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Editorial

Schaufenstermilliarden helfen nicht


Wir erinnern uns alle noch lebhaft an den vergangenen Herbst. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft war unterwegs in ganz Deutschland, um gemeinsam mit ihren Mitgliedsverbänden und den Krankenhäusern im Rahmen einer Rettungsfahrt auf die finanzielle Misere der Krankenhäuser in Folge der Energiekrise und der galoppierenden Inflation hinzuweisen. Über Monate hinweg brachten wir die Fakten in die Öffentlichkeit und in die politischen Debatten, bis letztlich auch der Bundesgesundheitsminister nicht mehr umhinkam, die Realität anzuerkennen und im Rahmen eines Talkshowauftritts eine milliardenschwere Unterstützung für die Krankenhäuser anzukündigen. 6 Mrd. € sollten für die Kliniken bereitstehen, damit kein Krankenhaus in die finanzielle Schieflage gerät. Frühzeitig hat die DKG darauf hingewiesen, dass diese Finanzmittel kurzfristig und pauschal an die Krankenhäuser ausgezahlt werden müssen, als einheitlicher Aufschlag auf die Landesbasisfallwerte und die Erlöse nach Bundespflegesatzverordnung. Nach den massiven Einbrüchen durch die Coronapandemie lastete die wirtschaftliche Not schwer auf den Krankenhäusern. Schnelle Hilfe war angesagt.

Doch das Bundesgesundheitsministerium hat die Appelle, Hinweise und Warnungen derjenigen, die mitten im Geschehen stehen, wieder einmal in den Wind geschlagen. Und so wurden die Hilfen für die Krankenhäuser in das gleiche Doppel-Wumms-Paket gesteckt wie für all die Branchen, die ihre Preise frei gestalten können und so einen wesentlichen Teil ihrer inflationsbedingten Kostensteigerungen an ihre Kunden weitergegeben haben. Gerade einmal 1,5 Mrd. € der 6 Mrd. € sollen als pauschaler Ausgleich für die gestiegenen Energiekosten ausgezahlt werden. Angekommen ist davon bisher nur ein Bruchteil. Alles andere muss aufwendig beantragt werden und wurde im Verlauf der Gesetzgebung munter mit weiteren bürokratischen Hürden (zum Beispiel Energieberatung) verknüpft. Geld aus dem Härtefallfonds gibt es auch nur für ausgewählte Energieträger. Es ist halt Pech oder eigene Dummheit, wenn man statt auf Gas und Fernwärme auf Biomasse gesetzt hat oder wegen fehlender Investitionsmittel Öl verfeuern muss. Auch hier haben wir den Finger in die Wunde gelegt und auf die Missstände hingewiesen.

Besonders dreist wurde es dann, als die Verordnung zum 4,5 Mrd. €-Härtefallfonds finalisiert wurde. Kurzerhand verschob das BMG den Referenzzeitpunkt, der für die Beantragung der Hilfe angesetzt wird, vom Jahr 2021 auf den Monat März 2022. Das sei angemessen, weil man ja zielgenau die Kostensteigerungen wegen des Ukraine-Krieges ausgleichen wolle. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Im März 2022 waren die Folgen des russischen Angriffskrieges längst eingepreist. Jedem muss klar gewesen sein, dass sich dieser Referenzzeitpunkt dramatisch negativ auf die Möglichkeit der Krankenhäuser niederschlagen würde, überhaupt Geld aus dem Härtefallfonds zu beantragen. Die Mitarbeiter des Finanzministeriums haben wahrscheinlich ihren eigenen Augen nicht getraut, als sie dieses Gesetz mitgezeichnet haben, denn damit war klar, die von Karl Lauterbach ins Schaufenster gestellten Milliardenhilfen sind hinter dickem Panzerglas vor dem Zugriff durch die Krankenhäuser gesichert.

Die Rückmeldungen aus den Ländern im Hinblick auf die abgerufenen Mittel aus dem Härtefallfonds sind niederschmetternd. Am 15. Februar 2023 lief die Frist für die Beantragung der ersten Tranche aus dem Härtefallfonds ab. Die ersten Ergebnisse zeigen: Nur knapp 6 % des möglichen Finanzvolumens können von den Krankenhäusern abgerufen werden. Wahrscheinlich werden es bei den zukünftigen Zeitpunkten noch weniger sein. Das bedeutet, dass von angeblich 4,5 Mrd. € für die Krankenhäuser am Ende nur etwa 270 Mio. € ankommen werden. Die Verantwortung für dieses völlig verkorkste Hilfspaket trägt das Bundesgesundheitsministerium, das die Hinweise aus der Praxis ignoriert hat und sich gegen das Finanzministerium offensichtlich nicht durchsetzen kann. Wie Bundesminister Lauterbach so die anrollende Insolvenzwelle aufhalten will, bleibt ein Rätsel.

Schaufensterhilfen, wohin man blickt, Energie, Inflation, Pädiatrie, Krankenhausreform, alles Ankündigungen ohne Wert. Jetzt sind die Krankenhausträger gefragt, diese Botschaften an ihre Wahlkreisabgeordneten zu adressieren und in die Öffentlichkeit zu tragen.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß