Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Politik

Gemeinsamkeiten in der Notfallversorgung

Gemeinsamkeiten in der Notfallversorgung

September – die gesundheitspolitische Hauptsaison ist eröffnet. Viele maßgebliche Gesetzentwürfe aus dem Hause Spahn gehen in die parlamentarische Endrunde. So wie es bei den Ländern im Bundesrat aussieht, wird das Faire-Kassen-Wahlgesetz wohl einen anderen Namen brauchen. Die Regionalkassen scheuen die bundesweite Öffnung und die Zentrierung wie der Teufel das Weihwasser. Weniger Kassen jedenfalls wären logischer als die von den Kassen permanent propagierten weniger Krankenhäuser. Bleibt nur zu hoffen, dass das Szenario vom Untergang der selbstverwalteten Krankenversicherung, das die Kassen gegen das Ziel eines unabhängigeren MDK an die Wand malen, nicht auch noch Gehör im Parlament findet. Nahezu zwei Drittel aller Sitze in den MDK-Aufsichts- und Steuerungsgremien auf Bundes- und Landesebene werden letztlich von den Kassen benannt. Leistungserbringer sind überhaupt nicht vertreten. Wenn schon die fairere Kassenwahl ausfallen muss, sollte doch zumindest die fairere Krankenhaus-Rechnungsprüfung durchgesetzt werden.

Das MDK-Reformgesetz bringt eine Reihe positiver Änderungen für die Krankenhäuser. Prüfquoten mit Obergrenzen und ein Ende der Verrechnungen sind hilfreich. Die jüngste kuriose Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Beatmungsentwöhnung zeigt, dass bei hoch komplexen medizinischen Streitfragen für Strafzahlungen, wenn Rechnungsanpassungen erfolgen, kein Platz ist. Die DKG hat Korrekturvorschläge eingebracht. Für sie muss jetzt im parlamentarischen Beratungsverfahren Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Die Reform der ambulanten Notfallversorgung wird 2019 wohl nicht abgeschlossen werden. Ungewiss ist, ob dem BMG-Diskussionsentwurf auf die Schnelle ein Referentenentwurf folgt. Die Beratungsrunde mit den Ländern hat offensichtlich mehr in Frage gestellt als beantwortet werden konnte. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Versuch, die Rettungsdienste in die GKV-Vertrag-Systematik zu überführen, an den verfassungsrechtlichen Realitäten scheitert.

Mit ebenso schwachen Argumenten bringt sich nun die KBV gegen den drohenden Verlust des Sicherstellungsauftrags in Stellung. Die vorgesehene Zuordnung der ambulanten Notfallleistungen auf die Krankenhäuser ist die logische Konsequenz aus dem langjährigen Versagen bei der Ausführung des Sicherstellungsauftrags. Das eigentliche Versagen des KV-Systems in der ambulanten Notfallversorgung liegt aber viel tiefer. Es ist der über Jahre gepflegte stiefmütterliche Einsatz der KBV für eine sachgerechte Vergütung der Notfallleistungen im ambulanten Vergütungssystem (EBM). Wissend, dass der Nothelfer Krankenhaus immer bereit stehen muss, wurde nie für eine gute Dotierung der Notfallleistungen gefochten. Kein Wunder, dass immer mehr niedergelassene Ärzte nicht bereit waren, die Dienste zu Unzeiten durchzuführen.

Die geplante Ansiedlung aller ambulanten Notfallleistungen an den Krankenhäusern erfordert auch weiterhin die Mitwirkung von niedergelassenen Ärzten. Das können die Krankenhäuser auf vertragspartnerschaftlichem Wege direkt mit niedergelassenen Ärzten regeln. Die KVen als Mitbetreiber der Notfallambulanzen werden schlichtweg nicht gebraucht. Man kann den Eindruck haben, dass Minister Spahn mit großer Gelassenheit den Wettbewerb im Leistungserbringerlager um die Durchführungs-Zuständigkeit verfolgt. Eine scheinbar komfortable Position. Sie lenkt davon ab, dass der Schlüssel für eine funktionierende ambulante Notfallversorgung in einer sachgerechten Vergütung liegt. Dann können auch ausreichend Ärzte und Mitarbeiter für die Dienste gefunden werden. Plus 1 Mrd. € wird alleine gebraucht, um das Defizit der Krankenhäuser in der ambulanten Notfallversorgung zu decken. Ehe also weiter über INZ-Zuordnungen auf Krankenhäuser und Betreiberzuständigkeiten gestritten wird, muss die Finanzierungsmisere der ambulanten Notfallmedizin gelöst werden. Hier muss Minister Spahn erst noch liefern. Die Gemeinsamkeiten von Niedergelassenen und Krankenhäusern in der ambulanten Notfallversorgung sind weit größer, als es zuweilen den Eindruck hat.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der DKG