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Thema des Monats

Healing Architecture: Im Gespräch

Healing Architecture: Im Gespräch

mit Prof. Dr. Ernst Eypasch, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie, Heilig Geist-Krankenhaus Köln Longerich, Mitglied im Fachbereich „Garten und Medizin“ der DGG

Welche Ziele verfolgt der Beirat?

Nach einem Kongress des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gemeinsam mit der Deutschen Gartenbaugesellschaft im Jahr 2017 beschloss Letztere im darauffolgenden Jahr den Fachbeirat Medizin und Garten zu gründen. In dem Beirat sind neben Verwaltungsleitern von Krankenhäusern, auch Pressevertreter, Mitglieder der Deutschen Gartenbaugesellschaft und mehrere Ärzte aus Akut- und Spezialkliniken vertreten.

Der Fachbeirat verfolgt das Ziel, die Begriffe „Garten“ und „Medizin“ zu verbinden und die grünen Aspekte der Krankenhausarchitektur in den Vordergrund zu stellen. Bei der Gestaltung der Gebäude sollte die grundlegend positive Wirkung von Grünanlagen auf Körper und Geist der Patienten berücksichtigt werden.

Wie funktioniert der Dialog zwischen grüner und weißer Branche?

Der Dialog zwischen grüner und weißer Branche erweist sich als sehr ergiebig. Im Rahmen von zwei Arbeitstreffen in Berlin wurde ja zunächst der Fachbeirat offiziell gegründet. Bei einem weiteren Treffen in Bad Bertrich wurde dann ein vorläufiges Arbeitsprogramm aufgesetzt. Der Beirat muss sich nun darüber auseinandersetzen, wie dieses Programm konkretisiert und welche Maßnahmen in welcher Form durchgeführt werden können.

Gibt es bei Medizinern ein Bewusstsein für den Zusammenhang von Grün und Gesundheit?

Im Prinzip ist jedem Menschen, besonders einem Patienten, intuitiv klar, dass gesund werden oder bleiben in einem engen Zusammenhang mit einer intakten und natürlichen Umwelt stehen. Durch die weit verbreitete Ökonomisierung der Medizin tritt das Bewusstsein für diesen Zusammenhang leider häufig in den Hintergrund oder ist nur noch in Ansätzen vorhanden.

 Der Fachbeirat empfiehlt, diesen Zusammenhang auch in Medizinischen Leitlinien unterschiedlicher Fachdisziplinen aufzunehmen. Wie könnte das aussehen?

Wenn ich einen entlassungsreifen, genesenen Patienten frage, was er zu Hause vorhat, höre ich sehr oft die Antwort: „Dann gehe ich in meinen Garten!“ Es wird damit ganz deutlich, wie wichtig der Kontakt zur Natur in Form eines Gartens ist.

Doch die Aufnahme von Tatsachen oder Handlungsempfehlungen in wissenschaftliche Leitlinien Medizinischer Fachgesellschaften erfordert natürlich auch Evidenz, also einen klaren Beweis, dass konkrete Maßnahmen einen messbaren Erfolg haben können. Diesen Beweis für den Zusammenhang zwischen Garten und Genesung zu erbringen, dürfte aber in belastbaren wissenschaftlichen Studien sehr schwer sein. Dennoch sollte die Forderung aufrechterhalten werden, dass in Leitlinien für die korrekte Behandlung von Krankheiten auch die Forderung nach einer menschenwürdigen, naturnahen, also grünen Architektur von Medizinbetrieben aufgenommen wird.

 Tragen Gärten auch in Krankenhäusern zur Genesung bei?

Selbstverständlich haben Gärten, sofern sie denn vorhanden sind, einen positiven Einfluss auf die Genesung. Je länger der Krankenhausaufenthalt eines Patienten, desto nötiger wird aus unserer Sicht ein Garten, in dem er sich aufhalten kann.

Von besonderer Bedeutung sind Gärten auch für spezielle Gruppen von Patienten, beispielweise mit Demenzerkrankungen. Die beruhigende Wirkung der Natur lässt sich bei diesen Menschen teilweise gut beobachten. Grundsätzlich benötigen Rehabilitationskliniken, psychiatrische Kliniken oder Spezialkliniken einen Garten sicher noch dringender als Akutkliniken mit ihrem oft nur wenige Tage dauernden Krankenhausaufenthalt.

 Gartenkultur hat auch in Krankenhäusern eine lange Tradition. In Zusammenhang mit modernen Krankenhäusern ist vor allem aber von Digitalisierung und Technik die Rede. Wird zu wenig in Krankenhausgärten investiert?

Geld ist knapp: Krankenhäuser sollten dennoch darauf Wert legen, ihren Patienten eine ansprechende, naturnahe Umgebung zu bieten. Selbst in Großstadtkrankenhäusern auf engstem Raum und mit Hochhausstrukturen sollte diese Forderung nicht unberücksichtigt bleiben. Für einen durch Krankheit belasteten Patienten kann ein schöner, zum Nachdenken einladender Krankenhausgarten genauso wichtig sein wie ein einfühlsames Wort eines Krankenhausmitarbeiters oder ein rechtzeitig und effektiv gegebenes Schmerzmittel.

 Sie haben an Ihrem Haus eine Patientenbefragung durchgeführt, um zu erfahren, was für die Patienten einen angenehmen Aufenthalt im Krankenhaus ausmacht und befördert. Zu welchem Ergebnis kam diese Umfrage?

Aktuell befindet sich die Umfrage in unserem Krankenhaus noch in der Probephase. Ein Fragebogen wurde mit mehreren Kollegen aus dem Fachbeirat abgestimmt und wird von unterschiedlichen Probanden ausgefüllt und zu einem späteren Zeitpunkt ausgewertet. Wir werden berichten, wenn der Testlauf beendet ist und die Befragung der Patienten begonnen hat.

das Krankenhaus Heft 5-2019, Copyright W. Kohlhammer GmbH Stuttgart