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Politik

MDK-Reformgesetz

MDK-Reformgesetz

Referentenentwurf für die Neuorganisation der Medizinischen Dienste

Der Medizinische Dienst soll von den Kassen abgekoppelt werden, Abrechnungsprüfungen der Krankenhäuser seltener, aber systematischer als bisher vorgenommen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will mit dem Entwurf des „Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz)“, den er Anfang Mai vorgelegt hat, die Organisation der Medizinischen Dienste von Grund auf umstrukturieren. Gleichzeitig soll die sektorenübergreifende Versorgung vorangebracht, im Sinne des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ sollen bestehende ambulante Behandlungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern besser genutzt und ausgebaut werden. Einem der häufigsten Prüfanlässe, Operationen an der Grenze zwischen ambulant und stationär, soll damit entgegengewirkt werden.

Änderungen der Organisation des MDK

Dem Entwurf des BMG zufolge werden die Medizinischen Dienste künftig abgekoppelt von den Krankenkassen arbeiten. Unter Beibehaltung der föderalen Struktur werden sie einheitlich als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) geführt. Die umlagebasierte Finanzierung der MD mit für alle Krankenkassen einheitlichen mitgliederbezogenen Beträgen wird unterdessen beibehalten.

Auch der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) wird von diesem organisatorisch gelöst und als KdöR unter der Bezeichnung „Medizinischer Dienst Bund“ (MD Bund) geführt. Alle MD sollen nach den Plänen des BMG in spätestens eineinhalb Jahren Mitglieder dieses neuen Medizinischen Dienstes Bund (MD Bund) sein. Dieser wird dann nicht mehr durch den GKV-Spitzenverband, sondern durch die ihn bildenden MD finanziert. Der MD Bund soll künftig die Richtlinien für die Aufgabenwahrnehmung der MD unter Mitwirkung der MD beschließen.

Auch die Besetzung der Verwaltungsräte der MD soll sich ändern. Hier sollen künftig auch Patientenvertreter und Vertreter der Ärzteschaft und der Pflegeberufe repräsentiert sein. Hauptamtlich bei Krankenkassen und deren Verbänden Beschäftigte können nicht mehr in den Verwaltungsrat gewählt werden. Der Umstellungsprozess soll nach maximal einem Jahr abgeschlossen sein.

Krankenhausabrechnungsprüfung

Neben der Organisationsreform des MDK sieht der Gesetzentwurf Änderungen zur Krankenhausabrechnungsprüfung der Krankenkassen vor. Diese im Auftrag der Krankenkassen vom MDK durchgeführten Prüfungen sind regelmäßig Anlass für eine Vielzahl von Streitigkeiten, insbesondere über die erforderliche Behandlungsdauer, eine zutreffende Kodierung und Abrechnung sowie einem auch laut BMG festzustellenden kontinuierlichen Anstieg der Prüfquoten. So sind Maßnahmen zur systematischen Reduzierung von immer wieder auftretenden strittigen Kodier- und Abrechnungsfragen vorgesehen.

Der Entwurf sieht u. a. eine Neufassung des Paragrafen 115b SGB V vor. Die Partner der Selbstverwaltung, Krankenhäuser, Kassen und Vertragsärzte, sollen bis zum 30. Juni 2021 auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens einen Katalog von „ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen“ sowie „einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte“ vereinbaren.

Die möglichst exakten Vorgaben sollen, so die Hoffnung des Ministers, Streitfälle um Krankenhausabrechnungen aufgrund von MDK-Prüfungen deutlich reduzieren. Das Gutachten müssen die Selbstverwaltungspartner „kurzfristig“ auf den Weg bringen. Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses wird künftig den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen. Ab 2020 wird hierzu eine zulässige Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der MD-Prüfungen begrenzt. Ab 2021 ist die Höhe der Prüfquote pro Quartal dann vom Anteil der korrekten Abrechnungen abhängig. Korrekte Abrechnungen werden mit weniger Prüfungen belohnt. Krankenhäuser mit schlechter Abrechnungsqualität müssen zudem einen Malus bei der Abrechnung in Kauf nehmen.

Statt der Prüfung in einer Vielzahl von Einzelfällen wird die Erfüllung von strukturellen Voraussetzungen der Leistungserbringung in einer Strukturprüfung gebündelt. Neuen unnötigen Prüffeldern im Zusammenhang mit der neuen Pflegepersonalkostenvergütung will der Gesetzesentwurf entgegenwirken. Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist grundsätzlich nicht mehr zulässig.

