Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Thema des Monats

Facility Management und Logistik – Im Gespräch mit Ingrid Maßwig,Geschäftsführerin Charité CFM Facility Management GmbH


Copyright: Charité CFM GmbH

Vor 15 Jahren wurde die CFM GmbH als eine Tochtergesellschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin gegründet. Was hat sich seither für das Facility Management verändert?

Als vor 15 Jahren die CFM gegründet wurde, war die Ausgangsituation sehr inhomogen. Leistungen, die vorher von verschiedenen Unternehmen erbracht wurden, waren nunmehr gebündelt unter einem Dach. Es galt unterschiedliche Philosophien, Kommunikations- und Organisationsstrukturen zu vereinheitlichen. Dieser Migrationsprozess war sehr aufwendig, allein aufgrund der unterschiedlichen Anlagenstrukturen, Leistungsdokumentation, die je Standort der Charité vorgefunden wurden. Darüber hinaus war der Altersdurchschnitt des seinerzeit übernommenen Mitarbeiterstamms hoch und Ausbildungsprogramme so gut wie nicht existent. Große Herausforderungen waren in diesem Zusammenhang auch, Befindlichkeiten und Ängste der Mitarbeiter vor Veränderungen abzubauen, Schnittstellen zwischen den jeweiligen Leistungsbereichen innerhalb der CFM zu definieren und den Mitarbeiterstamm als Team zusammenwachsen zu lassen, das heißt Probleme leistungsübergreifend zu betrachten und zu lösen. 

Übernommen wurden seinerzeit ca. 1 600 Mitarbeiter. Heute sind es 3 200, davon sind ungefähr 120 Auszubildende. Das oberste Ziel war von Anfang an, so viel wie möglich in Eigenleistung zu erbringen und den Nachwuchs, entsprechend unserer Anforderungen und Unternehmensphilosophie, langfristig an das Unternehmen zu binden. Insbesondere auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Aus diesem Grund wurden unternehmensintern umfangreiche HR-Programme aufgesetzt, die der CFM mehrere Jahre in Folge die Auszeichnung „bester Ausbildungsbetrieb Berlins“ eingebracht haben. Darüber hinaus wird innerhalb der CFM großer Wert auf kontinuierliche Fortbildung und Weiterbildung für alle Mitarbeiter gelegt.

Die CFM verfügt über einheitliche Prozesse und Standards für die erbrachten Leistungen und die Dokumentation. Dies erfordert auch, die Prozesse kontinuierlich zu überarbeiten und zu optimieren, insbesondere vor dem Hintergrund stetig wachsender komplexer Anforderungen.

Aufgrund der zunehmenden technischen Herausforderungen und fortschreitenden Digitalisierung wurde in den letzten Jahren in der CFM ein Serviceportal - abgekürzt SMS - etabliert, in dem alle Instandhaltungsmaßnahmen entsprechend der hinterlegten Wartungsplanung und Leistungsaufträge digital erfasst - sogenannte OPS - und mobil von den Mitarbeitern empfangen und bearbeitet werden können. Dies ermöglicht, auch im Hinblick auf das Controlling, eine bessere Steuerung. Und es minimiert die Papierdokumentation. Darüber hinaus hat im Laufe der Jahre die Digitalisierung Einzug gefunden und die Prozessabläufe erleichtert und optimiert. Im Bereich der Prozessoptimierung haben sich durch die Digitalisierung viele Möglichkeiten ergeben - Stichwort: Radio Frequency Identificaion - RFID. Aus diesem Grund hat die CFM beispielsweise zusammen mit dem Fraunhofer-Institut ein Projekt zur Wiedererkennung von OP-Besteck entwickelt, ein KI-basiertes System zur automatischen Vollständigkeitsprüfung. Auch pflegen wir entsprechende Kooperationen zu Universitäten und Fachhochschulen.

Was bedeutet Qualität im Facility Management, ist sie messbar?

Qualität gibt an, in welchem Maße bestimmte Merkmale einer Ware oder Dienstleistung den bestehenden Anforderungen entsprechen. Aus dieser Definition abgeleitet, ergibt sich auch eine Messbarkeit. Die CFM ist nach DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 13485 zertifiziert, zwei Normen mit unterschiedlichem Ansatz. Im Rahmen der ISO 9001 erfüllen wir die Kundenzufriedenheit. Im Rahmen der ISO 13485 steht das sichere Medizinprodukt im Vordergrund. Unser Verständnis von Qualität ist also weit gefächert. Es beginnt bei unseren qualifizierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese sichern durch ihre Kompetenz und ihr Wissen die Qualität unserer Leistungen. Kurz gesagt: Es ist eine Mischung aus „sollen“ im Sinne der Kundenforderung, „wollen“ für die Ausrichtung des Unternehmens und „können“ für die Kompetenz im Unternehmen.

Am Beispiel der Speisenversorgung bedeutet das: Wir wenden das Hazard Analysis Critical Control Point-Konzept an, indem die Qualität unserer Speisen anhand definierter Kontrollpunkte mit festgelegten Temperaturen bewertet wird. Zusätzlich werten wir 5 000 bis 7 000 Feedbackbögen und Interviews pro Quartal aus. Darüber hinaus leistet sich die CFM ein Servicemanagement, das regelmäßig auf den Stationen mit Pflege und Patienten Interviews in Bezug auf die Kundenzufriedenheit der CFM-Leistungen durchführt und Beschwerden jeglicher Art nachgeht. In diesem Zusammenhang werden engmaschig zusätzlich zum Beispiel Reinigungsleistungen kontrolliert. Die daraus gewonnen Erkenntnisse werden gemeinsam mit dem jeweiligen betroffenen Bereich ausgewertet und, falls erforderlich, entsprechende Maßnahmen sowie Prozessänderungen abgeleitet.

