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Editorial

Vertrauen ist die härteste politische Währung


Vertrauen ist die härteste politische Währung

Die letzten Jahre haben Gesellschaft und Politik in einer bisher nicht gekannten Art und Weise herausgefordert. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben Maßstäbe verschoben und sicher geglaubte Orientierung massiv in Frage gestellt. Prioritäten mussten neu gesetzt werden. Viele wichtige politische Themen mussten in den Hintergrund rücken. Die Politik musste Antworten finden, in Situationen, die uns unvorbereitet getroffen haben.

Vielfach wird in diesen Tagen der Frage nachgegangen, was wir aus der Pandemie gelernt haben. Aus meiner Sicht muss uns allen sehr bewusst geworden sein, was dem Grunde nach keine neue Erkenntnis sein dürfte: Gerade in Zeiten der Unsicherheit muss es für die Politik darum gehen, Vertrauen zu schaffen, um die Akzeptanz der Bevölkerung zu gewinnen und den Zusammenhalt nicht zu gefährden.

Dort, wo Politik bei Ihren Entscheidungen nicht auf Gewissheit zurückgreifen kann, braucht sie das Vertrauen der Bürger in die Richtigkeit ihrer Entscheidungen. 

Vertrauen spielt aber nicht nur in den Situationen eine große Rolle, die uns wie die Pandemie oder der Krieg völlig unvorbereitet treffen, sondern auch bei großen politischen Reformvorhaben. Vertrauen führt dazu, dass politische Entscheidungsträger und Betroffene offen miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten, um Probleme zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln. Mangelndes Vertrauen hingegen führt dazu, dass politische Entscheidungen auf Widerstand stoßen und Reformen schwieriger umzusetzen sind, auch wenn sie tatsächlich richtig und notwendig sind.

Vertrauen entsteht durch Transparenz, gute Kommunikation und Partizipation im Prozess. Es muss dabei darum gehen, dass politische Entscheidungsträger und Betroffene gemeinsame Ziele und eine gemeinsame Vision entwickeln,

Der aktuelle Reformprozess zu der angekündigten „Revolution im Krankenhausbereich“ ist dagegen massiv von Misstrauen geprägt. Misstrauen dem amtierenden Gesundheitsminister gegenüber, Partnern der Selbstverwaltung, die als Lobbyisten tituliert werden, gegenüber Landesregierungen, den Unfähigkeit und fehlender Mut unterstellt wird und sogar gegenüber den gewählten Abgeordneten der Regierungskoalition, die praktisch zeitgleich mit den Medien über die Ideen der Regierungskommission informiert werden. 

Der Minister sollte sich in Erinnerung rufen: Krankenhäuser sind ein zentraler Bestandteil der sozialen Daseinsvorsorge. Krankenhausreformen eignen sich deshalb nur sehr bedingt für wissenschaftliche Diskurse hinter verschlossenen Türen. Für erfolgreiche radikale Revolutionen hinter verschlossenen Türen gibt es in einer Demokratie kein historisches Vorbild.

Schon der Auftakt zu Lauterbachs Revolution ist misslungen: Auf Aussagen zur Unterfinanzierung der Kliniken wartete man vergeblich. Dafür aber gab es vollmundige Ankündigungen zur Entökonomisierung und respektlose Äußerungen zu „billiger Medizin“ in den Krankenhäusern. Daten und Fakten, wie sich die Revolution auswirkt, gab es nicht. Dafür aber neue lokale Gesundheitszentren, die als Krankenhäuser definiert werden. 

Wenn die Deutsche Krankenhausgesellschaft in diesen Wochen die Auswirkungsanalyse zu der von der Regierungskommission ausgedachten Krankenhausreform vorlegt, kommt die Stunde der Wahrheit.  Genialer Coup oder totales Chaos? Wenn sich die Ideen als völlig inakzeptabel erweisen, weil sie letztlich keinem der angekündigten Ziele gerecht werden, hat Gesundheitsminister Lauterbach nichts erreicht aber viel zerstört -  nämlich das Vertrauen der Beschäftigten in den Kliniken, der Bürgerinnen und Bürger in die Politik und deren Handlungskompetenz in schwierigen Zeiten. Dann ist es an den Ländern, den Minister daran zu erinnern, was die Menschen von der Politik erwarten: Transparenz, Kommunikation und Verantwortung. Die bevorstehende Reform darf nicht scheitern, denn die Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung sind schon seit Jahren gewaltig und nahezu unbearbeitet. Die Chance für eine Reform ist da. Die Erkenntnis dafür ist bei allen vorhanden. Es gilt, sie jetzt zu nutzen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.