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Politik

Kliniken können Notfallversorgung

Kliniken können Notfallversorgung

Zum Entwurf einer Reform der ambulanten Notfallversorgung         

Der Sicherstellungsauftrag für die Notfallversorgung soll von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) auf die Länder übergehen. So sieht es der Gesetzentwurf zur Notfallversorgung, den Gesundheitsminister Jens Spahn Ende Juli präsentiert hat, vor. „Die Länder übernehmen die zentrale Rolle zur Gestaltung der medizinischen Notfallversorgung in Deutschland“, heißt es dort.

Dreh- und Angelpunkt des Entwurfs sind integrierte Notfallzentren (INZ), die an bestimmten Krankenhäusern eingerichtet werden sollen. Die Festlegung der konkreten Standorte von INZ durch die Länder werden im Rahmen ihrer Krankenhausplanung vorgenommen. Ziel ist grundsätzlich, Portalpraxen und Notfallambulanzen der Krankenhäuser sukzessive in INZ zu überführen.

Der G-BA soll bundesweit einheitliche Vorgaben für die INZ zum Personal und zur Ausstattung machen. Auch ein Verfahren zur qualifizierten Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden in INZ soll das Gremium festlegen sowie Regeln für den digitalen Austausch für alle an der Versorgung Beteiligten entwerfen.

Der Entwurf basiert im Kern auf dem Eckpunktepapier des Ministers von Dezember 2018 und folgt in weiten Teilen einem Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit aus 2018. Vorgesehen sind neben der Einführung von INZ gemeinsame Notfallleitstellen, erreichbar unter 112 oder 116117, sowie ein eigenes Vergütungssystem, das den Rettungsdienst künftig als eigenständigen medizinischen Leistungsbereich des SGB V definiert. Letzteres macht eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich.

Der Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt wesentliche Weichenstellungen des vorgelegten Entwurfs. Wichtig sei, dass der Gesetzgeber die Notfallversorgung zentral am Krankenhaus ansiedelt. Dies entspreche der Realität: Mehr als die Hälfte der ca. 20 Millionen in Deutschland betreuten ambulanten Notfallpatienten sucht Hilfe in Krankenhäusern. Die Zuordnung auf die Krankenhäuser müsse allerdings unter organisatorisch und wirtschaftlich akzeptablen Regelungen erfolgen. „Dies gewährleistet der Entwurf noch nicht“, erklärte DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß.

Im Rahmen der Planung der INZ durch die Länder müsse sichergestellt werden, dass alle Krankenhäuser, die bereits heute als Notfallkrankenhäuser definiert sind, auch ein INZ erhalten. Auch durch Ausnahmen sei eine flächendeckende Zugangsmöglichkeit für Notfallpatienten zu gewährleisten. Für die bestehenden Notfallambulanzen aller Krankenhäuser müsse es Übergangsregelungen geben. Die Überführung in die krankenhauszentrierte Notfallversorgung könne ohnehin nur in kontinuierlichen, von den regionalen Versorgungsgegebenheiten abhängigen, mittelfristigen Zeiträumen erfolgen.

Dass zu gründende INZ in den Kliniken gemeinsam von Krankenhaus und KV betrieben werden sollen, sei jedoch ein Systembruch und sachlich nicht begründet. Die Krankenhäuser könnten die integrierten Notfallzentren alleine betreiben und die bestehenden Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten fortführen, heißt es in der Stellungnahme der DKG: „Wie bei vielen anderen ambulanten Leistungsformaten in den Krankenhäusern haben die KVen als Betreiber im Krankenhaus keinen Platz. Auch andere Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung (so der Bundesmantelvertrag Ärzte) können im INZ keine Anwendung finden. Grundsatz muss sein: Was für Kliniken gilt, kann nicht von Dritten ohne die Krankenhäuser festgelegt werden.“

Die vorgesehene Neuordnung des Vergütungssystems für die ambulanten Notfallleistungen der INZ stößt auf Zustimmung bei den Krankenhäusern: Die Neuordnung müsse gewährleisten, dass die hohe Unterdeckung von mehr als 1 Mrd. €, die die Krankenhäuser in den Notfallambulanzen heute haben, beendet wird. Die vorgesehenen fallzahlunabhängigen Grundpauschalen für die Vorhaltekosten und die nach Schweregrad der Fälle differenzierten Pauschalen müssen die wirtschaftliche Absicherung der INZ gewährleisten: „Die Kalkulationsgrundlage der Pauschalen kann auf keinen Fall die Kostenstruktur von Einzelpraxen sein. Es gibt keinen Grund vorzugeben, dass die Vergütung dreiseitig mit den KVen zu vereinbaren ist.“

Die im Spahn-Entwurf formulierte Absicht, erbrachte Notfallleistungen von Kliniken, die kein INZ haben, mit 50 % der geltenden Vergütungen abzuspeisen, trifft auf Empörung bei den Kliniken: Ein „blutender, im Krankenhaus ankommender Patient“ müsse ambulant erstversorgt werden, auch in Krankenhäusern ohne INZ-Auftrag. Die Krankenhäuser als Nothelfer mit einer definitiv nicht ausreichenden Vergütung abzustrafen, lasse eine befremdliche Einstellung zu den Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern erkennen. Damit würde sogar die im Bewertungsausschuss zulasten der Krankenhäuser beschlossene Skandalgebühr von 4,74 € noch einmal um 50 % unterboten.

Grundsätzlich begrüßt die DKG, dass eine qualifizierte Ersteinschätzung des Hilfsbedarfs bereits durch gemeinsame Notfallleitstellen vorgesehen ist. Die hier zu leistende Triage und die Anreize für die niedergelassenen Praxen durch das TSVG müssen dazu beitragen, dass nur die dringlichen Notfälle in die Krankenhausambulanzen kommen.

Für den 14. August 2019 sind Vertreter der Länder zur Erörterung des Entwurfs ins Bundesgesundheitsministerium geladen.