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Thema des Monats

Im Gespräch: Personalwirtschaft

Im Gespräch: Personalwirtschaft

mit Christoph Lang, Geschäftsführer saarland.innovation&standort (saaris)

Mit dem Entwurf zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Bundesregierung ist die Hoffnung auf mehr ausländische Fachkräfte auch für das Gesundheitswesen verbunden. Glauben Sie, diese Hoffnung erfüllt sich?

Das kommende Fachkräfteeinwanderungsgesetz beinhaltet mehrere Maßnahmen, die eine stärkere Zuwanderung ausländischer Fachkräfte ins Gesundheitswesen fördern. So wird beispielsweise für Fachkräfte mit Berufsausbildung (das betrifft u. a. Pflegekräfte) die Möglichkeit zur befristeten Einreise zur Arbeitsplatzsuche analog zur schon bestehenden Regelung für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung geschaffen. Die bereits bestehende Möglichkeit zur Einreise und zum Aufenthalt für notwendige ergänzende Qualifizierungsmaßnahmen bei Teilanerkennung soll erweitert und attraktiver gestaltet werden. Zudem soll für schnellere Anerkennungs- und Einreiseverfahren ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren eingeführt werden.

Die Agentur saaris kümmert sich unter anderem um die Betreuung Arbeitssuchender mit Migrationshintergrund. Welche Strukturen oder Strukturveränderungen sind für eine erfolgreiche Integration am Arbeitsmarkt nötig?

Wichtige Themen der Arbeitsmarktintegration sind u. a. die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und ein Angebot an erforderlichen Qualifizierungen. Um eine erfolgreiche Integration zu erreichen, sind wir eng vernetzt mit den regionalen Akteuren der Migrations- und Integrationsarbeit wie Arbeitsagenturen und Jobcenter, Unternehmen, Migrationsfachdiensten, Sprachkursträgern, Bildungsanbietern etc. Neben den gemeingültigen sprachlichen und fachlichen Qualifizierungsmaßnahmen (Sprachkurse, Fachausbildung) sollten ergänzende Angebote vorgehalten werden, welche auf individuelle Defizite und darüber hinaus gehenden Fragestellungen eingehen. Um Abbrecherquoten zu verringern und die Motivation zu erhalten, sollten ausbildungsbegleitende Hilfen und sozialpädagogische Begleitung fester Bestandteil der Betreuung sein.

 Wenn es nun um Fachkräfteeinwanderung geht, bedeutet dies ja, dass ausgebildete Fachkräfte kommen. Mit welchen Anpassungen und Ausbildungsständen müssen Kliniken rechnen und welche Fördermaßnahmen sind hier nötig?

Bei Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften aus Drittstaaten ist in einer Vielzahl von Fällen damit zu rechnen, dass die Gleichwertigkeit der Ausbildung noch durch das Ablegen einer Kenntnisprüfung bzw. durch Anpassungsqualifizierung nachgewiesen werden muss. Entsprechende Vorbereitungsangebote sowie Sprachkursangebote sind nötig. Darüber hinaus müssen Kliniken damit rechnen, dass die Integration kein Selbstläufer ist, sondern ein Integrationsmanagement erfordert. Hierzu sind Mentoring- bzw. Kümmererstrukturen in den Kliniken erforderlich, die den fachlichen und persönlichen Belangen der ausländischen Fachkräfte gerecht werden.

Es existiert eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben, an denen sich die bundesdeutschen Landesbehörden orientieren. Werden der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller eine Teilanerkennung bescheinigt, besteht die Möglichkeit, an einer Ausgleichsmaßnahme teilzunehmen. Die Ausgleichsmaßnahmen umfassen entweder die Möglichkeit der Teilnahme an einer Anpassungsqualifizierung (max. drei Jahre), einer Eignungsprüfung oder dem Ablegen der Kenntnisprüfung. Die betreffende ausländische Pflegekraft wählt für sich die entsprechende Qualifizierungsmaßnahme frei aus (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Bundesministerium für Bildung und Forschung; IQ Netzwerk Integration durch Qualifizierung). Das Bescheinigen der Anerkennung auf Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses durch die Landesbehörde setzt jedoch den Nachweis des Deutsch-Sprachzertifikates auf dem Sprachniveau B2 voraus.

 Ist es unter Umständen leichter, schon in Deutschland lebende Ausländer für das Gesundheitswesen anzuwerben und auszubilden?

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, mit welcher Motivation sich Zugewanderte in Deutschland aufhalten. Ein Anteil geflüchteter Personen hat die Absicht, in ihr Heimatland zurückzukehren. Daher ist es u. a. vor dem Hintergrund einer möglichst geringen Abbrecherquote wichtig, die Personen zu identifizieren, welche eine Bleibeperspektive mitbringen. Unabhängig hiervon ist der Aufwand zur Identifizierung von Zugewanderten, die sich bereits in Deutschland aufhalten, im Vergleich zur Anwerbung im Ausland zunächst einmal geringer. Abhängig vom Ausbildungsstatus sind unterschiedliche Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich – von der Vermittlung sprachlicher, fachlicher und kultureller Aspekte bis hin zur Fachausbildung und Anerkennung bereits vorhandener Abschlüsse.

Zugewanderte Pflegekräfte, die bereits in Deutschland leben und eine Ausbildung in der Pflege absolvieren möchten, haben möglicherweise den Vorteil, dass sie die deutsche Sprache schon besser verstehen und sprechen. Darüber hinaus haben sie sich vielleicht schon über die unterschiedlichen ambulanten und stationären Gesundheitsversorgungssysteme sowie die verschiedenen Ausbildungsberufe in der Pflege informiert. Generell ist es ratsam, im Vorfeld zur Entscheidung für einen Pflegeberuf ein Praktikum zu absolvieren und ein Kompetenzfeststellungsverfahren zu durchlaufen, um die persönliche Eignung für die Ausbildung in einem Beruf zu definieren.

Eine gezielte Rekrutierung im Ausland hat den Vorteil, dass eine auf dieser Grundlage erfolgte Zuwanderung mit der fachlich-beruflichen Absicht verbunden ist. Die zugewanderten Personen kommen daher mit der Motivation einer beruflichen Ausbildung bzw. Ausübung in Deutschland, wodurch die Abbrecherquote von Beginn an geringer einzustufen ist. Die Rekrutierung ausländischer Interessentinnen bzw. Interessenten ist an bestimmte Faktoren gebunden, wie etwa die Beantragung eines Visums, den Erwerb der deutschen Sprache, die Reisekosten, den Aufenthaltsstatus, die Wohnungssuche u. a.. Das bedeutet, dass das Verfahren an sich bereits vor Ankunft im Ausland wesentlich aufwendiger zu bewerkstelligen ist. Derzeit besteht beispielsweise bei jungen Menschen aus China ein großes Interesse an einer deutschen Pflegeausbildung.

Was können die Kliniken selbst dazu beitragen, Mitarbeiter nicht nur aufwendig anzuwerben, sondern auch langfristig zu halten?

Ein strategischer Ansatz der interkulturellen Öffnung von Kliniken trägt zur Bindung von Fachkräften mit ausländischem Hintergrund bei, da der Arbeitgeber hierdurch die Rahmenbedingungen zur Integration von Migrantinnen und Migranten innerhalb seiner Einrichtung schafft. Durch die Sensibilisierung von Beschäftigten wird es möglich, nicht nur die Erwartungshaltung des Arbeitgebers zu erfüllen, sondern ebenfalls auf die Bedürfnisse, Gewohnheiten und die kulturellen Aspekte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund einzugehen. In diesem Prozess ist eine zielgruppenorientierte Ausrichtung der Angebote maßgeblich, welche die Organisationsentwicklung, das Personalmanagement – Stichwort Diversity-Management –, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Außendarstellung der Klinik umfasst.

Im Einzelnen ist die gezielte praktische und theoretische Vermittlung interkultureller Kompetenz aller Mitarbeitenden einer Klinik in Form von innerbetrieblichen Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, Projektarbeit oder Veranstaltungen anzustreben. Des Weiteren ist durch fachliche kulturelle Begleitung die Zusammenarbeit in den Teams zu stärken. Dazu sind regelmäßige Gesprächs- bzw. Supervisionsangebote für interkulturelle Teams sinnvoll, um Schwierigkeiten und Probleme zeitnah zu thematisieren. Im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit stellt die Vernetzung mit Migrantenorganisationen eine Variante dar, durch die die kulturelle Anbindung im Kontext der sozialen Milieus gewährleistet wird.