Bei der Betreuung von technischen Anlagen kann die Qualität durch die Dokumentation der Wartungsintervalle und der Instandhaltungsmaßnahmen mit Datum, Dauer und Kosten nachgehalten und überwacht werden.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Facility Management?

Das Thema Nachhaltigkeit ist aktueller denn je und auch im Facility Management ein fester Bestandteil. Abgeleitet aus dem Energiemanagement gibt es bereits eine Vielzahl von Projekten und Ideen zur Stromeinsparung, zur energetischen Sanierung von Gebäuden und  zur Rückgewinnung von Narkosegasen. Lösungsansätze müssen aber auch für Pandemiesituationen, etwa in Bezug auf Einweg- vs. Mehrwegverpackungen, oder Extremwetterlagen wie Starkregen bei versiegelten Flächen gefunden werden. So gibt es für das Thema nachhaltiges Bauen bereits etablierte Standards, die zur Anwendungen kommen. Ist ein Neubau aber nachhaltiger, wenn im Vorfeld Gebäude abgerissen und entsorgt werden müssen? Wir folgen daher in sozialer, ökologischer und ökonomischer Sicht dem Handlungsprinzip zur Ressourcennutzung, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit gewährleistet bleibt. Darüber hinaus legen wir besonderes Augenmerk auf den Einsatz von E-Autos in der Logistik und reduzieren Verpackungsabfälle im Bereich Speisenversorgung durch den Einsatz von umweltfreundlicheren Alternativen, wie Teller aus Maisstärke für den Außer-Haus Verkauf.

Welchen Stellenwert hat das Compliance Management?

Einen sehr großen. Das Compliance Management stellt sicher, dass die für das Facility-Management relevanten Vorschriften, Gesetze und Verhaltenskodizes im Unternehmen eingehalten werden. Dazu gehört es, über alle Änderungen bestehender Vorschriften und Gesetze auf dem Laufenden zu bleiben und die jeweiligen Leistungsbereiche über neue Richtlinien oder Verfahren zu informieren und diese einzuführen.

Stichwort „Digitales Facility Management“: Welche Trends zeichnen sich ab?

Digitales Facility Management kann sehr vielfältig sein. Mithilfe von digitalen Systemen können u. a. Leistungen innerhalb der CFM bewertet und gesteuert werden. Bei technischen Anlagen und hinterlegten Wartungsplänen kommen digitale Systeme zum Einsatz.

Darüber hinaus kann die Nutzung Künstlicher Intelligenz bei der Bilderkennung von Instrumenten im Packbereich der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte mehr Prozesssicherheit in der Leistungserbringung bieten. Auch bei der Überwachung von kritischen Parametern von technischen Anlagen kann das Facility Management profitieren.

Insbesondere birgt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Wartung von Maschinen großes Einsparpotenzial. Die Voraussetzung für eine vorausschauende Wartung - auch Predictive Maintenance genannt - ist jedoch, dass die entsprechenden Daten zu auftretenden Störungen, Ausfällen und Reparaturen gesammelt werden, um sie anschließend analysieren zu können. Durch eine vorausschauende Wartung können ungeplante Stör- oder Ausfälle von Maschinen erheblich reduziert oder sogar verhindert werden.

Ferner kann der Einsatz von digitaler Technik, wie Radio Frequency Identificaion - RFID oder Blue Technologie, dabei helfen, den Warenstrom besser zu überwachen und nachzuverfolgen. Auch im Bereich Bau wird der Einsatz von Building Information Modeling zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Um den digitalen Wandel in der Gesellschaft, der Gesundheitsversorgung und der Forschung an der Spitze mitgestalten zu können, hat die Charité die Strategie Charité 2030 entwickelt. Für den Bereich Facility Management bedeutet das, Prozessabläufe zu digitalisieren und langjährige Mitarbeiter mithilfe von Qualifizierungsmaßnahmen fit für die digitale Arbeitswelt zu machen. Für die jetzt startende Generation ist das bereits Alltag.

Die Charité hatte während der Coronapandemie eine Führungsrolle bei der Versorgung von Covid-19-Patienten. Was bedeutete das für das Facility Management?

Das bedeutete ein hohes Maß an Flexibilität, um erforderlich gewordene neue Prozesse oder Anforderungen ohne langwierige Planungs- und Testphase umzusetzen. So wurden kurzfristig Stationen umgebaut beziehungsweise umgewidmet, ein schneller Auf- und Abbau von medizintechnischen Geräten gewährleistet sowie Logistikprozesse umgestellt. Auch Lagerkapazitäten und Reinigungszyklen mussten kurzfristig geändert werden.

Gibt im Facility Management ein Zurück zur Vor-Corona-Zeit? Wenn nicht, wie wird das New Normal aussehen?

Anders als in vielen anderen Bereichen in der Wirtschaft ist Homeoffice im Facility Management nur im geringen Maße umsetzbar. Die Leistungsbereiche Reinigung, Logistik, Catering, Technik und Bau müssen vor Ort sein, um den Betrieb eines Krankenhauses aufrecht zu erhalten. Die neu eingeführten Hygieneregeln werden auch in der Zukunft zu beachten sein, um die Mitarbeiter aber auch das Klinikpersonal und Patienten vor größeren Krankheitsausbrüchen - unabhängig von Corona - zu schützen.

„Die Zukunft des Facility Managements ist digital“, sagt Ingrid Maßwig, Geschäftsführerin Charité CFM Facility Management GmbH. Foto: Charité CFM GmbH