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Editorial

Beam me up, Scotty


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG). Foto: Lopata

Wenn man in diesen Tagen den Auftritten von Karl Lauterbach folgt, wird man den Verdacht nicht los, dass er und wir in unterschiedlichen Welten unterwegs sind. Seine Krankenhausreform scheint eine Art Wunderwaffe gegen alle Probleme dieser Welt, mindestens aber für die der deutschen Krankenhäuser zu sein. Irgendwie lässt es sich ja jetzt angesichts unzähliger Brandherde nicht mehr so ganz leugnen: Die Lage ist schwierig, aber die Umstände sind ihm bekannt.

Ganz offen spricht der Minister mittlerweile aus, was wir seit Langem beklagen. Die Landesbasisfallwerte können die anfallenden Kosten der Krankenhäuser nicht mehr refinanzieren. Alles schlimm und schwierig und auch nicht die Schuld der armen Krankenhäuser, wie der Minister selbst feststellt, ein Systemversagen halt, unter dem die ganze Branche leidet. Tatkräftige Politik belässt es natürlich nicht bei einer solchen Feststellung, sondern hat eine Problemlösung parat. Alles wird gut, wenn es nur kommt das KHVVG. Klingt gut, schließt aber in unserer Welt nicht die Inflationslücke in den Landesbasisfallwerten und verhindert nicht, dass die kalte Marktbereinigung weitergeht. Kein Problem in seiner Welt, so der Minister, denn 20 % weniger stationäre Versorgung wären ein Segen für die Patienten. Na dann wird ja alles gut. Der Minister weiß: Er braucht den schnellen durch wirtschaftliche Notlagen getriebenen Kapazitäts- und Standortabbau. Selbst, wenn es das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates kostet.

Uns Kritikern aus den Kliniken und Verbänden fehlt einfach der Weitblick, denkt offenbar der Minister. Denn: Alles wird gut. Und wenn erst einmal diese überzähligen Standorte und Abteilungen verschwunden sind, dann so Lauterbachs Hoffnung, ist genug Personal und Geld für alle da, die dann noch übrig sind. The Invisible Hand verteilt dann nach der Logik des Marktes die Erlöse und das Personal auf die Standorte. Der Meister der Entökonomisierung nutzt die Prinzipien der Ökonomie in bester marktliberaler Manier. Wollen wir mal hoffen, dass die unsichtbare Hand auch die Standorte kennt, die den Versorgungsbedarf der Bevölkerung zukünftig noch abdecken können. Eines hat der Minister auf jeden Fall klar zum Ausdruck gebracht: Zusätzliche Mittel für einen Inflationsausgleich wird es in seiner Welt nicht geben.

Wen wir dann diese - nennen wir es einmal „Schöpfungsphase“ - hinter uns haben, muss sich niemand mehr Sorgen machen, denn dann kommen ja die Vorhaltepauschalen, die den kalten Markt verdrängen, den wirtschaftlichen Druck von den Krankenhäusern nehmen und die Existenzsicherung für das Krankenhaus im ländlichen Raum darstellen. Wieder so eine andere Welt, in der der Minister unterwegs ist. Für detailverliebte Kritiker aus der alten Welt hält Minister Lauterbach die segensreichen Wirkungen sogenannter Planfallzahlen bereit, die wie von Zauberhand durch die Länder den Standorten zugeteilt werden und so die Höhe der jeweiligen Vorhaltefinanzierung auch jenseits des eigentlichen Leistungsgeschehens bestimmen sollen. Krankenhausfinanzierung durch Planwirtschaft? Schöne neue Welt…blöd nur, dass die Zuteilung von zu hohen Fallzahlen automatisch zur Absenkung der Vorhaltevergütung an anderen Standorten führt. Mehr Geld soll ja nicht zur Verfügung stehen. Egal, Planfallzahlen klingt super, auf jeden Fall mehr nach SPD als das mit dem kalten Strukturwandel. Das wird schon funktionieren. Alle Kleingeister, die da noch eine Auswirkungsanalyse verlangen, sollten sich was schämen. Und dann gibt’s ja auch noch die sogenannten Level 1i Kliniken oder sektorübergreifenden Versorger. Die sollen nach Lauterbachs neuester Lesart nach dem Selbstkostendeckungsprinzip funktionieren. Steht zwar so nicht im Gesetz, aber der Minister hat’s gesagt; schöne neue Welt. Wir müssen nur lange genug durchhalten. Sollten Ihre Aufsichtsräte, die Banken oder die Wirtschaftsprüfer dennoch Zweifel an der Zukunftsfähigkeit Ihres Standortes haben, verweisen Sie einfach auf den Minister und darauf, doch bitte mehr Geduld an den Tag zu legen, denn am Ende wird alles gut. Beam me up Scotty.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß