicht nur medizinische, sondern auch soziale und infrastrukturelle Aspekte zu berücksichtigen. Eine verantwortungsvolle Krankenhausplanung ist immer auch Regionalpolitik. Sie folgt dem Gebot des Grundgesetzes, das die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen in Stadt und Land als Grundrecht festschreibt.

Was es jetzt braucht, ist ein politischer Schulterschluss in den Ländern. Der Prozess in Nordrhein-Westfalen kann dazu ein Vorbild sein. Nicht nur zwischen Gesundheitsministerien und Krankenhausgesellschaften, sondern auch mit Kommunen, Ärztekammern und den Kassen. Planung muss auf fundierten Daten beruhen, aber auch transparent und dialogorientiert gestaltet werden. Denn Veränderung erzeugt Widerstände – besonders dort, wo Krankenhäuser Teil der regionalen Identität sind.

Die teilweise Passivität der Vergangenheit darf sich nicht fortsetzen. Wer heute Entscheidungen aufschiebt, riskiert morgen die Stabilität der Versorgung. Die Zeit des Zögerns ist vorbei. Die Bundesländer müssen ihrer Rolle gerecht werden – nicht als Verwalter des Status quo, sondern als aktive Gestalter eines tragfähigen Krankenhauswesens. Die Verantwortung für die Zukunft der Krankenhäuser liegt jetzt in ihren Händen.

 

Aber auch die neue Bundesregierung ist gefordert, verantwortliche Krankenhausplanung muss auf einer stabilen wirtschaftlichen Grundlage stattfinden. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Transformationsmittel im Umfang von 4 Milliarden € zur Beendigung des kalten Strukturwandels müssen im Rahmen eines Vorschaltgesetzes schnell und rechtssicher auf den Weg gebracht werden. Die Auszahlung an die „bedarfsnotwendigen Kliniken“ kann nur bedeuten, dass alle Krankenhäuser, die im Krankenhausplan gelistet sind, berücksichtigt werden müssen.