Mit der Einführung einer bundesweiten Statistik soll Transparenz über das Abrechnungs- und Prüfgeschehen hergestellt werden. Last but not least: Der Gesetzentwurf sieht vor, öffentliche Sitzungen des Gemeinsamen Bundesausschusses künftig live im Internet zu übertragen und in einer Mediathek zum Abruf zur Verfügung zu stellen.

Kosten der Reform

Die Kosten der Reform beziffert das BMG auf einmalig rund 1,65 Mio. € (405 000 € auf Bundesebene sowie 1,2 Mio. € auf Landes- und 30 000 € auf Ortsebene). Den laufenden Erfüllungsaufwand veranschlagt das Ministerium mit jährlich 1,75 Mio. € (140 000 € auf Bundesebene sowie 860 000 € auf Landes- und 750 000 € auf Ortsebene).

Stimmen zum Referentenentwurf für ein MDK-Reformgesetz

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum

„Dieses Gesetzgebungsvorhaben hat das Potenzial für eine fairere Prüfung der Krankenhausabrechnungen. Die vorgesehene Abkopplung des Medizinischen Dienstes von den Krankenkassen und dessen Überführung in unabhängige Prüforganisationen ist ein wesentlicher Baustein dieser konzeptionellen Neuausrichtung. Damit bietet sich die Chance, dass das Medizinische in den Mittelpunkt des Prüfgeschehens gestellt wird. Für die Krankenhäuser ebenso wichtig ist die vorgesehene Abschaffung der Aufrechnung von strittig gestellten Leistungen mit unstrittig erbrachten Leistungen.

Ausdrücklich zu begrüßen ist die vorgesehene Begrenzung der maximal zulässigen Prüfungen mittels Obergrenzen für Prüfquoten. Dies ist eine längst überfällige Intervention des Gesetzgebers gegen den Missbrauch der Einzelfallprüfungen durch einzelne Kassen. Hier ist allerdings die Ausgestaltung im Einzelnen noch zu diskutieren. Nicht akzeptabel sind hingegen die vorgesehenen Aufschläge für den Fall, dass Rechnungskorrekturen das Ergebnis von Prüfungen sind. „Strafaufschläge“ sind, in den auch in Zukunft sehr kompliziert und von medizinischen Einschätzungen abhängig bleibenden Rechnungsprüfungen, kein gerechtfertigtes Mittel. Sie können nur in Anwendung gebracht werden, wenn es sich tatsächlich um willentliche Falschabrechnungen handelt.

Wichtig für die Krankenhäuser ist auch die Klarstellung, dass die über die neuen Pflegebudgets abzurechnenden Pflegetage nicht Gegenstand von Kürzungen durch Abrechnungsprüfungen sein dürfen.

Die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Abschaffung der Prüfung von detaillierten Strukturvorgaben aus sogenannten Komplexcodes und deren Überführung in Strukturprüfungen ist ein positiver Ansatz, die Einzelfallprüfungen von formalistischen Kriterien zu entlasten. Allerdings darf die ersatzweise vorgesehene Strukturprüfung nicht dazu führen, dass Krankenhäuser massenweise ihre Berechtigung zur Erbringung medizinischer Leistungen aufgrund überzogener Strukturvorgaben verlieren.´Hier sind Augenmaß und Übergangszeiträume erforderlich.“

Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD)

„Der MDK ist in den letzten Jahren immer mehr zu einer Gelddruckmaschine für eine ganze Reihe von Krankenkassen geworden – und zu einer Gefahr für die Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern. Die eigentlich richtige Zielsetzung der Rechnungsprüfung wurde zweckentfremdet und zur Zwangsrabattierung missbraucht. Der nun vorgelegte Referentenentwurf zeigt, dass die Politik dem unfairen Treiben der Krankenkassen und der Instrumentalisierung des MDK ein Ende setzen will, das absehbar zu einer Beschädigung flächendeckender Versorgungsstrukturen führen würde.

Was im Referentenentwurf fehlt, ist eine Klarstellung der Unterscheidung zwischen Falschabrechnung und strittiger Versorgungsform. Die Behauptung, 50 % der Abrechnungen seien falsch, stimmt nicht. Eine Analyse der Daten des MDK Nordrhein durch Kaysers Consilium hat ergeben, dass über 96 % der Abrechnungen korrekt sind. Was als Falschabrechnung behauptet wird, sind korrekte Abrechnungen von Leistungen, die der MKD als falsche Versorgungsform einstuft. Der zunehmende Mangel an Pflegekräften in ambulanten Pflegediensten, stationären Pflege- und Reha-Einrichtungen führt dazu, dass eine zeitnahe Anschlussversorgung immer schwieriger zu organisieren ist. Die ersatzweise erbrachten Pflegeleistungen in Krankenhäusern mit Verweildauerverlängerung werden von den Versicherten zwar in Anspruch genommen, die Vergütung dafür von den Krankenkassen aber gestrichen. Im MDK-Reformgesetz braucht es daher eine Regelung, die die Versorgung der Patienten und ihre Finanzierung sicherstellt, soweit objektiv Lücken in der Anschlussversorgung oder auch in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung vor Kontakt mit dem Krankenhaus bestehen.“

Helmut Schüttig, Geschäftsführer, Dr. Matthias Bracht, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft kommunaler Großkrankenhäuser (AKG) Helmut SchüttigAKG-Geschäftsführer:

„Mit dem MDK-Reformgesetz geht der Gesundheitsminister das vielleicht wichtigste strukturelle Problem der deutschen Krankenhausversorgung an. Wir freuen uns über das mutige Reformvorhaben und sehen darin großes Potenzial für eine neue Vertrauensbasis zwischen den Vertragspartnern der stationären Versorgung auf der Ortsebene. Die institutionelle und personelle Unabhängigkeit des neuen Medizinischen Dienstes ist eine wichtige Grundlage für ein Ende des Wettrüstens zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern. Aus der Perspektive der großen kommunalen Versorger ist die Einbindung von Patientenvertretern sowie ärztlicher und pflegerischer Experten in den Verwaltungsräten der regionalen MDs ein wichtiger Schritt, um auch die Versorgungsperspektive vor Ort in das Bewusstsein der Abrechnungsprüfung einzubinden.“

„Die bloße Ausweitung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten im Krankenhaus löst die tatsächlichen Versorgungsprobleme einer zunehmend alleinstehenden und multimorbiden Patientenstruktur nicht“, so der AKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Matthias Bracht. „Leider wird auch in dem neuen Reformvorschlag nicht zwischen Abrechnungsfehlern und Versorgungslücken unterschieden, sondern die Krankenhäuser einseitig für die längst überholten Sektorengrenzen bestraft. Es fehlt schlicht an Betreuungs- und Überwachungsstrukturen in der ambulanten Versorgung“, so Bracht weiter. Dabei könnte eine systematische Auswertung aller Abrechnungsdaten der Krankenhäuser wertvolle Hinweise auf regionale Besonderheiten in der Versorgungslandschaft liefern. Diese Informationen wären dann bei der Ermittlung der Prüfquote mit zu berücksichtigen.

Prof. Hans Martin Hoffmeister, Präsident des Berufsverbands Deutscher Internisten e.V. (BDI)

„Die überfällige Neuordnung stärkt vor allem die ärztliche Unabhängigkeit gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Krankenkassen. Die beim MDK angestellten Fachärztinnen und Fachärzte gehören dem freien Beruf des Arztes an. Damit sind sie in erster Linie dem Patienten verpflichtet. Um dies sicherzustellen, darf der Arbeitgeber keinen Einfluss auf die Entschei

dung der angestellten Ärztinnen und Ärzte ausüben. Das MDK-Reformgesetz stärkt in erster Linie die Unabhängigkeit der im MDK angestellten Ärztinnen und Ärzte, sodass Prüfungen frei von wirtschaftlichen Vorgaben durchgeführt werden können.“

Zu den geplanten Regelungen, nach denen sich die zukünftige Prüfquote nach der Abrechnungsqualität der Kliniken richten soll, sagt Prof. Hoffmeister: „Wir hoffen, dass damit der Verwaltungsaufwand in den Kliniken erheblich reduziert wird. Die gewonnene Zeit muss wieder für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen.“

Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen

„Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, geht aber für uns an manchen Stellen nicht weit genug. Beispielsweise ist der Medizinische Dienst nur dann wirklich formal neutral, wenn auch die Krankenhausseite im Verwaltungsrat vertreten ist.

Strafzahlungen aus den Rechnungsprüfungen lehnen wir ab, so werden nur noch mehr Mittel der Versorgung entzogen. Stattdessen müssten die durch Rechnungsprüfungen eingesparten Mittel wieder in die Versorgung investiert und zum Beispiel im Landesbasisfallwert berücksichtigt werden.

Wir vermissen auch konkrete Qualitätsvorgaben für die MDK-Gutachten wie beispielsweise einen Facharztstandard, also die Begutachtung durch in entsprechenden Fachgebieten qualifizierte Mitarbeiter, sowie formale und inhaltliche Mindeststandards für Gutachten.“