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Editorial

Dankbarkeit im Advent


In diesen Tagen dreht sich viel um die wirtschaftliche Stabilität von Krankenhäusern. Fast täglich erreichen uns Meldungen aus ganz Deutschland, wonach Krankenhäuser Insolvenzanträge stellen. In der Regel, weil sie mit der aktuellen Krankenhausfinanzierung ihre Kosten nicht mehr decken können und auch alle vorhandenen Rücklagen aufgebraucht sind. Die Krankenhausträger und ihre Beschäftigten sind in dieser konkreten Situation froh, dass die Bundesagentur zunächst einspringt und die Löhne und Gehälter für einige Monate weiterbezahlt. Da kann man dann schon mal spontan dankbar sein für diese schnelle Hilfe des Staates.

Vor diesen Entwicklungen haben wir aber seit vielen Monaten eindringlich gewarnt und die Politik wiederholt aufgefordert, zu handeln und Insolvenzen zu vermeiden, auch um den kalten Strukturwandel nicht weiter anzutreiben. Anfang November hat sich der Bundesgesundheitsminister insofern klar positioniert: Kein Krankenhaus wird ein Problem bekommen, weil es Inflation nicht bezahlen kann, den Strom nicht bezahlen kann oder das Gas nicht bezahlen kann. Nachzusehen und nachzulesen ist das bei Markus Lanz. Für diese Ankündigung des Ministers nach monatelangen Appellen sind wir natürlich dankbar. Mittlerweile wissen wir so viel: 6 Mrd. € sind im Wirtschafts-Stabilisierungs-Fonds für die Krankenhäuser reserviert und sollen als pauschaler Ausgleich für allgemeinen Sachkostensteigerungen und nachweispflichtige direkte Energiekostensteigerungen an die Krankenhäuser fließen. Nach den bisherigen Plänen des Bundesgesundheitsministeriums sind das dann 3 000 € pro Bett zur pauschalen Refinanzierung der galoppierenden Inflation über 25 Monate von Januar 2022 bis April 2024. Das wird erkennbar nicht reichen und auch das haben wir dem Ministerium immer wieder vorgerechnet. Müssen wir der Politik jetzt trotzdem dankbar sein, auch weil andere Branchen eine solche Unterstützung nicht erhalten? Man kann die Frage auch anders stellen: Wieso müssen die Krankenhäuser seit dem Jahr 2020 über mehr oder weniger auskömmliche Hilfspakete finanziert werden, wenn es doch eine gesetzliche Pflicht zur Refinanzierung der Patientenbehandlung und natürlich der damit in Verbindung stehenden Kosten durch die Krankenkassen gibt? Gilt der Grundsatz im Krankenhausfinanzierungsgesetz eigentlich noch oder müssen die Krankenhäuser regelmäßig der Politik ihre Dankbarkeit dafür zollen, dass zumindest ein Teil der anfallenden Kosten refinanziert wird? Wie lange wollen die Länder eigentlich ihre gesetzliche Pflicht zur vollständigen Refinanzierung der Investitionskosten in den Krankenhäusern missachten? Dankbar müssen wir in diesem Zusammenhang auch dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Spahn sein, der mit dem Krankenhauszukunftsgesetz fehlende Fördermittel der Länder für die Digitalisierung teilweise ausgeglichen hat. Aber bei genauer Betrachtung stammt dieses Geld nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern kam aus Europa und wurde Deutschland im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zugewiesen. Wir sollten der Europäischen Union dafür dankbar sein, dass sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, die von der deutschen Politik zur Deckung eigener Finanzierungslücken genutzt werden konnte. Bei so vielen Adressaten unserer Dankbarkeit kann man auch leicht den Überblick verlieren.

Müssen also die Krankenhäuser der Politik für ihre wiederholten Hilfspakete und Sonderfinanzierungen fortlaufend dankbar sein oder gilt nicht vielmehr umgekehrt die Dankbarkeit der Politik gegenüber den Krankenhausträgern, die seit Jahren und Jahrzehnten mithilfe von Eigenmitteln fehlende Investitionsförderung ausgleichen und auf dem Rücken des Personals Einsparungen bei den Betriebskosten vornehmen?

Vielleicht ist es aber auch so, dass das nachhaltige Ignorieren der eigenen gesetzlichen Pflichten zur Krankenhausfinanzierung irgendwann dazu führt, dass sich niemand mehr daran erinnert oder daran glaubt. Und dann sind die vermeintlich Beschenkten natürlich dankbar, wenn die Politik überraschend zum Teil oder zeitweise die gesetzlichen Pflichten erfüllt. Vielleicht liegt es aber auch an der Adventszeit, dass einem solche Gedanken kommen.

Frohe Weihnachten. Im nächsten Jahr wird alles besser.