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Editorial

Den Bürokratiewahnsinn stoppen!


Foto: DKG/Lopata

Aus den Koalitionsverhandlungen und hier im speziellen aus der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege dringt bisher relativ wenig nach außen. Dem Vernehmen nach hat man sich offensichtlich auf ein Papier ohne eckige Klammern geeinigt, was bedeutet, dass die Arbeitsgruppe keine Entscheidungen an die Spitzengruppe der wahrscheinlichen Koalitionäre delegiert hat. Dennoch gibt es wohl einige konkrete Themen, insbesondere auch aus dem Bereich der Krankenhausreform, die im Papier adressiert sind.

Kurzfristig drängend ist für die Krankenhäuser der so häufig geforderte Inflationsausgleich zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage und damit auch der flächendeckenden Patientenversorgung. Hier gibt es wohl Bewegung, aber, soweit man hört, eher in Richtung einer Einmalzahlung zum Ausgleich der nicht kostendeckenden Erlöse der Jahre 2022 und 2023. Die notwendige Anpassung der Landesbasisfallwerte als dauerhafter Inflationsausgleich scheint nicht geeint worden zu sein.

Vorausgesetzt, die Informationen zu diesem Punkt wären zutreffend, kann dies nur der erste Schritt der Politik zur Entlastung der Krankenhäuser und zur Stabilisierung der Situation sein. Mit einer Einmalzahlung gewinnt man allenfalls Zeit, die die Krankenhäuser dann für notwendige Konsolidierungen und Umstrukturierungen nutzen müssten, um ihre Strukturkosten dauerhaft zu senken. Wirklich realistisch ist es nicht, dies innerhalb eines Jahres zu schaffen, da gleichzeitig noch keine Klarheit über die zukünftige Leistungsstruktur der Standorte besteht. Denn wie wir alle wissen, wird die Krankenhausplanung in 15 der 16 Bundesländer frühestens zu Beginn des kommenden Jahres konkret werden. Erst dann wird klar, welchen Versorgungsauftrag die Kliniken in Zukunft erhalten. Dennoch könnte die neue Bundesregierung die Krankenhäuser bei diesen notwendigen Maßnahmen zur Strukturkostenanpassung schon heute unterstützen, wenn sie denn den Mut dazu hätte. Alle Expertinnen und Experten beklagen seit langem den gestiegenen Aufwand durch Bürokratie und Überregulierung, der sich zwar in steigenden Kosten, aber nicht in einer besseren Produktivität und Versorgungsqualität niedergeschlagen hat. Erst wenn die Krankenhäuser diesen Aufwand spürbar reduzieren können, gelingt auch eine Anpassung ihrer Strukturkosten an das Erlösniveau der aktuellen Landesbasisfallwerte. Dabei ist es allerdings nicht mit kleinen bürokratieentlastenden Maßnahmen getan, sondern wir brauchen eine grundsätzliche Abkehr von der kleinteiligen Regulierung über Personal- und Strukturvorgaben.

Allein die mittlerweile völlig überholte Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PPUGV) schafft einen gigantischen Bürokratieaufwand und reduziert gleichzeitig die personelle Flexibilität im Personaleinsatz für die Krankenhäuser. Die PPUGV hat sich massiv negativ auf die Produktivität der Kliniken und die flächendeckende Versorgung ausgewirkt. Immer wieder mussten Stationen gesperrt, Betten abgemeldet und Notaufnahmen geschlossen werden. Gleichzeitig haben wir einen Personalzuwachs im Bereich der Pflege von über 20 % innerhalb von nur vier Jahren erlebt. Das Betreuungsverhältnis einer Pflegevollkraft zur Anzahl der Patienten im Gesamtjahr ist von über 400 im Jahr 2019 auf nur noch gut 300 im Jahr 2023 gesunken. Die Sanktionen, die aus den über 10 Millionen (!) Einzelmeldungen der Krankenhäuser im Rahmen der PPUGV abgegeben wurden, belaufen sich auf 0,01 % des Pflegebudgets. Allein diese Zahlen zeigen den kompletten Bürokratiewahnsinn, mit dem wir es zu tun haben. Vermeintlich gut gemeinte Instrumente, die Pflegekräfte und Patienten schützen sollen, haben sich ins Gegenteil verkehrt. Wenn die Politik, die von ihr selbst gesetzten hohen Standards und den permanent gestiegenen Aufwand in den Krankenhäusern nicht vollständig refinanzieren möchte, muss sie diesen konsequent reduzieren. Alles andere ist eine Flucht aus der Verantwortung, die auch mit Einmalzahlungen nicht abgegeben werden kann. Meine herzliche Bitte an Sie alle: Machen Sie den täglichen Bürokratiewahnsinn in Ihrem Krankenhaus transparent. Nutzen Sie Ihre Social Media Kanäle, und zeigen Sie mit ihren eigenen Beispielen, was jetzt dringend geschehen muss.