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Politik

Der neue Krankenhausplan für NRW

Der Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann stellt den Entwurf für eine neue  Krankenhausplanung vor

Die Kliniken in Nordrhein-Westfalen stehen vor großen Veränderungen. NRWs Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat am 20. August 2021 gemeinsam mit der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), den nordrhein-westfälischen Ärztekammern und Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen den Entwurf des neuen Krankenhausplans für das bevölkerungsreichste Bundesland vorgestellt.

Am gleichen Tag befasste sich auch der des Landesausschuss für Krankenhausplanung mit dem Entwurf. Der Ausschuss hat seit Ende 2019 in rund 50 Arbeitsgruppensitzungen die Grundzüge für einen neuen Krankenhausplan erarbeitet. Ausgangspunkt waren die Ergebnisse des von Gesundheitsminister Laumann 2019 vorgestellten Gutachtens zur Analyse der Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen.

Als erstes Bundesland will Nordrhein-Westfalen die Krankenhausstruktur künftig nicht mehr über die Anzahl der Betten, sondern differenziert über Leistungsbereiche und Leistungsgruppen planen. Diese sollen sich an den Fachgebieten der ärztlichen Weiterbildungsordnung orientieren. Das Konzept könnte eine Blaupause sein für eine Reform der Krankenhausplanung in den anderen Bundesländern.

Ziel der neuen Krankenhausplanung sei, so Laumann, durch besonders leistungsfähige Strukturen eine innovative, qualitätsorientierte, bedarfsgerechte und flächendeckende stationäre Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen sicherzustellen – von den Metropolregionen bis zum ländlichen Raum. „Ich will mit der neuen Krankenhausplanung die bestmögliche Qualität in der stationären Versorgung erreichen”, erklärt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

Krankenhäuser müssten für alle gut erreichbar sein. Zum anderen brauche es aber auch Spezialisierungen. „Die neue Krankenhausplanung solle dafür sorgen, dass ein Krankenhaus über ausreichend Erfahrung verfügt und eine hohe Versorgungsqualität gewährleistet, wenn es eine bestimmte Leistung anbietet. „Es geht um eine sorgsame Neugestaltung mit Maß und Mitte”, so Laumann weiter.

„Planung mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterfüttern“

 „Der jetzt vorliegende Entwurf des Krankenhausplans beweist aus unserer Sicht, dass die Fragen einer zukünftigen Versorgungsstruktur am tragfähigsten in den Bundesländern und in den Regionen beantwortet werden können“, betont KGNW-Präsident Jochen Brink. Jetzt gehe es darum, die neue Planungssystematik mit Augenmaß und realistischem Blick für die regionalen Strukturen umzusetzen. „Die heute verlässliche, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung abzusichern, muss das Ziel bleiben“, sagt Brink. Damit mögliche Auswirkungen vor Ort auf Akzeptanz treffen, müssten alle Entscheidungsprozesse transparent gemacht werden.

Der KGNW-Präsident betont: „Die neue Krankenhausplanung kann und wird nur funktionieren, wenn sie auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterfüttert ist.“ Jede Veränderung an den bestehenden Versorgungsstrukturen löse unweigerlich erhebliche Kosten aus. „Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen erwartet darum von der Landesregierung eine klare Zusage, dass für die notwendigen Veränderungen am Versorgungsangebot der Krankenhäuser zusätzliche finanzielle Mittel verfügbar sein werden“, betont Jochen Brink.

 „Gut aufgestellte Krankenhäuser sind ein zentraler und unverzichtbarer Baustein der Daseinsfürsorge und damit für unser Gemeinwesen“, so Dr. Hans-Albert Gehle. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe begrüßt, dass die künftige Krankenhausplanung detaillierter sein soll als bisher. „Die Medizin hat sich weiterentwickelt und spezialisiert. Die Ärztekammern haben dieser Entwicklung mit neuen Qualifikationen in der Weiterbildung Rechnung getragen. Auch der künftige Krankenhausplan geht mit breit aufgestellten Leistungsbereichen einerseits und spezialisierten Leistungsgruppen andererseits genau in diese Richtung und gibt einen sinnvollen Rahmen vor, innerhalb dessen dann die regionalen Planungskonzepte erarbeitet werden.“

Besonders wichtig sei dabei, dass eine regionale Krankenhausplanung die Zusammenarbeit der Krankenhäuser fördert: „Kooperation statt Konkurrenz: Der neue Krankenhausplan bietet eine Grundlage dafür, wohnortnahe Grundversorgung auf der einen Seite und sinnvolle Spezialisierung auf der anderen Seite gerade auf regionaler Ebene wieder in Einklang zu bringen. Diese Krankenhausplanung darf dann nicht durch falsche Finanzierungsanreize der Bundesebene und sachfremde Vorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses konterkariert werden. Denn bedarfsnotwendige Krankenhäuser müssen auch eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage haben.“

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, begrüßt die grundsätzliche Ausrichtung der neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen, insbesondere die im Entwurf vorgesehene Ausrichtung der Krankenhausplanung an der ärztlichen Weiterbildungsordnung: „Deshalb plädieren wir dafür, Weiterbildungsverbünde zwischen Standorten der Spezialversorgung und solchen der Regelversorgung verbindlich vorzugeben.“

„Mit der neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen wird die Behandlungsqualität gestärkt und der Ressourceneinsatz optimiert. Patientinnen und Patienten müssen darauf vertrauen können, dass Behandlungen nur dort erfolgen, wo die bestmöglichen Voraussetzungen dafür gegeben sind“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest.

„Nicht jedes Krankenhaus macht alles gleich gut. Experten wissen das und können entsprechend reagieren. Medizinische Laien sind hingegen auf eine verlässliche Unterstützung angewiesen. Für sie ist es erforderlich, dass

Qualität müsse künftig Maßstab der Krankenhausplanung werden, so Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Dadurch ändern sich Versorgungsschwerpunkte und Rollen vieler Kliniken. „Eine flächendeckende Versorgung bleibt dabei ein unverrückbarer Eckpfeiler, gerade auf dem Lande.“

 „Um die weiterhin knappen Personalressourcen stärker in der Pflege einzusetzen, ist es erforderlich, die Versorgungangebote da, wo es möglich ist, an den Krankenhäusern zu bündeln. Die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen muss deshalb klare Weichenstellungen vornehmen“, so Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung Nordrhein-Westfalen.

Leistungsbereiche und Leistungsgruppen

Mit dem neuen Krankenhausplan soll eine differenzierte Planungssystematik eingeführt werden, die effektive Steuerung, Transparenz und Qualität verbindet. Es werden künftig sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ausgewiesen, die die medizinischen Fachgebiete und Unterdisziplinen abbilden. Das neue Planungssystem führt einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben je Versorgungsangebot für alle Krankenhäuser ein. Die Krankenhausplanung wird nicht mehr wie bislang vorrangig die „starre Plangröße Bett” zu Grunde legen, sondern von den tatsächlichen Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen ausgehen.

Jedem Leistungsbereich werden eine oder mehrere allgemeine oder spezifische Leistungsgruppen zugeordnet. So teilt sich beispielsweise der Leistungsbereich „Neurologie“ in drei Leistungsgruppen auf: „Allgemeine Neurologie“, „Stroke Unit“ und „Neuro-Frühreha“.

Über Leistungsgruppen werden die medizinischen Fachgebiete noch feiner dargestellt. Teilweise orientieren sie sich ebenfalls an der Weiterbildungsordnung (WBO), aber auch anhand von spezifischen Prozessen im Krankenhaus sowie über die OPS-Codes. Die drei Leistungsgruppen des Leistungsbereichs „Neurologie“ sind unterschiedlich definiert. Die Leistungsgruppe „Allgemeine Neurologie“ wird nach der WBO definiert. Die beiden spezifischen Leistungsgruppen „Stroke Unit“ und „Neuro-Frühreha“ richten sich hingegen nach dem entsprechenden OPS-Code.

Steuerungsrelevante Bereiche sind Leistungsbereiche, die im alten Krankenhausplan kaum Steuerungsmöglichkeiten unterliegen, bei denen aber im Gutachten in Teilen eine Über- oder Unterversorgung festgestellt wurde. Dabei wird teilweise von vergleichsweise vielen Krankenhäusern eine bestimmte Leistung erbracht, ohne dass bislang im Rahmen der Krankenhausplanung die notwendigen Qualitätsmerkmale überprüft wurden. Im neuen Krankenhausplan wird auf diese Fehlanreize mit konkreten und feingliedrigeren Qualitätsvorgaben reagiert – etwa durch die Festlegung von spezifischen Leistungsgruppen über die OPS-Codes. Zu diesen Leistungsbereichen zählen beispielsweise die Kardiologie, die Orthopädie und die Unfallchirurgie mit der Leistungsgruppen zu künstlichen Hüft- und Kniegelenken sowie Wirbelsäulenoperationen.

In den neuen Krankenhausplan fließen zudem auch die Erfahrungen der Corona-Pandemie ein: Die flächendeckende Grundversorgung wird gestärkt. In Nordrhein-Westfalen soll für über 90 Prozent der Bevölkerung ein Krankenhaus innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein. Der Plan schreibt auch die flächendeckende Vorhaltung der Intensivmedizin fest. Künftig werden außerdem auch Abteilungen für Lungenheilkunde, die in der Pandemie eine besondere Rolle gespielt haben, wieder im Krankenhausplan ausgewiesen.

Die finale Beratung des neuen Krankenhausplans im Landesausschuss für Krankenhausplanung soll in den nächsten Wochen erfolgen. Im Anschluss wird der Entwurf des neuen Plans im Herbst im Landtag dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorgelegt. Anschließend kann der neue Krankenhausplan in Kraft treten. Anfang nächsten Jahres sollen die nötigen regionalen Planungsverfahren angestoßen werden.

Ab dem kommenden Jahr müssen Krankenhäuser und Krankenkassen in den Regionen auf Basis der neuen Vorgaben Planungskonzepte aushandeln. In den Feststellungsbescheiden wird am Ende festgeschrieben, welche Leistungen die Häuser sie erbringen dürfen und an welchen Qualitätsindikatoren sie sich orientieren müssen. Für die eine oder andere Klinik könne es ernst werden, wenn sie die Mindestvoraussetzungen für bestimmte Leistungsbereiche nicht erfüllen. Vernetzung und Kooperation der Häuser einer Region, auch über verschiedene Träger hinweg, sei das Gebot der Stunde, so Jochen Brink. Der KGNW-Präsident appellierte an die Krankenhäuser, den Kontakt mit anderen Häusern zu suchen und auszuloten, welche Notwendigkeiten und Möglichkeiten es gibt.

Katrin Rüter

KGNW: „Wir erwarten sichere Zusagen“

KGNW-Präsident Jochen Brink: Der neue Krankenhausplan für NRW funktioniert nur mit ausreichenden finanziellen Mitteln

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) unterstützt die von der Landesregierung vorgestellten Grundzüge einer neuen Krankenhausplanung. „Der bis jetzt festgelegte Rahmen der Krankenhausplanung fußt auf vielen Kompromissen, die insbesondere von den Krankenhäusern ein großes Entgegenkommen erfordern“, betont KGNW-Präsident Jochen Brink. Dies sei durch eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten und die Überwindung anfänglicher Hürden möglich geworden. „Der jetzt vorliegende Entwurf des Krankenhausplans beweist aus unserer Sicht, dass die Fragen einer zukünftigen Versorgungsstruktur am tragfähigsten in den Bundesländern und in den Regionen beantwortet werden können.“

Für die KGNW stehe allerdings fest: „Die neue Krankenhausplanung kann und wird nur funktionieren, wenn sie auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterfüttert ist.“ Brink verwies darauf, dass jede Veränderung an den bestehenden Versorgungsstrukturen unweigerlich erhebliche Kosten für die betroffenen Häuser auslöse. Im konkreten Einzelfall könne die neue Planungssystematik auch dazu führen, dass einzelne Abteilungen oder einzelne Standorte geschlossen werden. Der KGNW-Präsident betonte: „Das wird viel Geld kosten.“ Die Schließung eines Krankenhauses könne das Anderthalbfache des Jahresumsatzes kosten. „Für die Akzeptanz des Plans bei den Krankenhausträgern und ebenso in der Öffentlichkeit ist es unerlässlich, dass die Landesregierung die dafür erforderlichen Mittel bereitstellt.“

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen erwarte darum von der Landesregierung eine klare Zusage, dass für die notwendigen Veränderungen am Versorgungsangebot der Krankenhäuser zusätzliche finanzielle Mittel verfügbar sein werden. Dabei müsse gewährleistet sein, dass dies nicht zu Lasten der ohnehin zu knappen Investitionsmittel gehe. Jochen Brink unterstrich: „Die KGNW hält es deshalb für notwendig, dass über eine Verpflichtungsermächtigung im Landeshaushalt 2022 für die kommende Legislaturperiode ein zusätzliches Volumen von jährlich 200 Mio € für den Einstieg in die Umsetzung des Krankenhausplans reserviert wird.“ Zusätzlich müssten sich die Kassen an den Kosten der Umsetzung beteiligen. Die Höhe der tatsächlich benötigten Finanzmittel bleibe dabei abhängig von den konkreten Maßnahmen.

Umsetzung mit Augenmaß: Neue Systematik als lernendes System

Wenn die nordrhein-westfälische Krankenhausplanung in der regionalen Ausprägung feststeht, kann sie nach Überzeugung der KGNW ein wirksames Instrument zur Steuerung sein. Brink hob hervor: „Die Krankenhäuser erwarten von der Landesregierung, dass sie den Plan mit Augenmaß und realistischem Blick für die regionalen Strukturen umsetzt. Die heute verlässliche, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung abzusichern, muss das Ziel bleiben.“ Dafür unterstütze die KGNW die Absicht von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, sowohl die Krankenhäuser in den ländlichen Regionen als auch die schon jetzt von vielen Kliniken gelebten Kooperationen besonders zu schützen.

Solange die Auswirkungen des neuen Planungsansatzes auf den konkreten Versorgungsauftrag jedes einzelnen Krankenhauses nicht absehbar sind, bleiben auch mögliche wirtschaftliche Risiken offen. KGNW-Präsident Jochen Brink hob hervor, der neue Krankenhausplan sei deshalb ein lernendes System. Wenn einzelne Regelungen für Krankenhäuser nicht praktikabel seien, müssten kurzfristig Korrekturen vorgenommen werden.

Das Land stößt mit der neuen Krankenhausplanung einen Reformprozess an. In einzelnen Regionen kann dies zu umstrittenen Maßnahmen führen. „Entscheidend für deren Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern, ebenso bei den Krankenhäusern und ihren Mitarbeitenden wird es deshalb sein, dass die Entscheidungsprozesse transparent gemacht werden“, unterstrich Jochen Brink. Das schließe die Zusage des Landes, der Krankenkasse und der Ärztekammern ein, dass sie an der Seite der Krankenhausträger stehen.

KGNW-Präsident Jochen Brink. Foto: KGNW