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Editorial

Kurswechsel in der Krankenhauspolitik


Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Zahlreiche Standorte kämpfen noch mit der hohen Belastung der Intensivstationen. Die Steuerung der Regelversorgung und die damit verbundene Konzentration auf die medizinisch dringlichen Behandlungsfälle fordern unsere ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in außergewöhnlicher Weise. Wenn Therapien verschoben werden müssen, sind dies medizinisch und ethisch ausgesprochen schwierige Fragestellungen und Gespräche, die mit den Patienten und ihren Angehörigen geführt werden müssen. Studien haben gezeigt, dass es in den ersten beiden Wellen der Pandemie offensichtlich gelungen ist, die Steuerung patientenorientiert vorzunehmen. Wir sind froh, dass die Personalausfälle zuletzt durch die fortschreitenden Impfungen in den Krankenhäusern deutlich zurückgegangen sind. Dennoch: Der über mehrere Monate anhaltende Ausnahmezustand in unseren Kliniken ist eine unglaubliche Herausforderung. Aus diesem Grund hat sich auch die DKG für eine weitere finanzielle Anerkennung für die Beschäftigten in den Kliniken eingesetzt. Rund 450 Mio. € werden mit dieser Coronaprämie II insbesondere, aber nicht ausschließlich an die Pflegekräfte ausgezahlt. Dieses Geld wird derzeit auf rund 1000 Standorte in Deutschland verteilt. Die finanzielle Anerkennung ist das eine. Wir alle sind aufgefordert, darüber hinaus das große Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Krise zu würdigen. Denn jetzt ist auch die Gelegenheit, jungen Menschen zu zeigen, wie bedeutsam, erfüllend und gesellschaftlich relevant die Arbeit im Krankenhaus ist - bei aller Belastung, die sie mit sich bringt.

Auch wir als Verband wollen uns aktiv daran beteiligen, die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zu verbessern. Die Zeit dafür ist günstig. Selten haben Krankenhäuser so viel Aufmerksamkeit erfahren. Sie werden mit Sicherheit in allen Wahlprogrammen und Koalitionsvereinbarungen ihren Platz finden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat vorgelegt: Wir haben in diesen Tagen unsere Positionen für die nächste Legislaturperiode veröffentlicht. Wir wollen raus aus einem kalten Strukturwandel, in dem wir durch die Politik und die Krankenkassen mit immer neuen bürokratischen Vorschriften und verschärften Rahmenbedingungen belastet werden, die sich bis auf den einzelnen Arbeitsplatz in den Stationen und am Krankenbett negativ auswirken. Wir wollen die Debatte um die richtige Krankenhausstruktur, eine angemessene Finanzierung und patientenorientierte Qualitätssicherung selbst bestimmen. Uns ist bewusst, dass die kommenden Jahre Veränderungen für die Krankenhauslandschaft bringen, die wahrscheinlich auch Standort- und Kapazitätsreduktionen nach sich ziehen. Dieser Veränderungsprozess muss aber insbesondere durch die Länder politisch verantwortet und gesteuert werden. Die Bereitschaft der Krankenhausträger und ihrer Beschäftigten zu planvollen Standortfusionen und berechenbaren Veränderungsprozessen ist viel größer als die Politik vermutet. Die Betonung dabei liegt auf planvoll und berechenbar. Das ist das Gegenteil der bisherigen Politik der kalten Strukturveränderung, und deshalb fordern wir einen Kurswechsel und machen eigene Vorschläge. Parallel zu dieser Veränderungsbereitschaft müssen sich dann aber auch die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Krankenhäuser verbessern. Wir müssen Bürokratie und Misstrauenskontrolle zurückführen und Handlungsspielraum zulassen. Die Finanzierungssysteme müssen weiter entwickelt werden, ohne dass dabei die Grundidee der Fallpauschalen über Bord geworfen wird. Diese Weiterentwicklung muss die stationäre und ambulante Patientenversorgung umfassen und auch regionale Besonderheiten berücksichtigen. Eine zwingende Voraussetzung für jede Finanzierungsreform ist eine ausreichende Investitionsfinanzierung durch die Länder. Qualitätssicherung ist ein zentraler Bestandteil unseres Handelns und soll auch zukünftig im Mittelpunkt stehen.

Die Positionen der DKG sind in einem Zeitraum von über einem Jahr in Arbeitsgruppen entwickelt und im Vorstand abgestimmt worden. Sie zeigen die Handlungsfähigkeit unseres Verbands trotz oder vielleicht gerade wegen der Trägervielfalt, die wir repräsentieren. Unsere Vorschläge für eine neue Krankenhauspolitik empfehle ich Ihnen als spannende Lektüre zum Wochenende.

DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß